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David gegen Goliath: Filmkritik zu "Krieg der Bestatter"

Im Jahr 1995 möchte Jeremiah O'Keefe (Tommy Lee Jones), der Inhaber eines Bestattungsunternehmens in Mississippi, einen ebenfalls auf Beerdigungen spezialisierten Großkonzern des Milliardärs Ray Loewen (Bill Camp) verklagen. Der Grund: Ein enormer Vertragsbruch, durch welchen O'Keefe beim möglichen Verkauf seines Unternehmens über den Tisch gezogen werden soll. Da Loewen in seiner Position als einflussreicher Geschäftsmann unangreifbar scheint, zieht O'Keefe den schwarzen Staranwalt Willie E. Gary (Jamie Foxx) auf seine Seite. Der interessiert sich zwar eigentlich nicht für langweilige Vertragsgeschichten, sagt jedoch zu, als er glaubt, innerhalb der Loewen Group noch deutlich größere Skandale aufdecken zu können. Um den Fall zu gewinnen, müssen sich die Teams rund um O'Keefe und Gary jedoch erst mal zusammenraufen, arbeiten beide doch mit gänzlich anderen Ansätzen...

Ein Gerichtsdrama ist stets nur so gut wie der Fall, welchen es behandelt. Das stimmt prinzipiell nur so halb, denn auch aus einem auf dem Papier noch reichlich drögen Fall kann mit einigen dramaturgischen Zuspitzungen noch etwas wirklich Spannendes gemacht werden. "The Burial" hat nun das seltsame Problem, dass der behandelte Fall zwar durchaus spannend und sogar skandalös ist, aber eine sehr lange Weile braucht, um wirklich in Schwung zu kommen. Zu Beginn liest sich die hier in Gang kommende Verhandlung nämlich tatsächlich wie das trockene Vertragsgewäsch, vor dem sich Staranwalt Gary eigentlich drücken möchte und erst mit der Zeit kommen noch so einige Überraschungen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches heraus. So richtig mag es Regisseurin Maggie Betts jedoch nicht gelingen, diese auch wirklich spannend zu gestalten, denn obwohl man es hier mit einem Fall zu tun hat, der etliche Menschen auf der Welt überraschte und schockierte, so verpackt sie diesen in das typische Justiz-Kauderwelsch. Und das auch noch reichlich überhöht, wenn Anwälte ihre Plädoyers so klingen lassen, als würden sie ihre Zuhörer auf eine große Schlacht vorbereiten, während der klischeehafte Soundtrack um sie herum dröhnt.
Wesentlich interessanter als diese so schon oft gesehenen Spiränzchen im Gerichtssaal sind da die handelnden Figuren. Zwar haben wir die Geschichte eines selbstverliebten Anwalts und eines schüchternen Klägers, die sich letztendlich anfreunden, so auch schon oft gesehen, doch das ist im Grunde nur die Kirsche auf der Torte. Willie E. Gary ist ein höchst diskutabler Charakter, der zumindest zu Beginn so wirkt, als wäre in der Position des Antagonisten eines solchen Films besser aufgehoben - arrogant, selbstverliebt, oberflächlich und eher auf Geld und Ruhm denn auf echte Gerechtigkeit schielend ist einem dieser Typ nicht unbedingt sympathisch. Wäre da nicht seine beachtenswerte Vorgeschichte, die einem letztlich einbläut, warum sich dieser Typ seine Kohle nicht nur verdient hat, sondern auch wieso er sich seine Fälle denn gut aussucht. Im Zusammenspiel mit einigen interessanten Nebenfiguren wirkt Gary nicht nur schillernd, sondern letztlich auch angenehm ambivalent und nicht wie der typische heldenhafte Anwalt. Eine Überspitzung mag in dieser Form sogar beabsichtigt sein, denn Gary bringt den Gerichtssaal mit seinen tobenden Reden schier zum Beben. Das muss mit der Realität nicht viel zu tun haben und wirkt immer wieder arg pathetisch (so wie so manche Wendungen in diesem verstrickten Fall), zeichnen aber zumindest auch einen Charakter, den man nachvollziehen kann und der durchaus bunter daherkommt als in vielen vergleichbaren Filmen.
Das ist dann natürlich die Gelegenheit für einen Top-Schauspieler wie Jamie Foxx, in dieser Rolle so richtig freizudrehen. Dabei wirkt Foxx angenehm leichtfüßig, aber zum Glück auch niemals überdreht, bewahrt sich die innere Zerrissenheit seiner Figur und sorgt somit für eine angenehme Emotionalität unter dem Deckmantel frechen Humors. Im direkten Gegensatz nimmt sich "Der Klient"-Star Tommy Lee Jones so sehr zurück, dass man ihn fast schon übersieht, was angesichts seines Charakters aber auch irgendwie passt... eine Ausnahmeperformance liefert Jones diesmal aber sicherlich auch nicht ab. Wesentlich erwähnenswerter ist da schon Bill Camp als fieser Geschäftsmann auf der gegnerischen Seite, der seinen Ray Loewen richtig schön hassenswert anlegt. Und dann wäre da auch noch Jurnee Smollett als Anwältin eben dieses Magnaten - keine sonderlich tiefgründige Rolle, welche Smollett aber mit ordentlich Feuer darbietet. Die Dialoge und Streitereien vor Gericht zwischen ihr und Foxx' buntem Anwalt gehören dabei zu den Highlights eines ansonsten manchmal etwas zähen Justiz-Streifens, dem etwas mehr Tiefe und etwas weniger Abzweigungen gut getan hätten.

Fazit: Diesem angesichts interessanten Justiz-Drama hätte etwas mehr Schwung und etwas weniger dramaturgische Überspitzungen zwar gut getan. Dafür ist der prekäre Fall aber in der zweiten Hälfte des Films ziemlich spannend und Jamie Foxx gibt eine wirklich launige, angenehm ambivalente Vorstellung ab.

Note: 3



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