Direkt zum Hauptbereich

Captive

Der Streamingdienst Amazon Prime hilft mir mittlerweile dabei, Filme zu finden, die ich unter anderen Umständen wohl übersehen hätte. Das wäre manchmal gar nicht so schlimm gewesen, denn natürlich treiben sich auch dort einige Flops herum, aber es ist auch mal schön, kleineren, in den Kinos eher untergegangenen Werken eine Chance zu geben. Nun hätte ich bei "Captive" nicht viel versäumt, wenn ich ihn nie gesehen hätte, einigermaßen spannende anderthalb Stunden kamen aber doch dabei rum.

CAPTIVE


Brian Gene Nichols (David Oyelowo) wartet im Gefängnis auf seine Verurteilung wegen einer Vergewaltigung: Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe. Nichols möchte dies jedoch nicht wahrhaben und flieht, wobei er drei unschuldige Menschen erschießt. Auf seiner Flucht kommt er bei der drogenabhängigen Ashley Smith (Kate Mara) unter, welche das Sorgerecht für ihre kleine Tochter verloren hat und nun auf einen morgigen Besuchstermin wartet. Nichols zwingt sie dazu, ihm Unterschlupf zu gewähren, während die Polizei mit Großaufgeboten nach ihm sucht...

Diese Geschichte ereignete sich so tatsächlich vor gut zehn Jahren in Georgia. Einige Freiheiten wurden sich zwar auch hier erneut genommen, generell hält man sich aber recht akribisch an die wahren Ereignisse, widmet das Werk am Ende den Opfern des Mörders und leistet sich nicht zu viele Abschweifungen. Die Thematik ist in der Filmwelt so natürlich auch keine Neue, dass sich aus der Situation ein recht eindringliches Kammerspiel entwickelt, während welchem Täter und Opfer miteinander leben müssen, sich sogar etwas näher kennenlernen, ist klar. Aus dem bekannten Stoff haben die Macher aber zu wenig herausgezogen, damit es wirklich heraussticht. 
So baut man hier zunehmends auf eher billige Spannungsmache in Form von pochenden Soundtracks und unpassenden Zeitlupen, anstatt alles etwas ruhiger und lebensechter zu inszenieren. Immerhin ist es löblich, dass man den Aufhänger nicht für ein unsensibles Actionfeuerwerk nutzt, denn der Film läuft tatsächlich weitestgehend dialoglastig oder sogar schweigsam ab. Eine wirkliche Intensität kann sich aber dennoch nicht aufbauen, denn gerade über die Nebenfiguren erfahren wir viel zu wenig und auch die einzelnen Hindernisse rund um das Kammerspiel zwischen Ashley und Brian besitzen nichts, was man so nicht auch schon mal woanders gesehen hat. 
Da ist es dann stellenweise schon allein den beiden Hauptdarstellern zu verdanken, dass man hier keinen schläfrigeren Thriller zu sehen bekommt: Kate Mara, die nun in den letzten Jahren schon mehrfach zeigen durfte, dass sie noch mit einer großen Hollywood-Karriere zu rechnen hat, überzeugt als Mutter mit Fehlern und macht aus der Figur glücklicherweise kein Klischee. David Oyelowo fehlt es ab und an ein wenig an zielgerichteter Bedrohlichkeit, wobei dies aber auch dem Drehbuch bzw. dem realen Vorbild des Charakters geschuldet sein kann, der psychisch krank war. So ergeben Nichols Taten hier nicht immer einen richtigen Sinn, er handelt oftmals völlig abwegig. Dies kann man Oyelowo aber nur sehr bedingt ankreiden, da er ansonsten eine sehr stabile und kraftvolle Performance bietet. Ebenfalls positiv fällt Michael K. Williams auf, der als Einsatzleiter der Polizei ordentlich den Strang am Laufen hält. 
Bis zu einem hoffnungslos verkitschten Ende, in welchem der Glauben an Gott als Rettung für alles dargestellt wird und mit einem unpassenden Gospelsong der Abspann ins Rollen gebracht wird hat man sich hier anderthalb Stunden aber immerhin nicht gelangweilt. Trotz einer True Story, die dieses Mal tatsächlich ziemlich true ist, bietet uns "Captive" aber auch nichts, was wir nicht woanders auch besser und cleverer bekommen können.

Note: 3-





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...