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Typischer Schrecken unterm Bett: Filmkritik zu "The Boogeyman"

Erst vor wenigen Wochen hat die Teenagerin Sadie (Sophie Thatcher) ihre Mutter bei einem Autounfall verloren. Während sie ihr Trauma von sich schieben möchte, verschließt sich ihre kleine Schwester Sawyer (Vivien Lyra Blair) diesem nicht und möchte es dringlichst aufarbeiten... während der gemeinsame Vater, der Therapeut Will (Chris Messina) das Thema aufgrund seiner tiefen Trauer totschweigt. Als sich Lester Billings (David Dastmalchian), ein Patient Wills, in dessen Wohnung erhängt, beginnt ein Schrecken in der Familie einzuhalten. Lester sprach von einem gefährlichen Schatten, der ihm seine Kinder geraubt hätte... und plötzlich beginnt auch Sawyer, eine solche Kreatur in ihrem Kinderzimmer zu erblicken. Sadie möchte ihrer Schwester erst keinen Glauben schenken, beginnt nach einigen merkwürdigen Funden jedoch eine Recherche, die ihr aufzeigt, dass Sadie sich den Schatten in ihrem Zimmer womöglich nicht eingebildet hat.

Berichten über flüchtende Zuschauer*innen und den gruseligsten Film aller Zeiten muss man heutzutage vorsichtig begegnen - gefühlt jeder zweite, größere Horrorfilm wird mittlerweile damit beworben, dass das Publikum entweder vor Schreck aus dem Saal flüchtete oder sich gern auch mal ins Popcorn übergab. Auch im Vorfeld der Berichterstattung zu "The Boogeyman" gab es solche Berichte: So musste der Film nach Testvorführungen noch einmal umgeschnitten werden, da sich Zuschauer*innen während einer Szene so sehr erschrocken haben, dass sie die Dialoge, die darauf folgten, nicht mehr aufnehmen konnten. Am Ende ist "The Boogeyman", der übrigens auf einer Kurzgeschichte des Horrorautors Stephen King beruht, aber all diese Vorschusslorbeeren nicht wirklich wert. Wir sehen einen handwerklich sauber inszenierten Film mit einigen angenehm schaurigen Stellen, der jedoch zu keinem Moment originell oder besonders daherkommt. Und das ist besonders deswegen schade, da King sehr begabt darin ist, menschliche Urängste wachzurufen... ein Thema, welches auch in diesem Film dauerhaft präsent ist, aber ein wenig zu stiefmütterlich angegangen wird.
Ganz und gar nicht stiefmütterlich wird jedoch das Thema Trauerarbeit besprochen, welches das grundlegende Drama für die Hauptfiguren darstellt. Drei Personen, die aufgrund eines gemeinsamen Trauerfalls völlig verschiedene Arten und Weisen entwickeln, mit dem Verlust umzugehen oder ihn einfach zu ignorieren und sich dabei selbst schaden - das ist harter Tobak und wird von Regisseur Rob Savage auch mit feinem Fingerspitzengefühl erzählt. Die handelnden Figuren bekommen dabei nicht viel Tiefe, doch fällt es uns leicht, mit ihnen mitzufiebern, da Savage ihnen allen glaubwürdige Hintergründe und Traumata mit auf den Weg gibt. Ein perfekter Nährboden für ein fieses Horrorspektakel, denn auch schon der Clown Pennywise nährte sich in den "Es"-Filmen ja von der Angst und der Trauer seiner Opfer. Und tatsächlich gelingen Savage unter diesem Blickpunkt einige schaurige Szenen, wenn die kleine Sawyer ihrem eigenen Trauma in Form eines bösen Monsters ein Gesicht zu geben scheint. Savage spielt dabei gekonnt mit Licht und Dunkelheit, hat eine feine Soundpalette am Start, die wahrlich schauern kann und unterläuft immer wieder geschickt die Erwartungen des Publikums.
Leider kann er diese schneidende Atmosphäre nicht dauerhaft halten und ergötzt sich ungefähr nach der Halbzeit mit den üblichen Horror-Schemata. Der Film wird actiongeladener, das zuvor nur in den Schatten schemenhaft zu sehende Monster zeigt sich immer offener als mittelmäßig kreierte CGI-Geburt. Das nimmt dem Gegenspieler durchaus viel von seinem Schrecken und wird in einem sehr actionbetonten Finale endgültig zu einem durchsichtigen Monsterfilm. Schade, dass Savage der Klaviatur des feinen, kleinen Horrors letztendlich nicht mehr ganz vertrauen wollte, denn bis dahin bewegte er sich zwar auf ausgetretenen, aber durchaus stimmungsvollen Pfaden. Den Cast hat er dafür jedoch sehr gut im Griff und mit der jungen Sophie Thatcher eine Neuentdeckung im Repertoire, die man aufgrund ihrer enormen Ausstrahlung definitiv im Auge behalten sollte. Nicht ganz so gut kommen die Nebenfiguren weg, die aus den üblichen Zutaten der Marke "mysteriöse Frau" und "gemeine Schul-Bullys" bestehen - hier wäre etwas weniger Hang zum typischen Klischee schön gewesen, da man auch solche Rollen mit zeitgemäßem Background hätte ausstatten können. So positionieren sich die ambivalenter gezeichneten Hauptfiguren als starke Heldinnen, die menschlich agieren und Fehler machen.

Fazit: "The Boogeyman" ist ein solider Horrorstreifen mit einigen stimmungsvollen Szenen, einer sauberen Inszenierung und einer starken Hauptdarstellerin. Leider verlässt den Film im weiteren Verlauf der Mut und er wirft seine atmosphärische Dichte zugunsten einer actionorientierten und kaum mehr subtilen Monsterjagd über Bord.

Note: 3-



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