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Stürmisch, aber selten packend: Filmkritik zu "Twisters"

Schon seit Kindertagen ist die Sturmjägerin Kate Cooper (Daisy Edgar-Jones) von Tornados fasziniert und hat sogar eine technische Methode zur Zerstörung der Naturgewalten entwickelt, mit welcher sie sich die Rettung von vielen Menschenleben erhofft. Nach einem traumatischen Ereignis beobachtet Kate die Stürme jedoch nur noch aus sicherer Entfernung... bis ihr alter Kollege Javi (Anthony Ramos) sie zurück ins Boot holt, um mit einer neuen Methode dreidimensionale Scans von gewaltigen Wirbelstürmen anzufertigen. Dabei machen Kate und Javi auch die Bekanntschaft mit dem selbsternannten "Tornado Wrangler" Tyler Owens (Glen Powell) und seinem Team, welches den beiden bei ihren Erkundungen immer wieder in die Quere kommt...

In der Ära der sogenannten Legacy-Sequels (Fortsetzungen zu älteren Filmklassikern, bei denen die alten Teams vor der Kamera nostalgisch reaktiviert werden) geht "Twisters" den entgegengesetzten Weg: Obwohl klar erkennbar eine Fortsetzung zu dem Katastrophen-Actioner "Twister" aus dem Jahr 1996, hält sich der Film mit Referenzen an das Original merklich zurück. Hier schauen diesmal keine alten Bekannten vorbei und auch auf die spindeldürre Handlung des ersten Teils wird sich praktisch gar nicht bezogen. Stattdessen steht "Twisters" vollkommen für sich, was ihm angesichts des kaum existenten Plots des Originals auch gut zu Gesicht steht. Die Macher rund um "Minari"-Regisseur Lee Isaac Chung wissen schließlich ganz genau, warum das Publikum eigentlich in einen Film wie diesen strömt - es geht weniger um spannende Charaktere, sondern um gewaltige Bilder windiger Zerstörungen. Dahingehend liefert "Twisters", nach anfänglichen Startschwierigkeiten, auch durchaus ansprechend ab, behält aber auch einige der Schwächen des Originals dabei, wenn es um die recht flache Dramaturgie geht.
Dabei kopiert man den ersten Film nämlich über weite Strecken recht schamlos - hüben wie drüben finden sich zwei Teams aus Tornado-Wissenschaftlern, die den Stürmen auf ihre eigene Art habhaft werden wollen und sich daher in direkter Konkurrenz zueinander befinden. Und dann wird eben, mit nur wenigen Atempausen dazwischen, immer wieder von einem Sturm zum nächsten gerast, wobei sich die gewaltigen Windhosen zwischen purer Aufregung und direkter Gefahr wiederfinden. Im Gegensatz zum Original hat man sich zumindest ein wenig bemüht, den zentralen Charakteren ein wenig mehr Fleisch auf die Knochen zu verpassen, doch so richtig zünden wollen sie trotzdem nicht. Obwohl der Cast mit viel Spielfreude agiert, was besonders für Daisy Edgar-Jones und "Top Gun"-Star Glen Powell in den Hauptrollen gilt, erfahren wir über die holzschnittartig angelegten Figuren viel zu wenig, um wirklich mit ihnen mitfiebern zu können. Da helfen auch die recht behäbig geschriebenen Dialoge wenig, die meistens aus dem Abfeuern von mauen Pointen oder aus dem Aufsagen von wissenschaftlichem Gedöns bestehen. Eine echte Chemie zwischen den Figuren findet indes nicht statt - gut, dass man dabei auf eine störende und in dieser Form wohl auch ziemlich unglaubwürdige Liebesgeschichte verzichtet hat und sich mehr auf die Power der weiblichen Hauptfigur verlässt.
Aber gut, eine oscarwürdige Geschichte hat hier wohl eh niemand erwartet und auch wenn man sich ein wenig mehr erhofft hat als eine nur ein bisschen spannendere Kopie des Plotvehikels des Vorgängers, so kann man nicht verhehlen, dass "Twisters" rein visuell ziemlich abliefert. Auch wenn sich das ständige Auftauchen eines (oder gleich mehrerer) Tornados bisweilen abzunutzen beginnt, da man Begegnungen mit diesen Naturkatastrophen auch nicht immer frisch inszenieren kann, so haben besonders die späteren Auftritte der gewaltigen Windhosen ordentlich Wumms. Mit einem hochspannenden Showdown werden wir auch für die ersten Begegnungen mit den Tornados entschädigt, die noch wenig spannend und eher wie etwas halbgare Scharmützel gegen eine wenig bedrohliche Naturgewalt daherkommen. Und natürlich zeigt "Twisters" hier auch dem Original die lange Nase, denn die visuellen Effekte geraten absolut beeindruckend und sind daher den Tricks des Vorgängers selbstverständlich meilenweit überlegen. In einer Zeit, in der viele teure Blockbuster oftmals mit matschigen Computereffekten daherkommen, ist es daher eine wohltuende Abwechslung, mal wieder einen Katastrophenfilm zu sehen, der auch visuell höchst überwältigend daherkommt.

Fazit: Gegenüber dem reichlich flachen Original bietet "Twisters" zumindest im Ansatz ein wenig mehr Plot - wenn auch dieser hier wieder überschaubar daherkommt und reichlich flache Figuren und Logikfehler bietet. Die großen Actionszenen sind dafür visuell beeindruckend inszeniert.

Note: 3



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