Direkt zum Hauptbereich

Unter Beobachtung

Manchmal fragt man sich schon, warum es manche Filme hierzulande nicht ins Kino schaffen. Eines der populärsten Beispiele ist dabei sicherlich "Lucky Number Slevin", wohl einer der besten und cleversten Thriller der letzten Jahre, ausgerüstet mit einer beeindruckenden Star-Besetzung... der in Deutschland dann direkt auf DVD vermarktet wurde und später Kultstatus einnahm. Einen solchen Kult wird John Crowleys Justiz-Thriller "Unter Beobachtung" sicher nicht bekommen, dennoch fragt man sich, wieso man diesen gelungenen Film denn nicht in die Kinos brachte, wenn nebendran noch so viel Schund auf den Leinwänden laufen darf...

UNTER BEOBACHTUNG


Bei einem Terroranschlag kommen 120 unschuldige Menschen im Herzen Londons ums Leben. Der Täter, Farroukh Erdogan (Denis Moschitto), ist schnell gefasst und nun wartet England auf einen Prozess. Die Verteidigung soll sich dabei zwischen Martin Rose (Eric Bana), der Erdogan als gewünschter Anwalt in der öffentlichen Sitzung vertritt, und Claudia Simmons-Howe (Rebecca Hall), welche in einer geschlossenen Sitzung, in welcher die schwierigen Beweise besprochen werden, zugegen sein wird, aufteilen. Doch schon früh kommen die beiden einer Verschwörung auf die Spur und sehen sich in dem Prozess zu einem der grauenvollsten Mordfälle der Neuzeit auch selbst großer Gefahr ausgesetzt...

Woran lags also? War das Thema in einer Zeit, in der alle vor der ständigen Überwachung oder möglichen terroristischen Angriffen Angst haben, einfach etwas zu heikel? Ziehen Eric Bana und Rebecca Hall doch nicht mehr allzu viele Leute ins Kino? Oder hat die Beliebtheit von ruhigeren Thrillern, in denen nicht ständig von einer Verfolgungsjagd zur nächsten Schießerei gehetzt wird, schlichtweg abgenommen? Genau kann man das wohl nicht sagen, man kann aber sagen, dass es schade ist, dass "Unter Beobachtung" 2013 nicht in die deutschen Kinos kam, denn das Werk ist Regisseur John Crowley überraschend gut gelungen. Die Schwachpunkte lassen sich dabei an einer Hand abzählen: Die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren wirkt etwas altbacken, Jim Broadbent und Julia Stiles haben viel zu wenige Szenen und gegen Ende übertreibt man es dann mit einigen Wendungen doch etwas... da wäre weniger deutlich mehr gewesen. Ansonsten hat man hier aber einen über anderthalb Stunden sehr unterhaltsamen und spannenden Thriller abgeliefert, der keinerlei Hänger hat und sich hervorragend über seine Laufzeit rettet. Wo Genre-Kollegen mit erschöpfender Überlänge schon bald übersättigen und ihre Geschichte vollkommen überladen, da verlässt sich Crowley auf seinen zündenden Hauptplot, braucht nur eine Handvoll Figuren und kann auch mit ihnen genug erzählen, um bei der Stange zu halten. Er braucht kaum Action, sondern feuert seine elektrisierende Spannung, die besonders nach der Halbzeit noch einmal ordentlich zulegt, über Dialoge, über versteckte Hinweise ab. Es wird zwar nie so spannend, dass man sich die Nägel abkauen will, aber man bleibt stets am Ball, auch wenn die Handlung dann streckenweise doch einmal ins Überzogene abdriftet. Mit einer feinen Ruhe und einem Gespür fürs Timing stattet Crowley seinen Film dann mit einer schönen Abwechslung aus spannenden und entspannteren Passagen aus, er interessiert sich für seine Figuren und lässt dennoch keine Längen zu, wenn er die Verschwörungs-Geschichte denn mal kurzzeitig ruhen lässt. Bis zu einem starken Finale, welches ohne Waffen und nur mit gesprochenen Worten auskommt, also ein überraschend starker Film. Auch die Darsteller überzeugen. Rebecca Hall gefällt als in die Enge getriebene Verteidigerin eines grausamen Terroristen mit spielerischer Leichtigkeit, Eric Bana legt eine erstaunliche Präsenz an den Tag (aber gut, der Mann war ja auch schon in seinen schwächeren Filmen immer mindestens gut) und Ciaran Hinds gefällt erneut in einer Rolle, die ihm ohnehin liegt: Der leicht undurchsichtige, sympathische Compagnion der Hauptfigur, der immer gerne zur Stelle ist, um ihm aus der Patsche zu helfen. Fazit: Spannender Justiz-Thriller, dessen Geschichte nur selten etwas überzogen agiert, ansonsten aber hochaktuelle Thematiken zu einem sehr interessanten Konstrukt vereint. Definitiv mehr als nur einen Blick wert!

Note: 2-


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...