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So nutzt man alte Horror-Marken richtig: Filmkritik zu "Das erste Omen"

In jungen Jahren entscheidet sich die Amerikanerin Margaret Daino (Nell Tiger Free), ihr Leben in den Dienst der Kirche zu stellen und eine Novizin zu werden. Dafür reist sie nach Rom und stellt sich dort im Vizzardelli-Waisenhaus an, um den dortigen Mädchen zu helfen. Die ersten Begegnungen mit dem gutmürigen Kardinal Lawrence (Bill Nighy) und ihrer überraschend lebensfrohen Mitbewohnerin Luz (Maria Caballero) geben Margaret noch ein guites Gefühl, doch mit der Zeit glaubt sie, dass in dem Waisenhaus irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Das liegt vor allem an dem offensichtlich völlig verstörten Waisenkind Carlita (Nicole Sorace), die getrennt von den anderen Mädchen überwacht und immer wieder in ein einsames Zimmer eingesperrt wird. Als sich Margaret dem Kind annehmen will, deckt sie nach und nach die grausamen Wahrheiten rund um das Waisenhaus auf...

Na toll. Schon wieder eine klassische Horror-Marke mit großem Namen, die nun mit einem weiteren Ableger ins Kino kommt, um hoffentlich die Kassen klingeln zu lassen. Horror-Fans rund um den Erdball dürften verächtlich geseufzt haben, wenn man bedenkt, wie oft das in den letzten Jahren schon schief gegangen ist... und die Enttäuschung über den ziemlich verhunzten und inspirationsarmen Nachklapp namens "Der Exorzist: Bekenntnis" ist ja auch noch ziemlich frisch. Umso überraschender, dass die Regisseurin Arkasha Stevenson in ihrem Langfilm-Debüt der beinahe fünfzig Jahre alten Marke einige sehr frische Ansätze verleiht - sowohl was die Geschichte als auch (allem voran) die Inszenierung angeht. Zwar hätte man ein Prequel zu den Geschehnissen rund um den ersten "Omen"-Film nicht zwangsläufig gebraucht und der Film hat auch einige typische Probleme, wenn er sich arg strecken muss, um zwangsläufig eben jene Momente anzustoßen, die wir aus dem Original letztendlich kennen. Darüber hinaus wartet das Werk aber mit einigen der atmosphärischsten und schaurigsten Horror-Momente der letzten Monate auf.
Es sind in der Summe nicht viele, aber sie wirken trotzdem nach: Stevenson verweigert sich den üblichen Horror-Manirismen so gut es geht und entwirft mit einer furchtbar gruseligen Bildsprache, einer mutigen Kamera und einem richtig fiesen Sounddesign, welches fast gänzlich ohne uninspirierte Jumpscares auskommt, ein paar richtig heftige Bretter. Das ein ums andere Mal wollte ich mich glatt hinter einem Kissen verstecken, was vor allem der durchweg schneidenden Atmosphäre zu verdanken ist, die hier von Anfang an entworfen wird. Stevenson versteht sich auf einen subtilen und letztendlich umso gnadenloseren Spannungsaufbau von diversen Einzelszenen und braucht oftmals nicht viel mehr als ein Flüstern aus der Gegend einer dunklen Zimmerecke, um es uns so richtig eiskalt den Rücken runterlaufen zu lassen. Dank einer starken Performance von "Game of Thrones"-Star Nell Tiger Free in der Hauptrolle der angenehm feministischen, aber niemals unnahbar-superstarken Heldin, überträgt sich Margarets Panik sogleich aufs Publikum... und einige üble Bodyhorror-Elemente, die man auf solch drastische Art wirklich nur selten sieht, gibts gleich noch obendrauf. Einige Bilder, ob nun eher schaurig oder doch gleich richtig blutig, werden sicherlich noch lange hängen bleiben.
Wo die Inszenierung also vollends überzeugt, hapert es bei der Geschichte leider ein wenig. In der ersten Hälfte braucht "Das erste Omen", trotz seiner dichten Atmosphäre, entschieden zu lange, um wirklich an Fahrt aufzunehmen. Obwohl der Film immer wieder interessante Plots anstößt, so nimmt er letztendlich viel zu viele Abzweigungen und erzählt zu viele Geschichten über Nebenfiguren, die später kaum mehr von Belang sind, sodass er zu Beginn deutlich zerfasert. Im späteren Verlauf verdichtet sich die Geschichte zwar, kommt jedoch auch eher zu einem etwas unterwältigenden Schlusspunkt, da hier zwangsläufig das Original abgeklatscht werden muss - Kenner werden hier also kaum noch überrascht werden. Zwei Stunden Laufzeit sind für einen Film wie diesen, der zwar durchaus einige interessante Haken schlägt, ansonsten aber auch nicht unfassbar viel Neues erzählen kann, definitiv zu viel. Die sorgsame Inszenierung tut jedoch ihr Übriges, um keine ernsthafte Langeweile aufkommen zu lassen, denn auch wenn es dramaturgisch bisweilen hapert, kann man sich an den tollen Bildern und der starken Leistung der Hauptdarstellerin kaum sattsehen.

Fazit: Dramaturgisch holpert es hier über den recht schwerfälligen Beginn bis hin zum etwas flachen Schlussakt gleich mehrfach. Dafür ist die Atmosphäre in den zentralen Schauermomenten aber so dicht und die Inszenierung so gekonnt, dass man niemals auf die Idee kommen könnte, dass es sich hier nur noch um einen weiteren Versuch handelt, aus einer alten Marke nochmal etwas Geld zu melken.

Note: 3



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