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Die spinnen doch: Filmkritik zu "Spider-Man: Across the Spider-Verse"

Sechzehn Monate sind seit der Zerstörung des Alchemax Colliders vergangen und Miles Morales hat sich in seinem Dasein als Spider-Man gut eingelebt, auch wenn es ihm noch nicht ganz gelingt, seine private Schullaufbahn und seine Pflichten als Superheld unter einen Hut zu bringen. Besonders plagt ihn jedoch, dass er seine Freunde aus anderen Universen vermisst... allen voran Gwen Stacy alias Spider-Woman. Als mit dem sich durch eigene Portale bewegenden Spot ein neuer Bösewicht in Miles' Universum auftaucht, rechnet dieser erst mit einem harmlosen Scharmützel. Schon bald erkennt Miles jedoch, dass Spots Kräfte allumfassender und gefährlicher für die gesamte Realität sind als zuvor angenommen. Die Gefahr ist so groß, dass sich sogar Gwen wieder in Miles' Universum einschaltet und dabei einige neue Mitstreiter mitbringt, die für ganz neues Chaos sorgen.

Komplett vom Hocker gehauen hat mich "Spider-Man: A New Universe" im Jahr 2018 nicht - und gefühlt war ich der einzige, der diese Meinung hatte, sammelte der Film doch ungemein viele Fans um sich, die einer unvermeidlichen Fortsetzung der Comic-Geschichte um Miles Morales entgegensehnten. Dieses Sequel landete im Sommer 2023 bei uns und hat mit dem direkten Vorgänger eine große Stärke gemein: Die unglaubliche Optik. Auch wenn man sich an den bunten und so im Animationskino praktisch noch nie gesehenen Look erneut gewöhnen muss, so gefallen die etlichen Ideen der Künstler*innen, mit welchen sie die verschiedenen Universen der Spider-Helden optisch zum Leben erwecken. Ob nun Sprechblasen, verwaschene Farben, Split-Screens - diese "Spider-Man"-Filme sind ein zum Leben erwachter Comic-Strip, in dem es ungemein viel zu entdecken gibt. Ein Highlight stellt dabei eine wilde Verfolgungsjagd in einer gigantischen Lobby dar, bei welcher nicht nur an allen Ecken und Enden referenziert und angespielt wird, was Fans der Comics in reine Verzückung versetzen wird... sondern wo auch Action, Schnitt und der Look eine wahnsinnig starke Einheit abgeben, die nachdrücklich fesselt und erstaunt.
Wie im Vorgänger hatte ich jedoch erneut Probleme mit der Story. Obwohl das Multiversum mittlerweile keine ganz neue Idee mehr ist und vor allem das aktuelle Marvel Cinematic Universe zu großen Teilen auf diesen Plot-Vehikeln fußt (und mir da auch richtig gut gefällt), so fühlte ich mich in Sonys Spider-Verse abseits der Kinofilme mit Tom Holland nicht recht heimisch. Der Plot kommt in der ersten Hälfte des mit 140 Minuten erstaunlich langen Streifens nur schwer in Gang und hält sich erstaunlich oft mit kleinen Einzelheiten auf, die eine echte Dynamik verhindern. Später passieren dafür etliche Geschehnisse in rasanter Abfolge und es gibt kaum noch Atempausen. Eine schöne Idee ist dabei, den Fokus mehr auf die charmante Liebes- oder doch nur Freundschaftsgeschichte von Gwen und Miles zu legen - das gibt dem Film ein bisschen mehr Herz. Doch auch dieser Plot wird im weiteren Verlauf von dem ganz großen Chaos des Multiversums, bei dem im Grunde alles möglich ist und somit auch durchexerziert wird, ausgeblendet. Sicher, darin finden sich viele brillante Ideen und es kommt auch durchaus zu überraschenden Wendungen... aber irgendwann hat mich das bisweilen wirre Drehbuch mit all den verschiedenen Spider-Kerlen so weit verloren, dass ich die letzte Stunde nur noch marginal aufnehmen konnte.
Erschwerend kommt hinzu, dass "Across the Spider-Verse" nur der erste Teil eines Zweiteilers ist - die Fortsetzung soll zwar bald kommen, aufgrund des Hollywood-Streiks ist ein fester Termin aber erstmal nur Wunschdenken. Da dieser Film nun kein richtiges Ende hat und mit einem (als solcher eher schwachen) Cliffhanger mittendrin endet, bleibt man natürlich ein wenig unbefriedigt zurück. Im Grunde hat man an diesem Punkt aber schon so viel gesehen und verarbeiten müssen, dass es zumindest für mich fraglich ist, ob ich schon bald noch einen ganzen Streifen damit durchhalten werde. Neugierig bin ich auf das Ende aber schon, weswegen eine Sichtung dann selbstverständlich getätigt wird. Bis dahin fühlt sich "Across the Spider-Verse" aber im Grunde fast nur wie das Intro zu einem großen Finale an, von dem wir noch nicht wissen, wann wir es zu sehen bekommen. Das macht dann zwar schon Spaß, da die Kreativen von Sony und Marvel mit ihren zügellosen Ideen wahnsinnig treffsicher umgehen und dabei ganze Superhelden-Universen frisch und unverbraucht zitieren. Das geht jedoch, auch aufgrund des unsicheren Tempos eines letztlich zu langen Films, auf Kosten der Charakter- und Plotentwicklung, bei der schon viel zu früh das Maximum erreicht ist. Die Fans wird es jedoch erneut freuen, denn diese feiern auch den zweiten Teil des Spider-Verse wieder konsequent ab. Und es sei ihnen selbstverständlich gegönnt, ich hingegen kam erneut nicht wirklich rein in diese kunterbunte, sehr wilde, jedoch auch erstaunlich mühselige Multiversums-Balgerei.

Fazit: Der optische Look ist nach wie vor brillant und es gibt einige Szenen, in denen man den Machern nur zu ihrer überbordenden Kreativät und dem herzlichen Charme gratulieren kann. Der Plot ist diesmal jedoch wahnsinnig wirr, was zu Tempoproblemen und allerlei Überfrachtungen führt... bis zu einem schwachen Cliffhanger, der uns auf den nächsten Film vertröstet.

Note: 3-



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