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Eine etwas andere Buddy-Komödie: Filmkritik zu "Quiz Lady"

Das Leben rauscht an Anne Yum (Awkwafina) vorbei und darüber ist sie eigentlich ganz froh. Sie genießt es, im Berufsleben möglichst unsichtbar zu sein und hat die beste Zeit des Tages, wenn sie sich ihre Lieblingsquizshow auf dem heimischen Fernseher sein kann... wo sie zuverlässig alle Antworten kennt. Als ihre Schwester Jenny (Sandra Oh) zurück in ihr Leben tritt, ist es mit der Anonymität jedoch schnell vorbei, denn diese möchte Anne unbedingt ins Rampenlicht rücken, nachdem sie gesehen hat, wie schlau diese ist. Nach einigen verheerenden Ereignissen brauchen beide schließlich auch dringend Geld und die einzige Möglichkeit scheint Annes Teilnahme an der Quizshow zu sein, bei welcher bei Gewinn horrende Geldbeträge winken. Anne ist jedoch gar nicht davon begeistert, von Millionen Fernsehzuschauern beobachtet zu werden... weswegen Jenny sie erneut zu ihrem "Glück" zwingen muss.

Die Geschichte ist eigentlich sehr simpel: Zwei Schwestern, die sich auseinandergelebt haben, nehmen an einer Quizshow teil, was zu einem Roadtrip wird, welcher beide wieder näher zusammenbringt. Das Drehbuch macht für diesen effektiven Kniff jedoch etliche Handlungsstränge auf, die nicht nur die Fallhöhe ausmachen, sondern auch noch sehr viele Nebenschauplätze auf den Plan rufen. Deswegen braucht "Quiz Lady" bei der Etablierung seiner Grundsituation auch eine ganze Weile, um wirklich rund zu laufen... und selbst zur Halbzeit verliert der Film sein eigentliches Hauptthema und den zentralen Konflikt rund um die dringende Not, schnell an viel Geld zu kommen, immer wieder aus den Augen. Dies geschieht, da der Film recht ausführlich, aber nie wirklich glaubwürdig einen dramatischen Konflikt zwischen den zwei Schwestern erzählen will. Das sorgt (buddy-typisch) für einige komödiantische Elemente, da beide Hauptfiguren unterschiedlicher kaum sein könnten und sich deswegen immer wieder in die Haare bekommen. Dier familiäre Konflikt wird aber nicht nur sehr vorhersehbar, sondern auch ziemlich forciert weitergetragen, was ihn mit seinen gewollt wirkenden Dramen zu einer Art Klotz am Bein eines besseren Filmes macht.
Das liegt vor allem an Sandra Oh, die als zweite Geige eine schrille Performance aufs Parkett legt, die durchaus an den Nerven zehren kann. Generell ist die Gagqualität des Films immer dann am besten, wenn der Fokus wirklich auf der sowieso immer brillanten Awkwafina liegt, die als Ruhepol, aber auch mit einem bemerkenswerten Comedy-Timing sämtliche Szenerien sympathisch und nahbar beherrscht. Im direkten Kontrast wirkt Sandra Oh eher wie der unnötige Holzhammer, was einige stumpfe Witze mit sich bringt, die bei mir nicht wirklich zünden konnten. Meistens dauert es jedoch nicht lange, bis nach einem unlustigen Kalauer der nächste Gag oder zumindest eine feine Idee um die Ecke kommt, die eine Rehabilitation mit sich bringt. Und so unnötig kompliziert der Plot auch aufgezogen ist: Fokussiert sich das Drehbuch dann doch aufs Wesentliche, dann läuft "Quiz Lady" so richtig rund und sorgt damit für ein Finale, welches man so vollständig hat kommen sehen und bei welchem man dann dennoch so richtig schön mitfiebern kann. 
So richtig böse kann man diesem Werk dann ohnehin nicht mehr sein, denn obwohl es sich mehrfach im Tonfall verhebt und dabei droht, immer wieder den Fokus aus den Augen zu verlieren - er hat einfach zu viel Herz, um nicht irgendwie gerührt zu sein. Das liegt auch an Hauptfigur Anne Yum selbst, mit der ich mich hervorragend identifizieren konnte - Außenseiter als "Helden" der Geschichte funktionieren ja eigentlich immer und Awkwafina gibt mit einer herzlichen Performance den Archetypen eines solchen. Da ist es schwierig, ihr nicht die Daumen zu drücken. Eine schöne Idee ist zudem der Charakter des Moderators der Show, der entgegen der fürs Genre geltenden Klischees ein richtig sympathischer Kerl ist... und der Nebenplot eines echten Konkurrenzkampfes gegen einen schleimigen Quiz-Freak, bei der zwar übers Ziel hinausgeschossen wird, den "Grand Budapest Hotel"-Star Jason Schwartzman aber auch mit einer herrlichen Energie darbietet. Letztendlich stecken ziemlich viele gute Ideen in diesem kleinen Film - so viele, dass es vielleicht gar zu viele sind. Das plustert das Werk etwas auf, macht es in seinem Kern aber dennoch sehr sympathisch.

Fazit: Auch wenn "Quiz Lady" durch zahlreiche Nebenplots und reichlich forcierte Konflikte immer wieder ausgebremst wird, überzeugt die Feel-Good-Komödie vor allem aufgrund Hauptdarstellerin Awkwafina, einer schönen Grundidee sowie einer flotten Inszenierung.

Note: 3+



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