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Raue Zukunftsaussichten: Filmkritik zu "The Creator (2023)"

In nicht weit entfernter Zukunft hat der westliche Teil der Welt nach einem verheerenden Zwischenfall mit Millionen von Toten den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verboten und einen Krieg mit dem asiatischen Block begonnen, welcher diese immer noch wie selbstverständlich nutzen will. Dabei nutzen die Amerikaner die gigantische Raumstation NOMAD, um die Stützpunkte der verstreuten KI unschädlich zu machen und dabei auch deren mysteriösen Anführer, den K.I.-Architekt Nirmata, aufzuspüren. In diesen bedrohlichen Zeiten wird der ehemalige Soldat Joshua (John David Washington) engagiert, um eine geheime Superwaffe der KI im Feindesland ausfindig zu machen und an sich zu nehmen. Dafür wird ihm die Wiedervereinigung mit seiner totgeglaubten Frau Maya (Gemma Chan) in Aussicht gestellt. Während des Auftrags erkennt Joshua die vermeintliche Waffe jedoch als unschuldiges KI-Kind namens Alphie (Madeleine Yuna Voyles) und möchte diese nun gegen den Willen seiner Auftraggeber nutzen, um seine Frau wiederzufinden...

An den Kinokassen ging dieser originelle Stoff leider vollends baden, bei Kritikern und Publikum kam die raue Science-Fiction-Variante von "Godzilla"-Regisseur Gareth Edwards jedoch richtig gut an. Und tatsächlich hat Edwards mit diesem Film nicht nur einen weiteren Blockbuster mit spektakulären Bildern erschaffen, sondern auch große Emotionen und angsteinflößende Lehren für unsere heutige Gesellschaft im Gepäck. Seine Zukunftsvision wirkt in den dreckigen Actionszenen nämlich nicht nur äußerst rau und brutal, sondern kommt auch ungemein glaubwürdig daher. Man kann sich durchaus vorstellen, nur noch einige Dekaden zu warten, um dann eine solche Zukunft auf unserer Welt zu sehen - dabei trifft Edwards mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz heutzutage natürlich den Nagel auf den Kopf. Das für den Blockbuster-Standard äußerst kleine Budget von nur 80 Millionen Dollar reicht locker, um diese Zukunftsvision auf die Beine zu stellen: Dabei sieht "The Creator" mit seinen grandiosen Spezialeffekten und seinen detailverliebten Sets und Ausstattungen deutlich besser aus als viele Filme, die das Dreifache an Geld verschlingen und bleibt dennoch wuchtig und optisch berauschend.
Solcherlei Spektakel gelingt hier aber auch nur deswegen so gut, da die Effekte und die Actionszenen stets im Dienste der Geschichte stehen und hier nie zum bloßen Selbstzweck verwendet werden. Jede Explosion hat auch einen emotionalen Faktor, jede geschossene Kugel dient der inneren Spannung des Plots. Dieser kommt zu Beginn noch etwas schwerfällig in Gang, da man sich in Edwards' anfangs noch etwas unübersichtlicher Version der Zukunft erstmal zurechtfinden und auch an die Charaktere andocken muss. Hier hat sich der Regisseur immer wieder deutlich bei großen Vorbildern bedient: Die offensichtlichsten sind Werke wie "Blade Runner" oder Neill Blomkamps "District 9", doch auch andere Versatzstücke kommen einem äußerst bekannt vor. Die Gnadenlosigkeit der Menschen (die hier doch recht einseitige Antagonisten darstellen) gegenüber den friedlichen Völkern der Erde erinnert stark an große Epen wie "The Last Samurai" oder natürlich auch an "Avatar". Die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren, wo ein knurriger Kerl mit einer bewegten Vergangenheit plötzlich auf ein sensibles, aber ungemein wichtiges Kind aufpassen muss, kennen wir so auch schon aus "The Last Of Us". Und obwohl "The Creator" niemals die Wucht der meisten dieser Vorbilder erreicht, so kann er diese bekannten Elemente vor dem Hintergrund seiner Zukunftsvision zumeist recht originell verbauen und eine eigene Dynamik kreieren.
Zwanzig Minuten weniger hätten es in dem Plot, bei dem beide Figuren immer wieder Boxenstopps bei anderen Charakteren einlegen, um wenig später doch wieder die Beine in die Hand nehmen zu müssen, vielleicht auch getan. Auch kommen einige der "überraschenden" Wendungen des Skripts dann doch nicht so überraschend daher, wie es sich die Autoren vielleicht erhofft haben - einige kommen sogar an der Grenze der Plumpheit daher. Doch man sollte nicht zu sehr schimpfen mit einem Film, der darüber hinaus sehr ehrlich und originell daherkommt und in seiner Gratwanderung zwischen intelligentem, krachendem Blockbuster-Kino und mahnender Lehre für unsere heutige Menschheit immer wieder sehr zu packen weiß... bis zum emotional aufwühlenden Schlussakt. Eine kleine Entdeckung ist zudem auch die junge Madeleine Yuna Voyles, welcher der weiblichen Hauptrolle eine erstaunliche Ausstrahlung verleiht... auch wenn ihre Figur etwas zu oft als die stetige Lösung eines jeden Problems aus dem Ärmel geschüttelt wird. Auch "Tenet"-Star John David Washington kann seiner zumeist recht getriebenen, aber auch mit starkem Background geschriebenem Figur allerlei Konturen verleihen.

Fazit: Das ganz große Meisterwerk ist "The Creator" nicht - dafür ist der Plot in seinen Details dann doch etwas zu durchsichtig geraten. Die düstere Zukunftsversion inszeniert Gareth Edwards jedoch mit spektakulärer Wucht, wofür er kein Maximal-Budget benötigte und trotzdem große Emotionen und erinnerungswürdige Bilder auffahren kann.

Note: 3+



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