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(Etwas) mehr als bloßer Tier-Horror: Filmkritik zu "Sting"

Während einer stürmischen Nacht fliegt ein winziger Meteorit durch das Fenster eines in die Jahre gekommenen Mehrfamilien-Hauses. Aus diesem entschlüpft eine Spinne, die alsbald von der zwölfjährigen Bewohnerin Charlotte (Alyla Browne) entdeckt und in einem Reagenzglas eingefangen wird. Für Charlotte ist der achtbeinige Gefährte, den sie bald "Sting" tauft, eine willkommene Abwechslung in dem von Konflikten und finanziellen Schwierigkeiten betroffenen Familienalltag zwischen ihr, ihrer Mutter Heather (Penelope Mitchell) und deren neuem Mann Ethan (Ryan Corr), der mit allen Mitteln versucht, eine väterliche Beziehung zu Charlotte aufzubauen. Doch das merkwürdige Tier legt schon in wenigen Stunden beachtlich an Größe zu und scheint zudem einen ordentlichen Appetit zu haben. Wenig später ist das Reagenzglas plötzlich leer und innerhalb der verschiedenen Mietparteien fließt auf einmal Blut...

Ja, natürlich ist das hier ein B-Movie. Eines mit einem recht schmalen Budget und den üblichen Zutaten für einen trashigen Monsterfilm - dementsprechend bekommt man hier alles, was man von einem Werk wie diesem vorab so erwartet. Meine Erwartungen waren dementsprechend gering: Ich rechnete fest mit einem billig produzierten Ramsch, der gerade hinsichtlich seiner Spinnen-Sequenzen technisch reichlich lächerlich anmuten würde. Dabei lag ich jedoch gleich in zweifacher Hinsicht falsch, denn obwohl "Sting" gerade im späteren Verlauf deutlich unter seiner Trash-Herkunft leidet, erzählt er zum einen doch noch deutlich mehr als die Geschichte einer gefräßigen Monsterspinne... und ist zudem inszenatorisch so verspielt und clever, dass man dem Werk eine gewisse Atmosphäre kaum abschlagen kann. Diese positiven Punkte gelten jedoch vornehmlich für die erste Hälfte dieses knackigen 90-Minüters, wenn der Film erstaunlich viel Zeit für eine überraschend bewegende Familiengeschichte aufbringt und zudem darauf verzichtet, von dem monströsen Titelantagonisten mehr als nötig zu zeigen.
Das wird einerseits natürlich Budget-Gründe gehabt haben, verfehlt aber ähnlich wie in Horror-Klassikern wie "Der weiße Hai" oder "Alien" (die hier beide sehr, sehr offensichtlich durchzitiert werden) seine Wirkung nicht. Oftmals nur in Schatten oder in sehr kurzen Einstellungen zu sehen und zumindest zu Beginn noch erstaunlich gut animiert zeigt sich der achtbeinige Fiesling und sorgt dabei für einiges an krabbeliger Schauerstimmung. Auch wenn im Grunde von Anfang an klar ist, worauf die ganze Nummer hinauslaufen wird, so versorgt uns der Film mit einer gewissen Atmosphäre, wenn zum Beispiel nie ganz klar ist, ob Sting nun noch in seinem Reagenzglas sitzt oder sich gerade ganz woanders im Wohnkomplex austobt. Dabei kann Kiah Roache-Turner das schmale Budget dahingehend nutzen, indem er eine solide Kameraarbeit und eine feine Beleuchtung nutzt, um die wenigen Locations atmosphärisch dicht abzubilden. Erst gegen Ende, wenn der tierische Gegenspieler während eines ausladenden und zudem ziemlich trashigen Showdowns deutlicher zu sehen ist, wird das geringe Budget aufgrund nahezu lächerlicher Animatronik-Technik deutlich... und der Film verliert auch an atmosphärischem Gewicht, wenn er Logikfehler en masse liefert, ohne dabei die Spannungskurbel weiter drehen zu können.
In diesem teilweise recht blutigen Treiben finden sich einige Nebenfiguren, die klischeehafter kaum sein könnten und bei denen man stets weiß, wer denn der gefräßigen Spinne als nächstes ins Netz gehen wird. Umso überraschender und erfreulicher, dass zumindest die zentralen Charaktere mit einem Background ausgestattet werden, der gerade für Filme dieser Art nicht erwartet wird. Da entpuppt sich nicht nur die toughe Charlotte als ebenso sympathische wie nahbare, kindliche Heldin... auch die Familiengeschichte rund um sie herum wird mit langem Atem und einigen durchaus bewegenden Szenen kreiert. Nicht falsch verstehen, dass hier ist nicht "Boyhood", aber es ist dennoch angenehm, dass zumindest die Hauptfiguren mit ganz eigenen Konflikten ins Rennen geschickt und erstaunlich lange auserzählt werden, sodass man gerade um dieses zentrale Familiendrama und die einzelnen Figuren darin durchaus bangt. Ähnlich wie in Sachen Atmosphäre und Technik gilt aber auch hier, dass solcherlei Feinheiten spätestens während dem endlosen Showdown über Bord geworfen werden und man sich dann recht leichtfertig in der Auserzählung der diversen Familienkonflikte ergibt.

Fazit: "Sting" überrascht zu Beginn durch seine griffige Inszenierung und interessanten Hauptfiguren, bevor später doch der gesamte B-Movie-Charme mit trashigen Animatronics und wenig geistreichen Dialogen innerhalb eines arg banalen Showdowns losgetreten wird.

Note: 3-



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