Im Jahr 1942 engagiert sich die junge Hilde (Liv Lisa Fries) für den Widerstand in Deutschland, beteiligt sich an illegalen Aufkleber-Aktionen und besorgt sogar ein Funkgerät, mit welchem ihre Gruppe Funksprüche nach Russland absetzen möchte. Dabei verliebt sie sich in Hans (Johannes Hegemann), einem der führenden Köpfe der Gruppe, die später auch als "Die Rote Kapelle" bekannt werden soll. Im September 1942 wird die gesamte Gruppe verhaftet und scharf verhört, weswegen ihre damaligen Vergehen ans Licht kommen. Hochschwanger wird Hilde ins Gefängnis gesteckt, wo sie unter furchtbarsten Bedingungen nicht nur ihr Kind zur Welt bringen, sondern auch ihren Mut zusammennehmen muss... für sich, ihre Freunde und ihren Sohn.
Regisseur Andreas Dresen hat sich bei der Verfilmung dieser historischen Geschichte für einen sehr interessanten, erzählerischen Ansatz entschieden. Hilde's Zeit im Gefängnis und ihre Erlebnisse vor der Verhaftung werden parallel zueinander erzählt, wobei die Gefängnisszenen chronologisch gezeigt werden, während die restlichen Szenen rückwärts angeordnet sind - ein wenig wie bei Christopher Nolans "Memento". So zeigt die erste Szene vor der Verhaftung bereits einen Moment, in denen die jungen Verschwörer bereits den Atem der sie jagenden Nazis im Nacken spüren, während erst gegen Ende jene Momente gezeigt werden, in welchen sich Hilde und Hans bei ihrem ersten Aufeinandertreffen langsam annähern. Dass dies niemals verwirrend ist, sondern auf dramaturgischer Ebene richtig gut funktioniert, ist Dresens unaufgeregter Regie zu verdanken, bei welcher wir stets genau wissen, wo wir uns gerade befinden und immer eine gewisse Orientierung behalten können. Zudem fungiert Liv Lisa Fries, die in beinahe jeder Szene zu sehen ist, durchweg als Anker.
Fries ist immer gut, wie Freunde des deutschen Films wissen, doch hier setzt sie ihrer ohnehin beeindruckenden Karriere noch mal das I-Tüpfelchen auf. Durchweg glaubwürdig, mit einer enormen Willenskraft, die aber in den passenden Momenten auch wackeln und sogar brechen darf, um ihre Figur nicht unnahbar zu gestalten, frisst der Star aus deutschen Filmen wie "Die Welle" oder "Bekenntnisse des Hopchstaplers Felix Krull" hier förmlich die Leinwand auf, ohne sich dabei aber ungünstig nach vorne zu spielen. Es sind dabei nicht bloß die schweißtreibenden Momente einer grausamen Geburt, in denen Fries schreien und schwitzen und brüllen muss, sondern vor allem die feinen, kleinen Momente, wenn sie angesichts der Grausamkeit und vor allem der menschlichen Kälte um sich herum zu verzweifeln droht. Viele Kritiker bemängelten, dass eben jene Grausamkeiten in diesem Film nicht wirklich spürbar seien, dass unter den Nazis viel mehr gewisse Menschlichkeiten erkennbar waren. Das lässt sich so nicht abwinken, doch ganz im Ernst: Auf filmischer Ebene kennen wir die Grausamkeiten des Nazi-Regimes aus unzähligen, schwer zu ertragenden Werken, sodass wir uns hier vorstellen können, was auf politischer Ebene geschieht. Dresen nimmt sich hier eines anderen Ansatzes an, der ganz und gar bei der Person Hilde Coppi bleibt und sich des großen Ganzen um Nazi-Deutschland herum verwehrt.
Das kann man durchaus kritisieren, doch gibt es gerade gegen Ende dennoch einige Momente, die in ihrer kühlen Härte wahnsinnig ins Mark treffen und die Atmosphäre einer grausamen Hoffnungslosigkeit leise und deswegen treffsicher untermalen. Weniger gut funktioniert hingegen die Liebesgeschichte, die parallel zu Hilde's Erfahrungen im Gefängnis erzählt wird, wenn der Film immer wieder in die Vergangenheit wechselt. Nicht nur kann uns der Film nie wirklich klar machen, was Hilde und Hans denn nun füreinander empfanden, auch mag zwischen Fries und ihrem Spielpartner Johannes Hegemann (obwohl beide für sich genommen grandios sind) kein Knistern aufkommen. Auch die Szenen, in denen uns gezeigt wird, wie die "Rote Kapelle" den Widerstand gegen das Nazi-Regime aufrecht erhielt, sind wenig zielführend und präsentieren eher unbedarft und beinahe kindlich, was diese Menschen getan und geopfert haben. Hier fehlte es nicht unbedingt an Feingefühl, aber an dem letzten Schliff, um die Taten dieser wichtigen Personen der deutschen Geschichte angemessen zu würdigen und ein Gespür für ihre Arbeit zu erhalten. So zerfällt "In Liebe, Eure Hilde" ein wenig in zwei nicht ganz gleichwertige Teile, ist tonal bisweilen zu uneben, ohne aber angesichts seiner starken Inszenierung und den eindrücklichen Bildern an Strahlkraft einzubüßen.
Fazit: Liv Lisa Fries ist als brillante Hauptdarstellerin ein Anker in jeder Hinsicht - emotional, darstellerisch und historisch. Obwohl der Erzählrhytmus bisweilen hapert und nicht jeder Aspekt der Geschichte genug Berücksichtigung erfährt, bewegt und belastet der Film aufgrund seiner kühlen Inszenierung und einiger markerschütternder Momente noch länger.
Note: 3+
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