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Der wilde Roboter

In der Zukunft wurden hochintelligente Roboter erschaffen, die dafür da sind, um den Menschen bei allen möglichen Aufgaben zu helfen. So denkt auch der Roboter mit der Bezeichnung "Rozzum 7134", kurz Roz, dass er unbedingt jedem helfen muss... doch ist diese weibliche Form auf einer Insel gestrandet, auf der überhaupt keine Menschen, sondern ausschließlich wilde Tiere leben. Diese empfinden Roz' erste Hilfestellungen gegenüber ihren "Kunden" und schließlich ihre bemühte Anpassung an die Wildnis dann auch gleich als Gefahr und grenzen sie aus. Doch dann entdeckt Roz ein einsames Ei und entschließt sich, dieses als Aufgabe auszubrüten und das wehrlose Küken darin aufzuziehen. Unterstützt wird sie dabei von dem schlitzohrigen Fuchs Fink - ebenfalls ein Außenseiter unter den Tieren. Mit der Zeit erkennt Roz, dass es nicht immer eine echte Aufgabe braucht und entdeckt sogar echte Gefühle in sich.

Eigentlich ging "Der wilde Roboter" in diesem Jahr als echter Favorit in die Oscarverleihung und der Preis für den besten Animationsfilm war ihm quasi sicher - am Ende ging die Auszeichnung aber an die große Konkurrenz namens "Flow". Was an "Der wilde Roboter" fasziniert, ist dennoch sehr früh zu sehen. Dabei habe ich mit dem etwas eigensinnigen Animationsstil, der etwas ausgewaschen und deutlich weniger detailliert daherkommt als bei den großen Pixar-Blockbustern beispielsweise, sogar noch eine ganze Weile gefremdelt, bis sich mir sein Sinn erschloss. Viele Animationsfilme können tolle Bilder erschaffen, doch die Bildgewalt in diesem Film ist nicht nur beeindruckend, sondern schlichtweg malerisch. Durchgehend sieht der Film wie ein Kunstwerk aus, ohne dabei aber prahlerisch daherzukommen und in jedem Pixel zeigen zu wollen, wie gut er doch aussähe. Das wirkt alles auf der technischen Ebene ungemein rund und durchdacht und hat dann in den Actionszenen richtig Schwung. Hinzu kommt ein fantastischer Soundtrack von "Geistervilla"-Komponist Kris Bowers sowie eine ganze Riege prominenter Sprecher*innen in der Originalversion, darunter Lupita Nyong'o in der Titelrolle sowie Bill Nighy, Pedro Pascal und sogar "Star Wars"-Kultstar Mark Hamill.
Auf der einen Handlungsebene macht "Der wilde Roboter" erstmal einen recht simplen Eindruck. Die Geschichte um einen Roboter, der letztendlich echte Gefühle in sich entdeckt und dabei menschlicher wird als die emotionslosen, eigentlichen Menschen, haben wir in "Wall-E", wenn auch völlig anders geartet, bereits gesehen. Das macht aber nichts, da dieser Film sein ganz eigenes Herz entwickelt. Die Geschichte ist durchweg sehr rührend und spricht durchaus ernste Themen an, die auch Erwachsene zum Nachdenken bringen dürfte, gerade wenn es um Kindererziehung geht oder um die Tatsache, was mit einem passiert, wenn es plötzlich an einer Aufgabe und einem Nutzen mangelt. Gerade angesichts einiger sehr dramatischer Entwicklungen muss man sich der ein oder anderen Träne dabei wahrlich nicht schämen, da es dem Film hervorragend gelingt, einige erinnerungswürdige Figuren zu erschaffen, die richtig zu Herzen gehen. Zwar sind die zentralen Konflikte an und für sich recht vorhersehbar und werden bisweilen auch etwas simpel aufgelöst, doch das ist nicht weiter schlimm - das Herz hat der Film durchweg am rechten Fleck, was viel wichtiger ist als die nächste, große Innovation hinsichtlich der Dramaturgie.
Was der Film den Vorbildern rund um Pixar und Co. dann aber deutlich Voraus hat, ist sein ganz eigener Sinn für Humor, der vor allem in der ersten Filmhälfte immer wieder auftritt. Erwachsene werden dabei vermutlich noch ein bisschen mehr lachen als jüngere Zuschauer, wenn einige Gags auf vergleichsweise drastische Art und Weise ausgeführt, trockene Sprüche abgefeuert und sogar Todesszenen noch mit jeder Menge schwarzem Humor angereichert werden. Hier geht man sogar ein paar feine Wagnisse ein, ohne aber ätzend oder banal daherzukommen - es erinnert ein wenig an den ebenfalls reichlich frechen "Ein Königreich für ein Lama", ohne aber dessen bisweilen anstrengende, weil völlig hyperventilierende Energie zu teilen. "Der wilde Roboter" hat zwar richtig Schwung, kommt aber auch immer wieder angemessen zur Ruhe, wobei sich der freche Humor, das Herz und im letzten Drittel auch ein ordentliches Maß an Spannung und Spektakel passend die Klinke in die Hand geben. Und das ist dann letztendlich auf technischer Ebene sehr originell und handlungsmäßig durchgehend stimmig und packend genug, um richtig Spaß zu haben.

Fazit: Ein sehr herzlicher, witziger und bisweilen intelligenter Animationsfilm, der interessante Fragen stellt, dabei aber auch nicht vergisst, Spannung und Spektakel mit Sinn und Verstand zu liefern. Technisch mutig und kreativ, trotz einiger Makel, und mit tollen Figuren und einem wunderbaren Soundtrack ausgestattet, ist "Der wilde Roboter" definitiv einer der besten Animationsfilme des vergangenen Jahres.

Note: 2-



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