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Thunderbolts*

Nach dem Tod ihrer Schwester ist Yelena Belova (Florence Pugh) in den Dienst von Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus), um unter ihrem Befehl Auftragsmorde zu begehen. Eigentlich möchte Yelena ihre Fähigkeiten jedoch dazu nutzen, um Gutes zu tun, weswegen Valentina ihr verspricht, nach dem nächsten Auftrag mehr Öffentlichkeitsarbeit für die mögliche, zukünftige Heldin zu betreiben. Dazu scheint es jedoch vorerst nicht zu kommen, denn während ihres nächsten Auftrages trifft Yelena sowohl auf die durch Experimente versklavte Ava Starr aka "Ghost" (Hannah John-Kamen) und den ehemaligen Captain America, John Walker (Wyatt Russell). Schnell wird klar, dass sie alle von Valentina angeheurt wurden, um sich gegenseitig umzubringen und so einige vergangene, fehlgeschlagene Experimente ihrer Auftraggeberin zu verschleiern. Doch wieso möchte Valentina so dringend hinter sich aufräumen? Woran hat sie gearbeitet? Und was hat der mysteriöse Bob (Lewis Pullman) mit der ganzen Sache zu tun? Das kleine Team beschließt, zusammenzuarbeiten, um Valentina aufs Zahnfleisch zu fühlen... etwas, was auch der mittlerweile als Kongressabgeordneten abgestellten Bucky Barnes (Sebastian Stan) von gänzlich anderer Seite zu tun versucht.

Ich war von Anfang an ziemlich vernarrt in die Idee dieses Films. Schon bei der Ankündigung dieses neuen Helden-Ensembles war ich verzückt, da ich die Ansammlung exakt dieser zuvor in verschiedenen Serien und Filmen eingeführten Figuren, die jedoch noch auf ihren wirklich großen Auftritt warteten, spannend fand. Und die Mission ist geglückt: Obwohl "Thunderbolts" an den Kinokassen, wie momentan viele Marvel-Filme, eher unterging, ist es ein richtig feiner Actionfilm geworden, der weniger durch großes Spektakel als durch die Bindung der Figuren untereinander unterhält. Dabei hält der Film sehr fein die Waage zwischen dem typischen Marvel-Humor und einigen großen Emotionen - gerade gegen Ende gibt es dabei einige Szenen, die so anrührend sind, dass man sich einiger Tränen nicht zu schämen braucht. Diese funktionieren nur, weil die Figuren hier aber sehr passend aufeinander losgelassen werden und jeder seine Momente bekommt... mit Ausnahme der zuvor zwar groß beworbenen, hier aber reichlich uncharmant eingeschobenen Olga Kurylenko als Taskmaster. Alle anderen bekommen dafür richtig schöne Szenen und wissen diese auch angemessen zu füllen.
Dass Florence Pugh in der eigentlichen Hauptrolle wie immer ein Gewinn sein würde, war klar und so tritt sie nach "Black Widow" und "Hawkeye" in ihrem dritten Marvel-Auftritt gewohnt charmant auf, darf aber auch endlich einige tiefe und düstere Szenarien durchlaufen, die ihren Charakter (einer der interessantesten des derzeitigen MCU) noch greifbarer macht. Neben ihr hat Sebastian Stan als Bucky Barnes weniger zu tun, was aber auch in Ordnung geht, denn der hatte seine großen Momente schon in zahlreichen, früheren Marvel-Produktionen und dient hier als zusätzliches Teammitglied und als helfende Hand. "Stranger Things"-Star David Harbour agiert nicht mehr so clownesk wie früher, ist aber trotzdem weiterhin für viele humoristische Momente gut, während Wyatt Russell und Hannah John-Kamen das Team stimmig komplettieren - gerade Russell's U.S. Agent gefällt hier als Weiterentwicklung seiner zuvor als Bösewicht angelegten Figur richtig gut. Und dann ist da noch Bob: Lewis Pullman gibt hier einen komplett neuen Charakter, der die momentan vielleicht spannendste, neue MCU-Figur darbietet und dabei sowohl auf emotionaler als auch auf dramaturgischer Ebene voll ins Schwarze trifft und keinesfalls in den Schatten der altbekannten Recken steht.
Dieses Team macht dann so viel Freude, dass man sich an der allgemein eher dünnen Handlung nicht stört. Hier stehen keine ganz großen Wendungen an und auch das Marvel-typische Spektakel wirkt hier, trotz einer letztendlich weltbedrohlichen Gefahr, kompakter und fokussierter. Es sind letztendlich die Charaktere und ihre eigenen kleinen und großen Dilematta und Biografien, die "Thunderbolts" zu dem emotionalsten und dramatischsten Marvel-Film seit zwei Jahren machen... und das, weil man hier nicht auf Biegen und Brechen versucht, ganz großes Drama zu etablieren. Natürlich gibt es ein paar typische Schwächen des Franchise, wenn nicht jeder groß geplante Witz so wirklich zündet und die erste halbe Stunde, in der zahlreiche Figuren eingeführt werden müssen, hin und wieder noch etwas holprig daherkommt. Tatsächlich ist aber genau dies das Level, unter dem das immer noch etwas stolpernde, aktuelle Marvel Cinematic Universe wieder groß werden kann - etwas kleinere Geschichten, die dennoch viel aussagen, das große Ganze nach vorne bringen und die Figuren wieder mindestens gleichwertig zum optischen Spektakel in Stellung bringen. Für die Zukunft hoffe ich also, dass man diese bunte Truppe an die vorderste Front stellt, denn den Test für diese Tauglichkeit haben sie mit ihrem Solo-Film bestens bestanden.

Fazit: Durch den Fokus auf mehr Charakterentwicklung und weniger auf übergroßes Spektakel gelingt hier ein packender, spaßiger und überraschend emotionaler Marvel-Film, der vor allem aufgrund seines charmant unperfekten Teams gewinnt und typische Schwächen des Franchise durch viel Charme und einige bockstarke Neuerungen ausgleicht.

Note: 2-



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