Als Whitney Wolfe (Lily Collins) nach Los Angeles kommt, hat sie zwar große Träume und Ziele, allerdings keinerlei Kontakte oder finanzielle Möglichkeiten, um diese umzusetzen. Der Durchbruch scheint nahe, als sie einem jungen Tech-Unternehmen unter der Leitung des gut verknüpften Sean (Ben Schnetzer) beitritt. Dort ist gerade eine neue Dating-App namens Tinder in der Mache, welche die Konkurrenz ausstechen und dabei vor allem die breite Zielgruppe der Millennials ansprechen möchte. Durch Whitneys engagiertes Vorgehen verzeichnet Tinder schon bald erste Erfolge, bis sie an der Seite von Sean und dessen Kollegen und Freund Justin (Jackson White) zur Mitgründerin der App aufsteigt. Mit steigendem Erfolg der App sieht man sich jedoch auch mit deutlichen Problemen konfrontiert, die vor allem von männlichen Nutzern herrühren... und auch Whitney selbst wird plötzlich Opfer von misogynen Machtstrukturen hinter den Türen von Tinder.
Eigentlich ist es erstaunlich, dass bisher kein richtiger Film zu der Entstehungsgeschichte von Tinder oder den später erschienenen Konkurrenz-Datingplattformen wie Bumble gemacht wurde. Nicht, weil diese Entstehungsgeschichte nun zwangsläufig hochgradig spannend wäre (was sie aber ist), sondern eher, weil diese gigantischen Namen alleine schon ein interessiertes Publikum hätten anziehen können und Background-Geschichten von großen und skandalumtriebenen, sozialen Netzwerken spätestens seit dem mehrfach oscarprämierten The Social Network äußerst beliebt sind. Dass ein solcher Film nun ebenfalls nicht in die Kinos kam, sondern direkt zu Disney's Streamingdienst abgeschoben wurde, wo er auch gleich in direkter Konkurrenz zu gleich mehreren großen Serien- und Filmprojekten läuft, erstaunt ebenfalls. Was ist also das Problem, sofern es denn eines gibt? Im Grunde hat Swiped nämlich alles, was ein aktueller Film dieses Genres braucht: Eine politische Botschaft mit deutlichem, feministischen Anstrich, der eine wichtige Kernaussage trifft und aufrüttelt; eine namhafte Hauptdarstellerin als Sympathieträgerin; und eine packende Entstehungsgeschichte rund um nicht nur eine, sondern gleich zwei Apps, welche die meisten Menschen auf dieser Welt mindestens schon mal gesehen, wenn nicht sogar hochfrequentiert selbst genutzt haben.
Letztendlich ist es vielleicht die etwas altbackene Machart des Films, die diesen nicht auf die gleichen Ebenen wie David Finchers Meisterwerk The Social Network katapultiert. Rein inszenatorisch gibt es zwar nichts auszusetzen, doch es fehlt dem Film ein wenig an Schwung, an wirklich interessanten Ideen hinsichtlich des Stils und an herausstechenden Highlights - von den eher funktional angelegten Dialogen ganz zu schweigen. Man bedient sich hier sehr ausschweifend an den altbekannten Manirismen eines Biopics, wenn knackige Szenenzusammenschnitte mehrere Monate komprimieren, das Auf und Ab einer großen Firma gezeichnet wird und große Konflikte zumeist sehr düster wiedergegeben werden. Eine recht typische Geschichte, wie aus einer umgangssprachlichen Tellerwäscherin eine Millionärin (bzw. hier natürlich Milliardärin) wurde - nur mit dem wichtigen Anstrich, dass sich hier eine Frau innerhalb einer Männerdomäne zu behaupten versucht und dabei einige wirklich grausame Erfahrungen machen muss, die aber wohl so ziemlich jede weibliche Zuschauerin sofort wird nachfühlen können.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Nach einem noch sehr lockeren und leichtfüßigen Beginn wird die Geschichte spätestens ab dem Mittelteil ziemlich düster, um im letzten Drittel einen weiteren Haken zu schlagen und noch gleich eine weitere Erfolgsgeschichte zu erzählen. Dass sich Swiped dabei dennoch wie aus einem Guss anfühlt, ist erfreulich. Allerdings müssen bei dieser Geschichte, die über mehrere Jahre verläuft, automatisch Abstriche gemacht werden, da über wichtige Momente leider doch nur recht oberflächlich berichtet werden kann und man eher den Eindruck einiger recht flott verlaufender Moment-Aufnahmen bekommt, die aber zu selten wirklich in die Tiefe gehen. Dem feministischen Thema geht der Film dafür sehr solide auf den Grund - er erzählt auch in dieser Hinsicht nichts Neues mehr, tut dies aber immerhin mit Nachdruck. Spannende Hintergrundinformationen rund um die Apps Tinder und Bumble gibt es ebenfalls, auch wenn diese selten wirklich nachhaltig sind und die meisten davon ohnehin bereits bekannt waren. Letztendlich tut der Film genau das, was er tun will und macht dies auch durchaus gut. Es hätte nur gerade inszenatorisch noch der letzte Schliff gefehlt, um ihm eine gewisse, eigene Identität zu verleihen, ihm mehr Charakter zu geben. Denn so bleibt er hinter ähnlich gearteten Produktionen zwar nicht zwingend zurück, hat aber zu wenig Herausragendes zu bieten, was abseits der erbauenden Geschichte wirklich in Erinnerung bleibt.
Fazit: Der feministische Grundton mit einigen düsteren Szenen sowie die durchaus spannenden Hintergrundinformationen rund um die fiesen Machtstrukturen bei Tinder wissen zu fesseln. Darüber hinaus bleibt Swiped inszenatorisch aber sehr blass und wirkt in vielen Entwicklungen leider deutlich zu oberflächlich.
Note: 3
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