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Ben Hur (2016)

Remakes von in die Jahre gekommenen Filmklassikern gehören mittlerweile einfach zur Filmgeschichte dazu und dass die Qualität des meist beliebten Originals dabei nur in den wenigsten Fällen erreicht wird, ist auch kein Geheimnis mehr. Dennoch setzen die Studios weiterhin auf bekannte Namen, welche eine neue Generation in die Kinos locken sollen und machen dabei nicht einmal vor den ganz großen, unvergesslichen Klassikern halt, um diese auf eine neue Version zu maximieren. "Ben Hur" war diesbezüglich ein gigantisches Risiko, auf welches niemand gewartet hatte, denn ein Remake des mit elf Oscars ausgezeichneten Epos brauchte eigentlich wirklich niemand...

BEN HUR


Einst war Judah Ben Hur (Jack Huston) ein angesehener, junger Prinz aus reichem Hause. Als sein aus dem Krieg wiedergekehrter Adoptivbruder Messala (Toby Kebbell) Judah jedoch als Verräter zeichnet, da dieser ihm nicht bei der Suche nach Feinden gegen die Römer behilflich ist und zudem noch durch einen Angriff auf Pontius Pilatus (Pilou Asbaek) vorbelastet ist, wird Judah als Sklave auf die Galeeren geschickt. Dort verbringt er etliche Jahre und hegt den Wunsch, zurück nach Jerusalem kehren zu können, um seine Familie wiederzusehen... und letztendlich Messala entgegenzutreten, um einen letzten Kampf auszutragen.

William Wylers "Ben Hur"-Version aus dem Jahr 1959 gehört bis heute zu den legendärsten Filmen der Geschichte, heimste als erstes von drei Werken überhaupt satte elf Oscars ein und gilt auch heute noch, trotz mittlerweile offensichtlicher Handlungsschwächen und teils chargierenden Dialogen zu den ganz großen Klassikern des Monumental-Films. Dass man gerade dieses großartige Werk nun 2016 auswählte, um erneut die Remake-Schraube Hollywoods anzudrehen, stellte sich eigentlich schon bei der Ankündigung dieses Projektes als Farce heraus, dem die Einspielergebnisse schließlich Recht gaben: Die neue Version, ausgerichtet an ein jüngeres, CGI-verwöhntes Publikum, welche "Wanted"-Regisseur Timur Bekmambetov erschuf, ging an den Kinokassen böse baden und nachdem ich den Film nun gesehen habe, muss ich sagen, dass er es auch nicht anders verdient hat. 
Die vielen Fehler, die Bekmambetov beging, fangen schon bei der Besetzung an: Da muss ein Morgan Freeman im Grunde ziemlich allein die Fahne hochhalten, obwohl sogar der Oscarpreisträger hier deutlich nach Scheckbuch spielt und sich kaum wirkliche Mühe geben muss. Neben ihm bleiben die Hauptdarsteller aber noch deutlicher auf der Strecke: Jack Huston sieht in der Hauptrolle schick aus, besitzt ansonsten jedoch die Hauptrolle eines Knäckebrots und Toby Kebbell muss als Antagonist bloß etwas böse gucken, was angesichts seiner seltsamen Angestrengtheit aber durchgehend eher unfreiwillig komisch wirkt. Nimmt man dann noch "Lost"-Schönling Rodrigo Santoro dazu, der tatsächlich Jesus von Nazareth spielt und als diese ikonische "Figur" vollkommen blass bleibt, ihr nicht einmal ansatzweise eine Ausstrahlung verleiht und dabei sogar manch eine Szene, die in der 50er-Version noch als atmosphärisches Highlight galt, versaut, ist schon wirklich traurig. 
Auch darüber hinaus bietet "Ben Hur" 2016 wenig und zeigt, dass das Remake nicht nur unnötig ist, da Wylers Version so viel zeitloser und kraftvoller daherkommt, sondern dass es schlichtweg auch schlecht gemacht ist. Da hetzt die Handlung, nun um gut hundert Minuten kürzer, nur so atemlos von Pontius zu Pilatus (Wortwitz übrigens) und schafft es dabei nicht, auch nur ansatzweise in die Tiefe zu gehen, streicht wichtige Subplots wie die Leprakrankenheit oder Jesus' Leidensweg nur kurz an, um gleich wieder zum nächsten Blickfang zu huschen und sogar der zentrale Konflikt zwischen den beiden Brüdern bleibt vollkommen reißbrettartig. Das sieht zwar alles recht schick aus, da man sich in Sachen Ausstattung und Detailreichtum schon angemessene Mühe gab, wie die bekannte Geschichte hier jedoch kastriert und seelenlos zurechtgestutzt wird, ist, wenn auch nach den miesen Trailern nicht überraschend, zumindest schockierend. 
In Sachen Action stechen, wie bereits in Wylers Version, mit der Galeeren-Schlacht und dem finalen Wagenrennen zwei Szenen hervor, die eine gewisse, rasante Unterhaltung mit sich bringen und auch visuell gut umgesetzt wurden. Leider stechen solcherlei Actionszenen während des heutigen Blockbuster-Kinos aber rein gar nicht mehr hervor, sind nur ein laues Highlight unter sehr vielen (besseren) und lassen den intensiveren und stärkeren Charme des "Originals" dabei eben auch vermissen. Gerade das Wagenrennen ist gut gemacht, dennoch ist es kühl und standardisiert, wie so vieles, was in diesem Werk auf das Nötigste runtergebrochen wird.
Fazit: "Ben Hur" wird für eine neue Generation im Blockbuster-Kino zurechtgestutzt. Dabei fallen die Seele und der Charme der Geschichte CGI-orientierten Actionkrawallen und flachen Charakteren zum Opfer, bis von der Atmosphäre des Ursprungswerkes nichts mehr übriggeblieben ist.

Note: 5+




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