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Nicht wirklich feurig: Filmkritik zu Netflix' "Damsel"

Da ihre Familie kaum mehr Geld hat, um sich zu ernähren, muss Familienoberhaupt Lord Bayford (Ray Winstone) eine schwere Entscheidung treffen: Gegen die Aussicht von zahllosem Gold für seine hungernde Familie übergibt er seine älteste Tochter Elodie (Millie Bobby Brown) in die Hände einer Königsfamilie aus einem rivalisierenden Königreich. Dort soll sie den jungen Prinzen Henry (Nick Robinson) heiraten. Erst glaubt Elodie sich in einem Traum, als sie die gigantischen Hallen, das köstliche Essen und die vielen Reichtümer erblickt. Kurz darauf muss sie jedoch feststellen, dass die Königsfamilie ein schreckliches Geheimnis birgt. Als Elodie schließlich an einem Opferritual teilnehmen soll, bei welchem sie urplötzlich selbst im Fokus steht, versteht sie, dass sie hintergangen wurde... und nun selbst zur Kämpferin werden muss, um zu überleben.

Es ist kein Wunder, dass Netflix in den letzten Jahren verstärkt auf die Starpower der jungen Millie Bobby Brown setzt. Diese ist nicht nur das schlagende Herz der Hitserie "Stranger Things" (eines der erfolgreichsten Netflix-Originale), sondern drückt sowohl diversen Netflix-Filmen wie der "Enola Holmes"-Reihe oder gigantischen Kino-Blockbustern wie "Godzilla II - King of the Monsters" deutlich ihren Stempel auf. Und da Brown sehr viele Fans hat und neben Jenna Ortega sicherlich auch zu den talentiertesten, jungen Schauspielerinnen ihrer Generation zählt, darf sie nun erneut einen großen Film des Streaming-Giganten anführen... und das diesmal sogar über weite Strecken völlig alleine. Der erstaunlich drastische Überlebenskampf einer jungen Prinzessin ist nämlich völlig auf die Hauptdarstellerin zugeschnitten und erlaubt dem restlichen, namhaften Ensemble praktisch gar keine Möglichkeit zu glänzen. Da bleibt dann ein Ray Winstone so blass wie vielleicht noch nie in seiner Karriere; Robin Wright gibt eine fade Bösewichtin von der Stange; und sogar der oscarnominierte "Black Panther"-Star Angela Bassett schlägt hier tonal völlig fehl und überrascht nur negativ durch völlige, schauspielerische Überzeichnung. Was zeigt, dass die Regie diesen Cast, der hier ja eigentlich wirklich aus echten Könnern besteht, nicht so richtig im Griff hatte.
Aber es gibt ja noch Millie Bobby Brown und die macht ihre Sache mal wieder mehr als ordentlich. Sie zeigt Präsenz und vor allem in den zahlreichen Actionszenen eine beachtliche Physis. Allerdings kann auch sie oftmals nicht gegen die banalen Dia- und vor allem Monologe eines sehr banalen Skripts ankämpfen. Dabei ist es gar nicht das größte Problem, dass die Geschichte an und für sich (von einer einigermaßen überraschenden Wendung gegen Ende mal abgesehen) ziemlich platt daherkommt. Viel mehr stößt sauer auf, dass "28 Weeks Later"-Regisseur Juan Carlos Fresnadillo nicht in der Lage ist, die eigentlich beklemmende Ausgangssituation auch wirklich atmosphärisch zu verarbeiten. Immer wieder lässt er seine Hauptfigur in furchtbar gekünstelten Monologen ihre Gefühlswelt offenlegen, was zu solch seltsam dahergesprochenen Sätzen wie "Ich wurde geopfert" oder "Ob andere das hier überlebt haben?" führt, die von Brown quasi ins große CGI-Nichts gesprochen werden. Dabei hätte Fresnadillo in einigen Szenen eine regelrechte Blaupause für atmosphärische Dichte vor sich gehabt - so zum Beispiel, wenn Elodie in einer Höhle die Hinterlassenschaften der Frauen vorfindet, die sich vor ihr hier aufgehalten haben. Dadurch, dass er seinem Publikum aber immer wieder die offensichtlichsten Emotionen sprachlich mitteilen will, ist diese ganze Atmosphäre schnell wieder dahin.
Wenn sie denn überhaupt aufkommt, denn abgesehen von einigen optischen Reizen, in denen die Höhlenräume auf sehr hübsche und bisweilen kreative Art und Weise abgebildet werden, bleibt hier nicht viel. Der CGI-Drache (immerhin nach der Hauptdarstellerin die größte Attraktion dieses Films) sieht allerhöchstens okay aus, wobei sich mir erneut die Frage stellt, warum die geflügelten Monster aus dem neunzehn Jahre alten "Harry Potter und der Feuerkelch" so viel überzeugender aussehen als diese Kreatur in einem hochaktuellen Werk. Auch die restlichen CGI-Elemente, über viel zu bunte Landschaftsbilder bis hin zu großen Burggemäuern, sind mal wieder höchst unbefriedigend und können nie den Eindruck einer langweiligen Künstlichkeit abstreifen. Erschwerend kommt hinzu, dass Regisseur Fresnadillo auch seine vielen Actionszenen inszenatorisch nicht wirklich im Griff hat - neben den mauen CGI-Effekten können auch der Schnitt und die austauschbare Musik nicht über etwaige Langeweile hinwegtäuschen... und das, obwohl eigentlich durchgehend richtig viel los ist. Erstaunlich auch, das gerade das große Finale, auf welches so lange emotional hingearbeitet wird, in seiner Kürze und Leidenschaftslosigkeit förmlich verpufft. Beinahe sieht es so aus, als wäre "Damsel" für ein wirklich passendes Finale plötzlich das Geld ausgegangen, was sich nicht wirklich zufriedenstellend anfühlt.

Fazit: Millie Bobby Brown darf sich in einer heldenhaften Frauenrolle in Schwung bringen, kann das banale Drehbuch, die schwachen CGI-Tricks und die leidenschaftslose Regie aber nur selten wirklich ausgleichen.

Note: 4



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