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Comeback im Kostüm-Kino: Filmkritik zu "Jeanne du Barry - Die Favoritin des Königs"

Im Frankreich der 1760er-Jahre gilt Jeanne Becu (Maiwenn) als Mätresse, die jeden Mann verzaubern kann und auch in den höheren Kreisen erfolgreich verkehrt. Eines Tages wird sogar König Louis XV. (Johnny Depp) auf sie aufmerksam und beschließt nach einem nächtlichen Kennenlernen, Jeanne an seinem Hofe einzuquartieren. Als enge Freundin des Königs zieht sie viel Aufmerksamkeit auf Hof auf sich und die wenigste davon ist freundlich gemeint. Insbesondere die Familie des Königs weist Jeanne entschieden zurück und auch der König selbst kann sie nicht vor den Feindlichkeiten schützen. Jeanne hingegen begehrt auf und tritt den Gepflogenheiten am Hofe mit ihrer eigenen Sichtweise entgegen...

Es sollte zumindest in Ansätzen das große Kino-Comeback des Johnny Depp sein, zumindest wenn es nach der Klatschpresse ging. Der erste Auftritt des "Fluch der Karibik"-Stars nach seiner in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Schlammschlacht mit Ex-Frau Amber Heard wurde von der Presse natürlich mit Argusaugen beobachtet und sie leckte sich nahezu die Finger, als der Film während seiner Kinolaufzeit hinter den Erwartungen zurückblieb. Doch welche Erwartungen eigentlich? Kostümfilme wie dieser, noch dazu eher klein produziert und nicht aus Hollywood stammend, machen nur selten durch wirklich enorme Publikumszahlen von sich reden, weswegen es wahrlich kein Wunder ist, dass "Jeanne du Barry" finanziell kein Hit wurde - die Zielgruppe für solche Filme ist nun nicht wirklich groß. Man darf sogar davon ausgehen, dass die Besetzung Depps dem Film einen deutlich größeren Punch verlieh als es sonst der Fall gewesen wäre. Was natürlich irgendwie schade ist, denn neben Depp steht hier auch noch ein künstlerisches Werk, für welches sich angesichts der Besetzung des einstigen Megastars aber kaum noch jemand zu interessieren schien.
Um den Elefanten im Raum so auch gleich anszuprechen: Depp war in seiner langen Karriere sicherlich schon besser, kann der historischen Rolle aber glücklicherweise immer wieder seinen eigenen, bekannten Stempel aufdrücken, ohne sich dabei zu arg in den Vordergrund zu drängen. Depp hält sich zurück und zeigt in den richtigen Momenten Präsenz. Dabei wirkt er nicht immer glaubwürdig, wenn er vor allem mit der französischen Sprache deutlich zu kämpfen scheint, macht seine Sache aber solide. Wenig glaubwürdig wirkt indes auch die Hauptdarstellerin: Maiwenn inszeniert den Film nicht nur, sondern übernimmt auch die Titelrolle, wobei sie nicht viele Akzente setzen kann. Und das ist auch ein wenig die Krux eines Films, der unglaublich viele interessante Dinge erzählen könnte, sie aber zugunsten des Fokus auf das Thema seiner Hauptfigur aussparen muss. So konzentriert sich "Jeanne du Barry" weitestgehend auf den Tratsch am Hofe und macht das auch ziemlich gut - die skurillen Traditionen und Gepflogenheiten wissen mehr als einmal zu amüsieren und die Versuche Jeannes, bei den Menschen um sie herum aufzufallen, sind spannend.
Dabei geraten andere Figuren jedoch in den Hintergrund. Die Position der am Hofe ankommenden Marie Antoinette lässt sich in dieser Version nur noch erahnen und spannende Charaktere wie Jean-Benjamin de La Borde müssen sich mit begrenzter Leinwandzeit begnügen - immerhin interessante Nebenfiguren, die durchaus Sympathien sammeln können, mit denen aber so viel mehr möglich gewesen wäre. Die üblichen Längen eines Kostümfilms dieser Art werden nicht immer, aber immer mal wieder von den wunderschönen Aufnahmen des französischen Königshofes ausgeglichen. Inszenatorisch bewegt sich der Film in den üblichen Mustern des Genres und langweilt dabei nicht, entwickelt aber auch keinen eigenen Sog. Die Geschichte der Jeanne du Barry ist aus heutiger Sicht hingegen ein wichtiger Eckpfeiler der Historie, auch im Feminismus nicht unwichtig. Auch deswegen ist es schade, dass der Film vor allem aufgrund seines Hauptdarstellers von sich reden machte... obwohl man ihm daher natürlich auch die viele Aufmerksamkeit gönnen möchte, die dieser ansonsten eher unter dem Radar laufende Kostümfilm ansonsten kaum erhalten hätte.

Fazit: Solide Leistungen vom Cast, prunkvolle Bilder und durchaus amüsante Szenen vom Hofe des französischen Königs. Leider bleibt die Geschichte hinter den Erwartungen zurück und verpasst zahlreiche Gelegenheiten, weitere Figuren interessanter zu gestalten.

Note: 3-



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