Bevor wir zu der Review des neuesten Ablegers des von mir in den letzten Tagen ausführlich besprochenen "Tanz der Teufel"-Franchises kommen, möchte ich noch ein paar Worte zu dessen direktem Vorgänger verlieren. Meine Kritik zu "Evil Dead" aus dem Jahr 2013 ist schließlich auch schon acht Jahre her und da ich den Film zur Vorbereitung auf "Evil Dead Rise" erneut gesehen habe, sind einige neue Gedanken zu diesem Film sicherlich nicht verkehrt. Tatsächlich gefiel er mir nun, auch mit der Erfahrung der gesamten Reihe als Hintergrund, etwas besser als zuvor. Die Handlung mag immer noch recht dünn und die Charaktere unausgearbeitet sein, doch in Sachen Inszenierung macht Regisseur Fede Alvarez so bald keiner mehr was vor - der blutige Terror in Zusammenarbeit mit dem grandiosen Soundtrack, dem packenden Sounddesign und den atmosphärischen Setdesigns versprühen durchaus Horrorstimmung, wenn auch selten wirklich gruselige. Über 90 arg brutale und flotte Minuten hält Alvarez das Tempo hoch und findet, obwohl er oft auf die Ursprungs-Trilogie anspielt, einen eigenen Stil. So richtig einordnen lässt sich der Film ins bisherige Franchise aber irgendwie nicht recht. Ein richtiges Remake ist er nicht, denn dafür ist die Handlung im Vergleich zum Original doch deutlich abgeändert. Eine Neuinterpretation wäre naheliegender, wobei einige klare Anspielungen auf die ursprüngliche Trilogie da auch nicht recht reinpassen. Aber das ist angesichts dieses Franchises sowieso immer etwas komplizierter, denn dieses änderte seine grundlegende Geschichte ja ohnehin selbst immer wieder. Der inszenatorischen Power von "Evil Dead" tut das erstmal keinen Abbruch und ich bin gespannt, wohin die Reise denn nun mit "Evil Dead Rise" gehen wird - eine Fortsetzung zum Quasi-Remake, ein Teil des gesamten Franchises oder wieder ein Reboot? Momentan scheint irgendwie alles möglich...
Die Gitarrentechnikerin Beth (Lily Sullivan) hat gerade von einer ungewollten Schwangerschaft erfahren und sucht deswegen die Hilfe ihrer frisch geschiedenen Schwester Ellie (Alyssa Sutherland). Die hat jedoch ganz eigene Probleme, soll sie doch in wenigen Wochen ihre Wohnung räumen, womit sie gemeinsam mit ihren drei Kindern auf der Straße säße. Als Beth und Ellie des Abends ihre Probleme besprechen und womöglich Lösungen finden wollen, kommt es zu einem Erdbeben... und kurz darauf bringt Ellies Sohn Danny (Morgan Davies) ein mysteriöses Buch mit, welches er in einem in der Tiefgarage entstandenen, durch das Beben offenbarten Loch gefunden hat. Als Ellie sich urplötzlich mehr als seltsam verhält, beginnt der Terror für die Familie vollends und erneut trachten grausame Dämonen danach, gewisse menschliche Körper zu übernehmen...
Die vorhergehende Fragen, wo und wie sich "Evil Dead" denn nun in das recht wirre Franchise einordnet, kann auch diese Fortsetzung nicht beantworten. Weniger ein tatsächliches Sequel als ein für sich stehender, höchstens mit bekannten Elementen um sich werfender Film lässt sich so gar nicht sagen, wie das denn nun mit den restlichen Filmen und Serien in Zusammenhang steht. Und das ist dann schon ein bisschen enttäuschend, da man sich erneut altbekannter Handlungsstränge bedienen muss, um die Dämonensause nach einer zweckmäßigen Einführung der Hauptfiguren zu starten. Die Frage, wie lange es dauert, bis das Vorlesen aus einem mysteriösen Buch, welches die Dämonen erweckt, denn langweilig wird, stellt sich hier nicht, denn der Zenit ist längst überschritten. "Evil Dead Rise" erzählt handlungstechnisch wirklich gar nichts Neues und nutzt diesen langerwarteten, abendfüllenden Film zu nicht mehr als einer erneuten Dämonenerweckung - keine zweite Ebene, keine Franchise-Verschmelzung oder auch nur irgendein neuer Plot. Mit dem einzigen Unterschied, dass diesmal das Setting der alten Waldhütte Geschichte ist und die Dämonen diesmal in einem Wohnhauskomplex wüten... und dieser wird dann erstaunlich effektiv genutzt.
