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Die neue Party-Generation ist öde: Filmkritik zu Netflix' "Incoming"

Für Benj (Mason Thomas) und seine Freunde Eddie (Ramon Reed), Koosh (Bardia Seiri) und Connor (Raphael Alejandro) beginnt eine ganz neue Zeit: Sie kommen nun auf die High School und erhoffen sich von den kommenden Jahren, dass ihre Zeit als "Versager" offiziell endet. Um sogleich einen Eindruck zu machen, plant Koosh eine große Party in seinem Haus, wobei er und seine drei Freunde die einzigen Neuntklässler sein sollen, um sich sogleich mit den älteren Schülern und Schülerinnen gutzustellen und bloß nicht in die Looser-Schublade gesteckt zu werden. Benj möchte diese Gelegenheit zudem nutzen, um sich endlich an seine Flamme Bailey (Isabella Ferreira) heranzumachen. Der Abend droht jedoch schon früh, im Chaos zu enden...

Netflix wollte mit diesem Film wohl die extrem erfolgreichen, oftmals auf derben Peinlichkeiten ausgelegten Teenie-Kultstreifen rund um "American Pie" und "Project X" zu neuem Leben erwecken. Ich erwartete dabei zwar nicht viel, war aber dennoch gespannt, ob man dem altbekannten Thema einige Jahre später ein paar neue Ideen abgewinnen würde. Schließlich ist die Teenie-Generation nun eine andere und das Thema rund um die erste große Party könnte hier vielleicht ein wenig anders erzählt werden. Doch Pustekuchen: Es werden weiterhin Drogen genommen, es wird Bierpong gespielt, wild geflucht und gesoffen und es geht im Grunde nur um das Ziel, endlich zum Schuss zu kommen und die Bestätigung von Menschen zu erhalten, die so arschig sind, dass im wahren Leben wohl kaum jemand etwas mit ihnen zu tun haben wollen würde. Dementsprechend im Grunde kein Unterschied zu den arg derben, in ihrer Übertreibung aber auch ziemlich unterhaltsamen "Project X"-Eskapaden... mit einem Unterschied. Denn obwohl man praktisch keine andere Geschichte erzählt und sogar die Nebenstränge exakt nach dem Vorbild aufgebaut sind, geht man einige Schritte zurück in Sachen Eskalation, ohne diese enorme Überzeichnung jedoch durch etwas anderes zu ersetzen. Was daraus dann entsteht, ist weitestgehend tödliche Langeweile.
Denn wenn man schon eine solch vorhersehbare und mit schablonenhaften, zumeist unsympathischen Charakteren vollgestopfte Geschichte erzählt, sollte zumindest dem Party-Wahnsinn etwas mehr Adrenalin abverlangt werden. Dieser Versuch wird aber nicht mal ansatzweise unternommen, da man wahrscheinlich Angst hatte, mit zu viel nackter Haut oder Brutalität (und all das gabs in "Project X" ja nicht zu knapp) einen kleinen Skandal auszulösen. Stattdessen setzt man sich nun zwischen alle Stühle und zeigt eine Party, die nie wirklich Schwung aufnimmt und mit Charakteren langweilt, die entweder vollkommen blass bleiben oder in ihrer alttestamentarischen Toxizität absolut brechreizerregend sind. Dass im Jahr 2024 noch immer ein junger Mann, der versucht, eine Frau gegen ihren Willen und mit schmierigen Tricks rumzukriegen, als Sympathieträger eingebaut sind, hat mich tatsächlich ziemlich schockiert... ganz im Gegensatz zum typischen Fäkalhumor, der in einer ziemlich prägnanten Szene ein neues Maß erreicht. Dass sowas in diesen Filmen immer noch vorkommen muss (ohne einen einzigen Lacher natürlich), hat mich nicht überrascht, sondern nur genervt.
Noch schlimmer, weil wirklich ärgerlich, ist jedoch die zentrale Liebesgeschichte, bei welcher ich in der jetzigen Besprechung nicht um ein paar kleine Spoiler herumkomme. Die Vorhersehbarkeit der Geschichte spricht zwar Bände, doch ich möchte trotzdem kurz darauf hinweisen. Tatsächlich ist es nämlich mehr als unverständlich, warum Protagonist Benj seine ganze Energie darauf verwendet, das Herz eines Mädchens zu erobern, welches ihn so dermaßen herablassend behandelt. Das hat nichts mit positivem Feminismus zu tun, wenn die Herzensdame den jungen Mann zwar durchaus annehmen würde... aber das doch bitte nur, wenn sonst niemand zuschaut und er niemandem davon erzählt, damit ihr eigener Ruf nicht leidet. Wo jeder Mensch sofort Reißaus nehmen würde, nickt Benj diese Bedingungen jedoch brav ab und das Drehbuch löst diese schockierende Situation später nicht mal mehr zu seinen Gunsten auf - das Verhalten der Dame gegenüber dem unsicheren Mann wird als völlig in Ordnung festgehalten. Das ist dann solch eine Verneigung vor gefährlicher Toxizität, dass man vor diesem Film fast warnen müsste... wenn alles andere rundherum nicht so klischeehaft, überzeichnet und langweilig wäre, dass man es sich eigentlich auch sparen könnte, dabei noch in die Tiefe zu gehen. Die jungen Newcomer machen in den Hauptrollen soweit aber einen soliden Job, was man bei solch einem Drehbuch auch nicht unbedingt erwartet hätte.

Fazit: Es hat sich nichts geändert - "Incoming" ist eine "Project X"-Light-Version, was mit einem vernünftigen Drehbuch und passenden Witzchen gar nicht so übel hätte werden müssen. Hier jedoch überwiegt angesichts uralter Klischees und ziemlich fieser Rollenbilder jedoch die Langeweile.

Note: 4-



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