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Wenn Klischees Klischees ausnutzen: Filmkritik zu "Amerikanische Fiktion"

Noch vor einigen Jahren galt Thelonious Ellison (Jeffrey Wright), zumeist nur "Monk" genannt, als herausragender und angesehener Autor. Mittlerweile lehrt er an einer Hochschule und hat seit Jahren nichts veröffnet - weil gute Geschichten Zeit brauchen, wie er selbst sagt. Ellison verweigert sich als schwarzer Autor zwingend dem, was die Leserschaft im Mainstream haben will und vermeidet dabei die typischen Klischees typischer schwarzer Literatur. Das gefällt aber weder den Verlagen, bei denen er sich mit seinem neuen Werk bewerben will, noch seinem Agenten Arthur (John Ortiz). Mit seinem Bestreben danach, nicht nur die schwarzen Geschichten über kriminelle Jugend und schießende Polizisten zu erzählen, stößt er auf taube Ohren. Als dann auch noch seine Mutter Agnes (Leslie Uggams) schwer erkrankt, hängt auch der private Haussegen der komplizierten Familie Ellison schief...

Fünf Oscarnominierungen kommen nicht von irgendwoher. Und auch wenn stark bezweifelt werden darf, dass "Amerikanische Fiktion" bei der diesjährigen Oscarsaison wirklich groß mitmischen wird, da die ganz großen Favoriten bekanntermaßen auf die Namen "Oppenheimer", "Poor Things", "Barbie" sowie Martin Scorseses "Killers of the Flower Moon" hören, ist das zumindest im Ansatz schade. Denn auch ruhige, bisweilen regelrecht heitere Komödien wie dieser Film von Regisseur Cord Jefferson (der hiermit sein Langfilm-Debüt abgeliefert hat) sollten eine Chance auf die begehrte Trophäe erhalten. Als bester Hauptdarsteller geht dabei auch Jeffrey Wright ins Rennen, der eine angenehm zurückhaltende Performance abliefert, unter deren Oberfläche es stetig sichtbar brodelt. Wright benötigt keine großen Reden oder alles erschlagende Emotionen - stattdessen gefällt er durch seinen menschelnden Charme und die teilweise herrlich geschliffenen Dialoge, die ihm in den Mund gelegt werden. Auch der Rest des Ensembles, über Issa Rae, Adam Brody und "Deadpool"-Star Leslie Uggams, macht einen sehr soliden Job, ohne sich aber jemals so richtig nach vorne spielen zu können.
Denn die feinen Spitzen, die die Geschichte des Films austeilt, haben stets auch einen faden Beigeschmack, da sie sich durch eben das erkauft werden, was das Werk eigentlich anprangert. Die Ausgangslage eines frustrierten, schwarzen Autors, der nur deswegen kein Gehör findet, weil er nicht die Geschichten abliefert, die Weiße mit schlechten Gewissen von ihm erwarten (keine Jugendlichen, die von Cops erschossen werden; keine Drogen; keine schwere Kindheit in einem kriminellen Milieu), ist dabei ganz wunderbar und rechnet auf clevere Art und Weise mit dem Thema Rassismus ab... beziehungsweise mit dem Rassismus, der immer noch entsteht, wenn unwissende Menschen versuchen, den Rassismus dahingehend auszurotten, indem man den Betroffenen eine Stimme gibt. Blöd nur, dass man selbst dann immer noch eine gewisse Erwartungshaltung pflegt, die dann nicht erfüllt wird... ein spannender Konflikt, der Jeffrey Wrights Charakter als gefrusteten, aber auch nicht auf den Mund gefallenen Autor deutlich aufbaut. Leider erkauft sich "Amerikanische Fiktion" diese erfrischende, kritische Position vor allem in der fortgeschritteneren Laufzeit immer mehr durch andere Klischees. So werden weiße Leser*innen fast durchgehend als tumb abgetan, wenn sie schwarze Literatur konsumieren und einige der Plots, die später Einzug halten und beinahe eine Art Verwechslungs-Komödie (der schwachen Art) anschieben, sind so unglaubwürdig erzählt, dass sie auch wieder ihr eigenes Klischee bilden. Für einen Film, der exakt diese Klischees eigentlich anprangern will, ist es ein wenig faul, wenn er in seiner Kritik dessen andere Klischees erschaffen muss, um seinen Worten Bedeutung zu verleihen. Das mildert die Kraft und die Wahrheit der Aussage nicht, sorgt aber für eine sehr unkohärente Erzählung.
Eine Unkohärenz, die auf den Nebenschauplätzen dann recht auffällig weitergeht. Denn auch hier zeigt sich, dass "Amerikanische Fiktion" durchaus austeilt, aber nie so weit geht, dass man wirklich angetan sein darf. Die Nadelstiche, die der Film austeilt, treffen durchaus ihr Ziel, doch sie werden niemals so richtig bösartig und werden zudem oftmals am Rande der Karikatur entzündet - so zum Beispiel, wenn Monks Romanfiguren plötzlich in seinem Wohnzimmer lebendig werden. Die eingeflochtene Lovestory ist soweit charmant erzählt, sprüht aber auch niemals richtige Funken. Und die Geschichte rund um Monks erkrankte Mutter zeigt deutliche, dramatische Untertöne, die bewegen können, aber auch nie so weit gehen, dass man sich wirklich unwohl fühlen würde. Man möchte dem Film sicherlich nicht sein Wagnis absprechen, aber letztendlich möchte er auch niemals aus dem Schein eines spitzfindigen Feel-Good-Films austreten und lässt in seinen eigentlich unbequemen Themen dann auch wirkliche Intensität vermissen, die es eigentlich gebraucht hätte. Dazu passt auch der betont ruhige Regiestil, der durchaus einige Längen kreiert sowie ein überbordendes Finale, bei welchem in einem Gespräch mit einem weiteren, weißen Klischee-Charakter gleich mehrere potenzielle Schlussakkorde präsentiert werden. Das wirkt dann doch ziemlich ungelenk und macht gegen Ende dann auch nicht mehr so richtig Spaß, wenn potenzielle Überraschungen ebenso ausbleiben.

Fazit: Das Thema ist richtig schön kristisch, so wirklich raus aus seiner Schale mag sich der Film aber nie trauen. Er ist frech, aber nicht zu frech. Er regt zum Nachdenken an, macht es sich an essentiellen Punkten aber zu einfach. Er versprüht gute Laune, bleibt aber dennoch ziemlich unauffällig. Das Thema hätte mehr hergegeben.

Note: 3-



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