Denn obwohl "Evil Dead Rise" wirklich nur das Minimum einer Geschichte liefert und somit zu einem klaren Wiederholungstäter ohne echte Veränderungen wird, ist das hier gar nicht mal so schlimm. Die Inszenierung von "The Hole in the Ground"-Regisseur Lee Cronin ist nämlich so dermaßen auf den Punkt, dass man praktisch nicht mehr zum Luftholen kommt, sobald die erste Person hier die Präsenz eines Dämons in sich spürt. Mit einem hohen Tempo, vor allem aber dem exakt richtigen Gespür für eine gnadenlose Horrorstimmung rast der Film schließlich nur so dahin und erschafft immer wieder Situationen von einer klaustrophobischen Anspannung, die sich letztlich im brutalen Mega-Terror entlädt. Die Jumpscares sitzen genau so wie die praktischen Effekte, der beengte Wohnort wird perfekt für atmosphärische Aufnahmen und hochspannende Katz- und Mausspiele genutzt. Dabei zieht Cronin die Daumenschrauben auf so gewaltige Art und Weise an, dass kein Stein auf dem anderen bleibt - ein mal wieder sehr hoher Gewaltgrad ist das Ergebnis, bei dem aber weniger die (im Vergleich zum Vorgänger leicht zurückgenommenen) Splatterszenen, sondern viel mehr die intensive Inszenierung des durchgehenden Dämonenterrors das entscheidende Salz in der Suppe sind.
Es lässt sich zwar nicht verhehlen, das irgendwann leichte Ermüdungserscheinungen einsetzen, da das Spiel mit den Dämonen keine richtig neuen Überraschungen bereithält und sich dementsprechend auf Dauer ein bisschen abnutzt. Rein inszenatorisch und in Sachen Gnadenlosigkeit gegenüber Figuren und dem Nervenkostüm des Publikums ist das aber dennoch viel besser als der Großteil der heutigen Horrorfilme und sprengt dabei so viele Grenzen, dass es ein (erfreuliches) Wunder ist, dass der Film das Licht der Kinoleinwand und auch den Release für Zuhause ungeschnitten überstanden hat. Gerade im Finale wird dabei mit literweise Kunstblut und einer besonders drastischen Szene richtig geklotzt, bis man erst beim Rollen des Abspanns erneut dazu kommt, ordentlich durchzuatmen. "Evil Dead Rise" vereint somit feinsten Horror-Terror in Verbindung mit einer gekonnten Regie, wobei man sich sowohl gruseln als auch ekeln darf. Garniert mit sehr überzeugenden Leistungen des Casts und herrlichen, praktischen Effekten, wobei nur in seltensten Szenen CGI eingesetzt werden musste. Der Film mag keine Mutprobe sein, ist aber so brutal und gnadenlos, wie es ein "Evil Dead"-Film heute nur sein kann, ohne (wieder) seine eigene Parodie zu werden. Und das dürfte Fans rund um den Erdball dann sicherlich jubeln lassen.
Fazit: Es ist sicherlich schade, dass sich das Team so faul auf der einen Grundidee ausruht, die nun schon das ganze Franchise durchzieht und dabei keine einzige, plotrelevante Neuerung parat hat. Im krassen Gegensatz dazu ist die Terror-Inszenierung aber so dermaßen gelungen und gnadenlos getaktet, dass einem Hören und Sehen vergehen kann.
Note: 3+
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