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Freaky Friday in ganz, ganz mau: Filmkritik zu Netflix' "Family Switch"

Wirklichen Zusammenhalt bekommt die Familie Walker auch an den anstehenden Weihnachtstagen nicht hin. Obwohl sich das Elternpaar Jess (Jennifer Garner) und Bill (Ed Helms) mehr als nur Mühe gibt, dringen sie nicht zu ihren pubertierenden Kindern CC (Emma Myers) und Wyatt (Brady Noon) durch. Das gegenseitige Unverständnis soll jedoch weichen, als ein scheinbar magischer Fehlschlag die Körper der Familie durcheinanderwirbelt und sich die Eltern in den Körpern der Kinder und andersherum wiederfinden. Plötzlich muss die überforderte Mutter Jess das wichtige Fußballspiel für ihre Tochter bestreiten, während Sohn Wyatt ein Konzert spielen soll, welches eigentlich sein Vater abhalten sollte. Der enorme Stress des plötzlichen Körpertauschs resultiert jedoch bald auch in einer näheren Zusammenrückung der so auseinandergelebten Familie...

Hand aufs Herz: Natürlich ist das hier wenig mehr als "Freaky Friday" zur Weihnachtszeit und mit der überraschend frechen Komödie mit Jamie Lee Curtis und Lindsay Lohan in den Hauptrollen fällt es ohnehin schwer, wirklich zu konkurrieren. Netflix versucht es trotzdem, obwohl sie vor einigen Wochen bereits mit dem furchtbar lahmarschigen "Best. Christmas. Ever!" einen richtig miesen Weihnachtsfilm abgeliefert hatten. Wobei das Fest in "Family Switch" praktisch keine Rolle spielt und der Film nur deswegen an Weihnachten spielt, damit man ihn zu der Zeit, wo Familien gemeinsam auf dem Sofa das Streaming-Programm durchwühlen, recht prominent platzieren kann. Diese Idee ging auf, platzierte sich der Film doch weit oben in den Netflix-Charts. Rein qualitativ bekommt man aber nur wenig mehr als die handelsübliche, harmlose und vorhersehbare Streaming-Komödie, die selten wirklich lustig daherkommt und keinerlei eigene Ideen aufweist.
Das zeigt sich bereits an den schablonenhaften Figuren, die aus den üblichen Schemata der Familienkomödie bestehen. Mit "Hangover"-Star Ed Helms und der in gefühlt jeder zweiten Netflix-Komödie auftretenden Jennifer Garner besetzen auch die Archetypen der peinlichen Elternfiguren eben diese Rollen... und zumindest Garner ist dabei in ihrer Mühe, möglichst witzig daherzukommen, zum wiederholten Male das genaue Gegenteil, während Helms seine altbekannten, schrägen Nummern abfrühstückt. Etwas kerniger, vom Drehbuch aber auch ziemlich mau geschrieben kommen da die beiden Teenies daher, die frischer spielen als die erfahreneren Stars, aber auch kein richtiges Leben entwickeln. Das ist bei solch einer vorhersehbaren Geschichte, die mit dem üblichen Familienkitsch und leider auch einigen zotigen Zwischenszenen daherkommt, aber auch nur schwer möglich. Dass es mit dem Humorlevel, der zwischen banalem Wortwitz und zumindest ab und an recht spaßigem Slapstick wechselt, so seine Probleme gibt, zeigen auch die Nebenfiguren. So wird der deutsche Star Matthias Schweighöfer zunächst recht eindrücklich als schräger Nebencharakter eingeführt, der in seinem eigenen Plot für Witz sorgen soll... bekommt im weiteren Verlauf aber schlichtweg nichts mehr zu tun und zudem nur noch richtig lasche Gags in den Mund gelegt.
Gegen Ende, wenn die erwartungsgemäßen Umarmungen und Streitbereinigungen auf den Plan treten, bekommt "Family Switch" aber doch noch ein paar herzerwärmende Momente hin. Keine Überraschungen, dafür aber jede Menge formelhafter Kitsch sind da zwar drin, aber für ein paar Schmunzler und ein bisschen wohlige Wärme in der kalten Jahreszeit wird dann doch noch irgendwie gesorgt. Zuvor hat man ein recht rasantes Finale mit einigen überraschenden Lachern gesehen, welches dann zumindest ansatzweise versöhnlich stimmt. Dieses rettet aber natürlich einen Film nicht mehr, der zuvor sehr hohl vor sich hinkalauert hat und sehr faul die üblichen Figurenmuster bedient, die ohne jede Tiefe und mit allerlei harmlosem Stumpfsinn daherkommen. Netflix ruht sich daher auf den Klischees des Genres aus, ohne auch nur ansatzweise ein paar eigene Ideen beizusteuern, was so zwar zu erwarten war, aber natürlich dennoch schade ist. Auf die Weihnachtskomödien sollte man bei diesem Streamingdienst, da der Erfolg ihnen leider Recht gibt, zukünftig dann wohl ebenso wenig vertrauen, wie wir es bereits tun.

Fazit: Der Humor ist wie gehabt zwischen harmlos und zotig wechselnd, die Geschichte eine altbekannte Blaupause, die Charaktere schablonenhaft. Trotz einiger herzerwärmender und manch eines spaßigen Moments eine durchaus verzichtenswerte Weihnachtskomödie nach Schema F.

Note: 4



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