Direkt zum Hauptbereich

Carry-On (2024)

Der unzufrieden durch seinen Arbeitsalltag wandelnde TSA-Mitarbeiter Ethan Kopek (Taron Egerton) möchte, auch auf Drängen seiner schwangeren Freundin Nora (Sofia Carson), endlich in seinem Job aufsteigen. Deswegen überredet er seinen Boss Phil Sarkowski (Dean Norris) dazu, ihn im Trubel des Heiligabends an die Gepäck-Sicherheitskontrolle des Flughafens von Los Angeles zu setzen, damit er seine Tatkraft und Zuverlässigkeit beweisen kann. Doch diese Entscheidung wird Ethan noch bereuen, denn zum Schichtbeginn fällt ihm ein Knopf zu, durch welchen er plötzlich Anweisungen eines mysteriösen Verbrechers (Jason Bateman) erhält. Dieser möchte Ethan unter Androhung der Ermordung seiner Freundin dazu zwingen, dass er einen bestimmten Koffer durch die Sicherheitskontrolle schleust. Ethan versucht sich zunächst durch clevere Tricks zu helfen, ohne Nora dabei zu gefährden, doch der Kriminelle scheint ihm stets einen Schritt voraus zu sein...

Vielerorts wird der gerade erst gestern ins Netflix-Programm aufgenommene, neue Thriller von "The Commuter"-Regisseur Jaume Collet-Serra bereits als Antwort auf den kultigen "Stirb langsam" berufen. Doch auch wenn die Ähnlichkeiten bisweilen ins Auge fallen (der Film spielt an Weihnachten und dreht sich um einen simplen, zufällig ausgewählten Mann, der sich plötzlich mit gefährlichen Terroristen anlegen muss), erinnert "Carry-On" viel mehr an einen anderen, starken Thriller: "Nicht auflegen". Das liegt daran, dass Collet-Serra seinen Film deutlich weniger actiongetrieben anlegt, sondern besonders die ersten zwei Drittel fast schon wie eine Art Kammerspiel anlegt. Auf der einen Seite der hinterlistige Terrorist, der stets genau zu wissen scheint, was auf dem Flughafen los ist; auf der anderen Ethan, der immer wieder mit kleinen Tricks versucht, aus seiner ziemlich bedauernswerten Klemme auszubrechen. Erst spät gehen die Action-Gaule doch noch mit dem Regisseur durch, was angesichts seine Fähigkeiten, die Spannungsschrauben gekonnt immer weiter anzudrehen, nur folgerichtig ist. Dadurch, dass der Film zuvor weitestgehend auf sinnfreie Action und Verfolgungsjagden verzichtet hat, wirken die im Finale durchgeführten Manöver und Sprints durchaus vital und setzen der spannenden Hatz am Ende das benötigte und spektakuläre I-Tüpfelchen auf.
Da es "Carry-On" durchaus gelingt, das Publikum mit immer neuen Wendungen und Entwicklungen bei der Stange zu halten und seinen Protagonisten auf energetische Art vor stets frische Herausforderungen stellt, bleibt das Tempo angemessen hoch. Trotzdem fallen Ungereimtheiten und schwere Glaubwürdigkeitsprobleme auf, welche die Handlung wesentlich löchriger wirken lassen als sie hätte sein müssen. So scheint der Bösewicht seinen großen Plan vor allem über günstige Zufälle weiterzustricken und gehört auch zu der Sorte Antagonisten, die nicht müde werden, ihre Ziele genau zu erläutern - was der ziemlich ungelenken Exposition dient, aber ziemlich seltsam daherkommt. Zudem agiert Ethan gerade in der ersten Hälfte so auffällig, dass es mehr als komisch wirkt, dass er überhaupt so lange an Ort und Stelle verbleiben kann, ohne dass ihm jemand in die Quere kommt. Einige der Wendungen wirken arg forciert, sodass das Drehbuch hier nur als mittelmäßig bezeichnet werden kann -es fällt einfach auf, wie sehr man die Gegebenheiten an einem Flughafen zurechtbiegen musste, um diese Geschichte so erzählen zu können. Über die meiste Zeit hat man jedoch kaum Gelegenheit, über diese recht eindeutigen Fehler nachzudenken, da das irrsinnige Tempo und die wirkungsvolle Inszenierung darüber hinwegrauschen.
Dass er letztendlich ohnehin nicht auf einem Level mit den zuvor genannten Vorbildern spielen kann, ist aber nicht nur dem etwas überforderten Drehbuch zu verdanken, sondern auch dem fehlenden Charme. In den Hauptrollen liefern "Kingsman"-Star Taron Egerton und der angenehm gegen den Strich besetzte, hier tatsächlich bedrohlich wirkende Jason Bateman zwar ein packendes Psycho-Duell ab, welches nur ab und zu von dem es sich etwas zu einfach machenden Drehbuch ausgebremst wird. Darüber hinaus fehlt es aber an knackigen Eckpunkten. So bleiben alle anderen Figuren, auf Seiten der Guten und auch der Bösen, völlig austauschbar und blass, was bisweilen auch auf die schauspielerischen Darbietungen abfärbt. Süffisanter Humor wird wenn überhaupt nur sehr sparsam eingesetzt und den wenigen Actionszenen fehlt es an etwas Markantem - wenn man von einem unfassbar billig aussehenden Highway-Crash mit grotesk schlechtem CGI als Negativbeispiel mal absieht. Das ist prinzipiell nicht schlimm, da "Carry-On" an der Oberfläche bereits genug Nervenkitzel bietet, um zumindest kurzweilig zu unterhalten. Mit ein bisschen mehr Sorgfalt an den Nebenschauplätzen wäre hier aber durchaus noch etwas mehr drin gewesen. So reicht es zwar zu einem durchweg packenden Thriller, aber nicht zu einem neuen Klassiker unter den Weihnachts-Actionfilmen.

Fazit: Obwohl das Drehbuch deutliche Löcher hat und die Glaubwürdigkeit arg strecken muss, um den Plot irgendwie am Laufen zu halten, ist das Geschehen temporeich und spannend genug, um über zwei Stunden maßgeblich mitzufiebern. Etwas mehr Charme und ein paar Ecken und Kanten mehr wären aber schön gewesen.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...