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Falsche Komödien: Meine Erstsichtungen vom 11.12.23 bis zum 17.12.23

Trailer sind wichtig - sie zeigen dem Publikum nicht nur, auf was es sich freuen und einstellen darf, wenn ein neuer Film herauskommt, sondern dienen durch trickreiche Szenenaneinanderreihungen auch dazu, die Zuschauer*innen möglichst heiß auf ein Produkt zu machen. Dabei wird dann, wenn ein Film nicht wirklich für den Mainstream produziert wurde oder man sich mit einer anderen Werberichtung mehr Aufmerksamkeit verspricht, auch gerne mal ein Ansatz versucht, der mit dem eigentlichen Kernthema des Films dann gar nicht mal so viel zu tun hat... so wie bei "Abikalypse", dessen Trailer furchtbar aussahen, aber tatsächlich einen ziemlich tiefsinnigen und unterhaltsamen Film umworben haben. Zudem geht es heute auch noch um Kevin James in seiner ersten Horror-Rolle (sogar gänzlich unkomödiantisch) und um einen qualitativen Flop aus deutschen Landen.


Abikalypse: Coming-of-Age-Komödie von Adolfo Kolmerer, mit Lea van Acken, Lucas Reiber, Jerry Hoffmann, Reza Brojerdi, Lisa-Marie Koroll, Mehmet Kurtulus und Oliver Korittke
Als stumpfe Partykomödie aus deutschen Landen beworben, zeichnet "Abikalypse" ein gänzlich anderes, viel tieferes Bild. Sicher, die typischen Klischees einer deutschen Teenie-Komödie finden sich auch hier und fallen dabei durchaus negativ auf - so gibt es immer wieder überdrehte Comedy-Szenen (inklusive eines verrückten Tanzes im Borat-Anzug), die wohl nur deswegen drin sind, damit man sie im Trailer für das letztendlich deplatzierte Mainstream-Publikum verbraten kann. Unter dieser Oberfläche verbirgt sich jedoch ein recht kluger Film, der zwar mit klischeehaften Charakteren aufwartet, diese jedoch mit all ihren Ängsten und Konflikten sehr ernstnimmt. "Abikalypse" beschäftigt sich neben seinem Hauptplot um die "eine, legendäre Party" sehr einfühlsam mit seinen Hauptfiguren und deckt ihre tiefsten Ängste auf, um diese dann auch angemessen zu behandeln. Und auch wenn sich einige Konflikte gegen Ende zu schnell in Wohlgefallen auflösen und die drei männlichen Hauptdarsteller deutlich zu alt sind, um noch glaubwürdige Abiturienten abzugeben, fühlt man sich dank charmanter Momente und einigen Szenen mit beeindruckender Charaktertiefe in Zeiten des Social-Media-Wahns sehr gut unterhalten. Das liegt auch am Cast, der hier richtig gut aufspielt - vor allem Lea van Acken ist (wie eigentlich immer) unglaublich stark.
Note: 3+


Auf Kriegsfuß mit Major Payne: Komödie von Nick Castle, mit Marlon Wayans, Karyn Parsons, Michael Ironside, Chris Owen, Orlando Brown, Albert Hall und William Hickey
Es lassen sich sicherlich einige nette Gags in dieser Komödie finden und die Kinderdarsteller machen ihre Sache ebenfalls recht solide. Dennoch kann ich mit dieser Art Humor ohnehin schon wenig anfangen: Jeder Gag wird regelrecht gebrüllt und mit dem Holzhammer durchgeführt, hinzu kommen dann noch die üblichen Furz- und Pinkelwitzchen... und Marlon Wayans nervt als ständig krakeelender Soldat mit nur einem Gesichtsausdruck schon nach wenigen Minuten furchtbar. Was jedoch neben dem typischen, zuckrigen Happy End wirklich sauer aufstößt, ist die gnadenlose Verbeugung vor den militärischen Gepflogenheiten. Das geht sogar soweit, dass Gewalt hier als adäquates Mittel zur Problemlösung glorifiziert wird und sechsjährige Jungen, die mit Waffen hantieren, als "echte Männer" dargestellt werden. Das ist dann schon regelrecht ätzend und hat mir den Spaß, den ich mit diesem Film ohnehin schon so gut wie gar nicht hätte, nochmal richtig vermiest, denn eine Abrechnung mit dem Thema findet nicht statt... ganz im Gegenteil sogar. Die Methoden des strengen Soldaten, der seine jungen Kadetten verhöhnt, beleidigt und körperlichen Leiden aussetzt, zeigen am Ende Wirkung und werden als lohnenswert dargestellt. Das kann man dann auch dem Zeitgeist dieses Films nicht anlasten, denn solch eine fehlgeleitete Moralvorstellung war auch im Jahr 1995 schon höchst merkwürdig... erst recht, wenn Kinder ins Spiel kommen.
Note: 5+


