Direkt zum Hauptbereich

Total originell (meistens): Filmkritik zu Amazon's "Totally Killer"

Im Jahr 1987 ermordete der sogenannte "Sweet 16"-Killer drei junge Frauen, alle getötet durch jeweils sechzehn Messerstiche. 2023 ist die sechzehnjährige Jamie (Kiernan Shipka) vor allem durch das Trauma ihrer Mutter Pam (Julie Bowen) belastet, waren alle damaligen Opfer doch ihre Freundinnen. Nun erhält Jamie jedoch eher unfreiwillig die Chance, den Killer von damals dingfest zu machen und womöglich sogar dessen blutige Taten zu verhindern: Als dieser nämlich in der Gegenwart wieder aktiv wird, reist sie per Zeitmaschine zurück ins Jahr 1987. Dort beschließt sie sogleich, die damaligen Opfer und auch ihre nun erst sechzehnjährige Mutter (Olivia Holt) zu beschützen... wobei sie jedoch auch aufpassen muss, durch ihr Eingreifen die Zukunft nicht so arg abzuändern, dass sich am Ende gar ihr ganzes Leben auflöst.

Man merkt, dass Jason Blum als Produzent hier seine Finger im Spiel hatte - der hat zumeist ja ein sehr glückliches Händchen für originelle Horrorstoffe und liefert dementsprechend auch hier wieder ab. Ganz nach dem Motto von veritablen Hits wie "Freaky" oder den beiden "Happy Deathday"-Filmen präsentiert uns der Streamingdienst Amazon einen frischen Slasher mit einer originellen, wenn auch durchaus skurillen Grundidee - mehr lustig als gruselig, dafür aber mit einigen Überraschungen. Das Zeitreise-Element wird dabei quasi als gegeben vorausgesetzt und man sollte sich auch ja nicht den Kopf über die üblichen, das Genre betreffenden Logiklöcher machen. Was Jamie hier nun durch ihr Handeln wie verändert, ergibt nicht unbedingt einen wirklichen Sinn und da die junge Teenagerin in der Vergangenheit auch ziemlich rücksichtslos mit ihrer "Kraft" vorgeht, würde sie so das Raum-Zeit-Kontinuum wohl eher irreparabel schädigen als wirklich etwas Gutes zu tun. Aber gut, obwohl der Film sich doch recht lange mit dem Thema Zeitreisen aufhält, geht es um solcherlei "wissenschaftliche" Logik auch nicht, denn im Vordergrund steht der blutige Spaß.
Und der wird abgeliefert: Slasher-Fans freuen sich über manch einen blutigen Kill, der so auch in den "Scream"-Filmen vorkommen könnte, während Plot-Jäger mit manch einer Überraschung im weiteren Verlauf rechnen dürfen, denn wer hier nun was tut oder wer letztendlich hinter der Maske des bösen Killers steckt, ist nicht zwingend ein Mindfuck, aber immerhin gut durchdacht. Das Ganze wird mit einer netten Portion Selbstironie dargeboten, die niemals den Anschein machen, dass man das Gezeigte allzu ernst nehmen sollte. Dementsprechend verfügen die Figuren nur über wenig Tiefe, sind aber entweder sympathisch oder zumindest schrullig genug, um ihnen im Kampf mit dem mysteriösen Mörder die Daumen zu drücken. Im Humorbereich gibt es dabei eine recht solide Trefferquote, wobei der schiere Zitierwahn, wenn Jamie ihren ganzen popkulturellen Wissensschatz im Minutentakt teilt, bisweilen etwas nerven kann und zum reinen Name-Dropping verkommt. Dafür gibt es aber immerhin ein paar nette Wortwitze und auch ein paar feine, kleine Gags - nichts, was so richtige Lacher hervorruft, aber etliche Schmunzler sind mindestens drin.
Einige Längen gibt es dennoch, wobei besonders im Mittelteil, wenn die Figuren doch relativ lange (und letztlich vergeblich) herummäandern, bis denn endlich mal ein Plan besteht, um dem bösen Killer das Handwerk zu legen. Dabei zaubern die Autoren auch manchmal etwas zu faul einige Stolpersteine aus dem Hut, um es Jamie bei ihrer zentralen Mission nicht zu einfach zu machen... was oft zugunsten der Nebencharaktere geht, die hier oftmals reichlich dämlich daherkommen, um dem zuschlagenden Messer auch ja noch eine Chance zu geben. Das ist sicherlich mehr als ironisch gemeint und soll gleich auf mehreren Ebenen den im direkten Vergleich rückschrittlichen Charakter der späten 80er-Jahre persiflieren, was bisweilen aber auch etwas zu viel des Guten ist. Über solcherlei Momente spielt aber immerhin die starke Kiernan Shipka locker hinweg, die mit einer packenden Ausstrahlung, einem losen Mundwerk und einer guten Physis überzeugt. Ihre Jamie ist nämlich (passend zur heutigen Zeit) keinesfalls eine wehrlose Teenagerin, sondern weiß sich in mehreren Belangen zu verteidigen, was sie ebenso nahbar wie zu einer Identifikationsfigur macht. Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, wobei sogar noch Platz für solch prominente Namen wie Julie Bowen oder "Ant-Man"-Star Randall Park war... auch wenn diese nur enttäuschend wenig zu tun bekommen.

Fazit: Die Zeitreise-Thematik wird hier bisweilen etwas zu aggressiv eingesetzt, wenn man bedenkt, dass sich die Macher um eine innere Logik wenig scheren. Trotzdem kann man mit diesem feinen, kleinen Horrorfilm, einiger Längen zum Trotz, dank einer originellen Idee, schrulligen Figuren und überraschenden Wendungen durchaus Spaß haben.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...