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Captain America: Brave New World

Erst vor wenigen Monaten wurde der ehemalige Außenminister Thaddeus Ross (Harrison Ford) als neuer Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. In seinem Auftrag gelingt es Sam "Captain America" Wilson (Anthony Mackie) und seinem Kumpel Joaquin Torres (Danny Ramirez), einen illegalen Gegenstand sicherzustellen, der in Zukunft seine Wichtigkeit für einen politischen Vertrag mit Japan enthüllen soll. Noch ahnt Wilson nicht, was für ein Rattenschwanz an dieser Rettungsmission hängt. Doch als Präsident Ross nur mit Glück einen Anschlag auf sein Leben überlebt, kommen nach und nach düstere Geheimnisse um ihn ans Licht. Nun muss sich Sam nicht nur fragen, ob er diesem Präsidenten als neues Symbol und Superheld weiterhin dienen soll, sondern auch einem alten Freund helfen, aus einer misslichen Lage zu entkommen. Auch dabei hat Ross seine Finger im Spiel, obwohl im Hintergrund jemand ganz anderes die Fäden zieht...

Es sollte der Befreiungsschlag für das weiterhin strauchelnde MCU sein - als wahrscheinlich neue Gallionsfigur der weiterhin zersplitterten Avengers sollte Sam Wilson in seinem ersten Solofilm zeigen, wohin die Reise denn nun endlich geht in dieser immer noch ziemlich wirren fünften Phase des Superhelden-Franchise. So richtig hat das nicht geklappt: Ein richtiger Hit war "Brave New World" an den Kinokassen nicht und es steht zu befürchten, dass erst das kürzlich um ein halbes Jahr verschobene "Avengers"-Doppel "Doomsday" und "Secret Wars" zeigen wird, was das aktuelle Marvel Cinematic Universe denn noch zu leisten imstande ist. Zu diesem werden hier nun deutlich mehr Brotkrumen ausgeworfen als zuvor: Es geht um eine mögliche Wiedervereinigung der Avengers, die Sam Wilson nach Möglichkeit ebenso anführen soll wie es zuvor Steve Rogers tat. Zudem nimmt der Film etliche Bezüge auf andere MCU-Streifen, was beinharte Fans (wie mich) freuen wird. Neben all den Verweisen oder plottechnischen Weiterführungen zu Filmen wie "Der unglaubliche Hulk", "Eternals", "Black Widow" und natürlich der Serie "The Falcon and the Winter Soldier" geht "Brave New World" aber eine eigene Identität deutlich ab.
Diese muss er aber als ein weiteres Puzzlestück innerhalb eines großen Franchise nicht unbedingt haben. Ein etwas stringenterer, roter Faden wäre aber nützlich gewesen, denn die Geschichte verläuft nicht wirklich zielorientiert, wird bisweilen sogar arg wirr. Das führt dazu, dass "Brave New World" praktisch nie stillsteht, aber auch viel Zeit dafür investieren muss, in bemüht wirkenden Dia- und Monologen all die Story-Zusammenhänge, düsteren Pläne und Easter-Eggs zu erklären, die hier Einzug finden. Und trotzdem helfen diese dauernden Erklärbär-Szenen, die zudem auch immer wieder bereits bekannte Szenarien rekapitulieren lassen, nicht wirklich. Was genau der richtige Oberbösewicht hier eigentlich aus welchen Gründen will, bleibt arg schwammig. Einige Figuren haben zudem wenig oder sogar gar nichts zu tun - bis zum Ende fragte ich mich, was die Figur des "Breaking Bad"-Stars Giancarlo Esposito hier eigentlich zu suchen hat. Darüber hinaus hält sich der Film besonders an dem emotionalen Fixpunkt um Präsident Ross fest, wobei Harrison Ford dem Titelhelden mit einer beeindruckenden Vorstellung die Schau zu stehlen droht. Mehr noch als Captain America selbst ist Ford's Figur der sensible und ambivalente Mittelpunkt dieses Films. Sobald sich der Film abseits all seiner Wirren mehr auf ihn konzentriert, wird er spürbar besser und dringlicher.
Was natürlich kein sonderlich gutes Licht auf den eigentlichen Helden wirft, denn dieser wirkt beinahe so, als hätte man ihn hier durch einen x-beliebigen Superhelden austauschen können, ohne dass sich dabei signifikant etwas verändert hätte. Dieser Sam Wilson hat nun fast gar keinen, eigenen Konflikt mehr, handelt meist eher passiv und muss eben eingreifen, wenn andere, interessantere Figuren die Actionszenen auslösen, in denen sich der neue Captain America dann zum Retter einfliegen muss. Anthony Mackie bleibt dabei leidlich blass, doch gibt ihm das Drehbuch darüber hinaus auch wenig zu tun - als Held seines eigenen Films ist das schon eine eher schwache Vorstellung. Neben einem großartigen Ford wird Mackie auch von seinen Sidekicks die Show gestohlen. "Top Gun"-Star Danny Ramirez wirkt vitaler und sympathischer als der meist eher grimmig agierende Mackie und mit Carl Lumbly gibt es zudem noch einen Scene Stealer zu vermerken, der zuvor in der "The Falcon and the Winter Soldier"-Serie eingeführt wurde und nun neben Harrison Ford als Herz des Films auftreten darf. Das macht dann alles schon Laune, auch dank solider Actionszenen, ein paar knackigen Witzen und überraschenden Gastauftritten. Für den ersten Solofilm des neuen Avengers-Anführer ist diese Vorstellung in der Summe aber noch nicht überzeugend genug.

Fazit: Unterhaltsam ist auch dieser neue Marvel-Film wieder. Neben Harrison Ford droht der Titelheld aber zu verblassen, was neben der wirr aufgezogenen Geschichte auch daran liegt, dass Captain America selbst hier ohne spannende Konflikte aufkommen muss. Kurzweilige Actionszenen verhindern aber, auch dank des hohen Tempos, dass in dieser Superhelden-Sause Langeweile aufkommt.

Note: 3-



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