Becky (2020): Action-Thriller von Jonathan Milott & Cary Murnion, mit Lulu Wilson, Kevin James, Joel McHale, Amanda Brugel und Robert Maillet
Zugegeben, auch ich war mehr als skeptisch, wie sich der vorrangig als Comedian bekannte Kevin James in einem ultrabrutalen Home-Invasion-Actioner als mordender Nazi-Verbrecher schlagen würde. Doch James macht seine Sache hier wirklich ziemlich gut und strahlt durch sein weitestgehend zurückgenommenes Spiel durchaus eine gewisse Bedrohung aus. Der eigentliche Star ist jedoch die damals gerade mal fünfzehnjährige Lulu Wilson: Durch Genre-Filme wie "Ouija" und "Annabelle 2" horrorerprobt legt die Teenagerin als rachsüchtiges Kind einen echten Blutrausch an den Tag und gefällt durch eine elektrisierende Ausstrahlung. Darüber hinaus gibt es leider nur wenig Interessantes zu vermelden: Der Drama-Überbau sorgt noch für eine gewisse Fallhöhe, doch haben wir es ansonsten mit einem reichlich standardisierten Home-Invasion-Thriller ohne echte Überraschungen zu tun, der plottechnisch sehr geradlinig verläuft und am Ende sogar einige Fragezeichen zurücklässt. Ein wenig Humor hätte "Becky" zudem gut getan, denn der Splatter-Faktor der letzten halben Stunde wird hier in seiner Absurdidät nie ironisch gebrochen und kommt deswegen sehr überzeichnet daher. Zudem können die Regisseure niemals echte Hochspannung aufbauen und lassen das Tempo immer wieder seltsam absinken.
Note: 3-


Der Pfau (2023): Krimi-Komödie von Lutz Heineking junior, mit Tom Schilling, Annette Frier, David Kross, Jürgen Vogel, Svenja Jung, Serkan Kaya und Lavinia Wilson
Der Versuch, ein sehr erfolgreiches Buch zu verfilmen, ging mit dieser deutschen Produktion eindeutig nach hinten los. Die Geschichte entfaltet sich so wirr, dass bis weit über die Halbzeit hinaus eigentlich gar nicht klar ist, welcher zentrale Konflikt hier nun gelöst werden muss. Dabei wird versucht, diese Plotarmut mit halbherziger Gesellschaftskritik auszugleichen, was angesichts der klischeehaft gezeichneten Charaktere und deren allzu typischer Grundkonflikte aber verpufft. Die anfängliche, leicht nebelverhangene Herrenhaus-Atmosphäre, die an bessere Werke wie den brillanten "Knives Out" erinnert, weicht früh einer ziellosen Geschwätzigkeit, wobei auch die nett komponierten, schottischen Landschaftsbilder nicht über die gepflegte Langeweile hinwegtrösten. Immerhin ist der namhafte Cast mit ordentlicher Spielfreude dabei, nur Jürgen Vogel bekommt leider vergleichsweise wenig zu tun. Herausragen tun jedoch David Kross und vor allem Annette Frier.
Note: 4 


Sphere - Die Macht aus dem All: Sci-Fi-Thriller von Barry Levinson, mit Dustin Hoffman, Sharon Stone, Samuel L. Jackson, Liev Schreiber, Queen Latifah und Peter Coyote
Nach einer populären Romanvorlage von Michael Crichton entstand im Jahr 1998 dieser Film - Hollywood gierte nach dem großen Erfolg von "Jurassic Park" nach weiteren Verfilmungen des Bestsellerautors. So richtig zu begeistern konnte der SciFi-Film über ein auf dem Meeresgrund liegendes Raumschiff, welches von einer bunten Crew unter die Lupe genommen wird, aber nicht. So erschafft Regisseur Levinson zwar zu Beginn eine recht brauchbare Atmosphäre, verirrt sich später aber eindeutig in einem recht wirren Science-Fiction-Quatsch irgendwo zwischen "Alien" und "2001". Das ist dann wertig produziert und von der beteiligten Starbesetzung auch gut gespielt, kann aber niemals wirklich erschrecken oder dauerhaft packen. Der pompöse Soundtrack verhindert eine wirklich feine Schaueratmosphäre schon im Ansatz und die Actionszenen beginnen sich auf engstem Raum alsbald zu wiederholen. Der Gegenspieler kommt interessant daher, ist in einer filmischen Umsetzung aber auch schwer greifbar zu inszenieren, weswegen diese Bedrohung doch eher mau daherkommt. So gibt es zwischendurch zwar immer wieder spannende Momente, doch bis zum Showdown steigt die Adrenalin-Kurve wirklich nur ab und zu salopp an... was auch an den weitestgehend uninteressant geschriebenen, menschlichen Figuren liegen mag.
Note: 3-

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