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Goliath - Die erste Staffel

Früher war Billy McBride (Billy Bob Thornton) ein hervorragender Anwalt, doch nach einem krachend gescheiterten Fall sitzt er mittlerweile deutlich öfter an der Theke seiner Stammkneipe als in einem Gerichtssaal. Doch dann fliegt ihm der Fall eines Mannes zu, der sich vor zwei Jahren auf seinem Boot in die Luft gesprengt und somit freiwillig sein Leben beendet haben soll - die McBride beauftragende Schwester des Toten, Rachel Kennedy (Ever Carradine), glaubt jedoch nicht an einen Selbstmord. Als er den Fall übernimmt, zieht McBride dabei nicht nur gegen die Kanzlei in den Krieg, die ihn einst selbst herausgekantet hat, sondern auch gegen seine dort arbeitende Ex-Frau Michelle (Maria Bello) und seinen Konkurrenten Donald Cooperman (William Hurt). Doch schon bald merkt McBride, dass er in dem Fall mächtig Staub aufwirbelt und offenbar einige Menschen extrem nervös macht, denn nachdem er offensichtlich beschattet wird, dauert es nicht lange, bis es auch zu Gewaltakten in seiner Umgebung kommt...

"Goliath" lief vier Jahre lang höchst erfolgreich auf dem Streamingdienst von Amazon Prime und galt im Jahr 2016, als die erste Staffel anlief, als starkes Original. Tatsächlich ist es eine spannende Gerichtsserie, deren zentraler Fall in dieser ersten Season zumindest spannend und wendungsreich genug ist, um bei der Stange zu halten. Die Nebenfiguren sind fast durchweg charmant und immer wieder nimmt sich die Serie abseits der juristischen Fallstricke und Herausforderungen genug Zeit, um diese mit Leben zu füllen. Dabei gefällt der dynamische Mix aus Gerichts-Thriller und privaten Dramen, auch dank einer sehr stilsicheren Inszenierung, knackigen Dialogen und viel zynischem Humor. Einige Klischees, die in diesem Genre quasi begründet liegen, kauft man bei einer solchen Serie natürlich mit, sie fallen jedoch auch nicht so stark auf wie in manch anderem Film dieser Art. Zudem ist die gesamte Besetzung bis in die Nebenrollen hinweg großartig - das gilt sowohl für Billy Bob Thornton in der Hauptrolle als auch für zahlreiche bekannte Gesichter um ihn herum. Kinofans freuen sich dabei über die Beteiligung von solch großen Namen wie Maria Bello und William Hurt, während Serienfreunde hier die aus "House of Cards" bekannte Molly Parker und die beiden "Lost"-Stars Tania Raymonde und Harold Perrineau wiedersehen dürfen, wobei vor allem letzterer als knallharter Richter eine großartige Figur macht.
Es gibt jedoch auch einiges, was ein bisschen ärgerlich ist an dieser sonst sehr makellos inszenierten Serie. Da wäre zum einen das bisweilen höchst problematische Frauenbild, welches gerade kleinere, weibliche Rollen völlig indiskutabel in Schubladen steckt. Und dieses Problem hat einen Rattenschwanz, welches gleich zur Hauptfigur führt, denn dieser führt leider fast alle Klischees des alten, sich kaum an den Zeitgeist anpassenden Mannes aus. So etwas kann charmant daherkommen, wenn man es zynisch und mit polterndem Humor anfasst, hier kommt dieser Billy McBride mit seiner ziemlich bissigen und bisweilen sexistischen Scharade aber immer wieder sehr unsympathisch daher. Zwar verleiht ihm Billy Bob Thornton zwischen den Zeilen eine nahezu magnetische Aura, die ihn nahbar und auch verletzlich macht, doch auf dem Papier ist dieser Anwalt ein ziemliches Arschloch - auch und vor allem gegenüber den Menschen, die ihm eigentlich helfend beistehen. Für einen Filmanwalt mag diese Figurenzeichnung an und für sich nur folgerichtig sein, doch leider wird diese Schau zu selten gebrochen oder zumindest hinterfragt, weswegen Billy McBride als Symapthieträger und Figur, der man emotional folgen soll, kaum funktioniert.
Ein weiteres Problem gibt die Figur des Widersachers Donald Cooperman auf, der zwar von William Hurt gewohnt packend dargeboten wird, trotz viel Bildschirmzeit aber fast durchgehend wie ein sehr plakativer Comic-Bösewicht daherkommt. Da wird er fast durchgehend im Halbschatten in seinem düsteren Büro sitzend inszeniert, während er Whiskey trinkt, klassische Musik hört und in kurzen, nebulösen Sätzen spricht - es fehlt nur noch eine weiße Katze auf seinem Schoß und Cooperman könnte ebenso gut ein überzeichneter Bond-Fiesling sein. Das wirkt, gerade im Kontrast zu der bodenständigeren Geschichte, sehr cartoonesk und deplatziert. Zudem stimmt die Dramaturgie nicht immer, wenn sich in den ersten Folgen angenehm viel Zeit gelassen wird, um etliche Plots anzustoßen, die aber letztendlich nicht immer irgendwo hinführen. Gerade die finale Episode ist mit gleich mehreren Erdrutsch-Momenten völlig überladen und kommt deswegen seltsam antiklimatisch daher - was schade ist, da vorher sehr viel Zeit darauf bedacht wurde, diesen finalen Showdown an allen erdenklichen Ecken und Enden auszufechten. 

Fazit: "Goliath" ist in dieser ersten Staffel vortrefflich gespielt und inszeniert, leidet aber unter einer nicht wirklich sauberen Dramaturgie und einer diskutablen Hauptfigur, der man nicht recht folgen mag. Für Fans des Genres dürfte diese Serie dank des spannenden Plots und der spannenden Nebenfiguren aber mehr als genug Gründe anbieten, um einzuschalten.

Note: 3-



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