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Es wird geflucht im MCU: Filmkritik zu "Deadpool & Wolverine"

Sechs Jahre nach seiner Reise durch die Zeit hat Wade Wilson (Ryan Reynolds) seine Aktivitäten als klingenschwingender "Deadpool" eingestellt... bis eines Tages die Zeithüter der TVA vor seiner Tür stehen und ihm eröffnen, dass sein Universum nach dem Tod des Ankerwesens vor der endgültigen Auslöschung steht. Zeitgleich soll ihm jedoch der Übertritt ins Universum der Erde-616 winken, wo er womöglich sogar den Avengers beitreten könnte. Wade entscheidet sich jedoch dafür, seine wahren Freunde zu retten und unternimmt, sehr zum Schock des Zeithüters Mr. Paradox (Matthew Macfadyen), Sprünge durch etliche Universen. Dabei möchte er einen Ersatz für das verstorbene Ankerwesen seines Universums finden, um dieses zu retten... und hat natürlich eine Variante des legendären Wolverine (Hugh Jackman) im Auge. Der ist jedoch ganz und gar nicht bereit, sich in ein Abenteuer zu stürzen, da er mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat.

Ich bin zurzeit zwar bei sehr vielen Marvel-Filmen und Serien skeptisch, da die Qualität der meisten von ihnen seit "Spider-Man: No Way Home" signifikant nachgelassen hat... was mich als großer Fan des MCU immer noch schmerzt. Bezüglich der Eingliederung von Deadpool in das große Helden-Universum hatte ich aber noch einmal besonders Angst. Zwar mochte ich die beiden Filme um den dauerfluchenden Söldner sehr gerne, doch als Teil der Avengers konnte ich ihn mir nie vorstellen - beide Universen ergeben für mich getrennt voneinander, auch aufgrund des völlig anderen Stils, deutlich mehr Sinn. An dieser Meinung ändert auch "Deadpool & Wolverine" nichts, der ganz besonders aufgrund dieser Stilbrüche eine weitere Enttäuschung in der Timeline des MCU geworden ist. Denn natürlich bleibt sich Ryan Reynolds hier treu, nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt auch seine Klingen mit ziemlich viel blutigem Nachgeschmack schwingen. Das passt als dritter "Deadpool"-Film gut, aber innerhalb des MCU wirkt die ganze Nummer viel zu bemüht. Als würden sich alle Beteiligten einen Ast abfreuen, dass im sonst weitestgehend familienfreundlichen Marvel-Universum endlich ordentlich geflucht und geschlitzt werden darf, tun sie in zwei Stunden praktisch nichts anderes. Und das zehrt schon nach kurzer Zeit erheblich an den Nerven, da daneben kaum eine gewinnbringende Geschichte erzählt werden kann.
Fans (wie auch ich eigentlich einer bin) würden sagen, dass ein Film wie dieser keine Story braucht und sie haben prinzipiell recht. Allerdings kann man noch so viele überraschende Gastauftritte, Fanservice und allerlei visuelle Krach-Momente kaum auffahren, wenn es dazwischen nichts gibt, was all das bündelt und ansatzweise dramaturgisch verzahnt. Und so fühlt sich "Deadpool & Wolverine" dann bis zum Finale an wie eine nur marginal zusammenhängende Nummernrevue, der jedoch jegliche Dynamik abgeht. Und das hat vor allem mit dem Humor zu tun, der deutlich weniger gewitzt, sondern viel mehr pubertärer daherkommt als in den letzten beiden Filmen um den Söldner im roten Spandex-Kostüm. Sicher, unter den tausenden Zoten kommen immer wieder ein paar richtig feine Lacher herum (wobei vor allem Wades Reise in die TVA gleich zu Beginn einfach nur köstlich ist), aber über weite Strecken war ich ebenso schockiert wie enttäuscht, dass der Humor ansonsten einfach nur infantil herüberkommt. Das war zwar immer schon in der DNA der "Deadpool"-Filme enthalten, jedoch nicht in solch einem extremen Ausmaß und ohne jeden doppelten Boden. Ellenlange Dialoge werden leider nicht allein dadurch witziger, indem man die Wörter "Ficken", "Eier" und "Schwanz" in jedem zweiten Satz verbaut, ohne dass am anderen Ende eine richtige Pointe wartet. Hier waren die vorherigen "Deadpool"-Filme, trotz aller politischer Unkorrektheit, noch wesentlich cleverer, dynamischer und schlicht und einfach viel, viel witziger.
Das gilt auch für die Action, denn "Free Guy"-Regisseur Shawn Levy lässt es zwar an allen Fronten ordentlich krachen, ohne dabei aber eine angenehme Dynamik zu entwickeln. Keine der Actionszenen hat einen Wow-Effekt, Spannung kommt ebenfalls kaum auf - alles wirkt ein wenig wie ein Baukasten, bei dem es viel zu entdecken gibt, aber verschiedene Teile nicht zusammenpassen wollen. Womit wir bei den Gastauftritten wären, die ich hier natürlich nicht spoilere: Auch hier machen Levy und Reynolds wenig mehr, als alle paar Minuten ein oder mehrere bekannte Gesichter relativ undynamisch in den Raum zu schieben, um anschließend nichts weiter mit ihnen zu machen... von ein paar mehr oder weniger coolen Sprüchen mal abgesehen. Was hätte man aus den Auftritten einiger längst vergessener Marvek-Figuren nicht alles rausholen können, doch hier werden sie geradezu lustlos verheizt. Der einzige, der noch ein wenig Herz in dieses ansonsten reichlich blasse Spektakel einbringt, ist erwartunsgemäß Hugh Jackman bei seiner Rückkehr zu seiner Paraderolle - allerdings kann auch er erst im letzten Drittel wirklich zeigen, dass ein Film wie dieser auch Emotionen jenseits des Zwerchfells ansprechen darf. Und das kommt, wenn man bedenkt, dass "Deadpool & Wolverine" vorher keinen emotionalen Aufbau tätigte, schlichtweg zu spät und wirkt dann auch etwas aufgesetzt. Im großen Finale gibt es dann aber doch noch einige Momente, die tatsächlich zu Herzen gehen und die man so nicht mehr erwartet hat.

Fazit: Deadpools Eintritt ins MCU schwankt arg - es gibt sicherlich einige gute Lacher und es ist eine Freude, gerade Hugh Jackman als Wolverine wiederzusehen. Darüber hinaus wirkt der infantile Humor in seinem Dauergefluche aber sehr bemüht, die Actionszenen sind wenig knackig und der unfassbar dünne Plot kann diesen Baukasten aus Fanservice-Elementen niemals zusammenhalten.

Note: 4+



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