Im Jahr 1893 wird der Rechtsanwalt Mahatma Gandhi (Ben Kingsley) aufgrund seiner Hautfarbe aus einem Zug geworfen, als er gerade auf einer beruflichen Reise nach Südafrika ist. Nun regt sich zum ersten Mal sein Gerechtigkeitssinn: In Südafrika leitet Gandhi eine humanistische Organisation, welche den Indern und Inderinnen in ihrem Land, welches von den Briten kontrolliert wird, die gleichen Rechte einräumen soll wie jedem anderen. Selbst durch Gewalt und Gefängnisstrafen gegen ihn lässt er sich nicht von seinem Ziel abbringen und begegnet seinen Feinden ausschließlich mit Worten und beinahe freundschaftlichen Gesten. Aufgrund seiner Taten ist Gandhi schnell die Aufmerksamkeit der Presse rund um die Welt gewiss, womit er sich viele Anhänger sichert, aber auch neue Feinde aufweckt, die gegen ihn und seine Ziele mit aller Kraft vorgehen...
Regisseur Richard Attenborough lieferte im Jahr 1982 mit diesem Film sein Meisterwerk ab - acht Oscars heimste die historische Biographie rund um Mahatma Gandhi ein, darunter den Hauptpreis. Etliche Regie- und Schauspielangebote lehnte der "Jurassic Park"-Star ab, um seinen filmischen Traum zu ermöglichen, half mit privatem Geld aus und überzeugte schließlich Kritiker und Zuschauer rund um den Erdball. Nun habe auch ich das große Historien-Drama erstmalig gesehen und war nachhaltig beeindruckt - Attenboroughs Herz für diese einmalige Produktion, die für die damalige Zeit mit einer enormen Größe Maßstäbe setzte, ist durchweg spürbar. Die Bilder haben eine Kraft, die man heute nur noch selten findet - dafür musste Attenborough bisweilen mit hunderttausenden Statisten arbeiten. Doch nur durch diese enorme Detailverliebtheit in jeder Szene, über die Kostüme, die unglaublichen Sets und die Ausstattung, ist der Film wirklich greifbar. Obwohl das Werk die scheinbar unmögliche Aufgabe hat, das Leben eines der wichtigsten Menschen unserer Geschichte in drei Stunden zu pressen, hat "Gandhi" Hand und Fuß, Herz und Hirn, Anfang und Ende. Und das ist etwas, was man heutzutage nur noch über die wenigsten Biopics sagen kann, die sich redlich mühen, ein ganzes Leben in einem Film zu komprimieren und dabei meist krachend scheitern.
Das hat natürlich auch mit dem Hauptdarsteller zu tun. Für Ben Kingsley dürfte die Rolle als Mahatma Gandhi bis heute und neben Steven Spielbergs "Schindlers Liste" die Rolle seines Lebens sein. Kingsley verleiht der historischen Figur eine tiefsinnige, ruhige Würde, die ungemein beeindruckend ist - dafür gab es zum Lohn dann auch den Oscar als bester Hauptdarsteller und Kingsley begann eine bunte Hollywood-Karriere, die als einzigartig gilt. Neben Kingsley hat der Rest des Casts dann leider deutlich weniger zu tun, denn neben seiner enormen Präsenz haben die Nebenfiguren weniger Möglichkeiten, um sich wirklich ins Gedächtnis zu spielen. Das gilt sowohl für Freunde als auch für die Feinde der Hauptfigur, denn obwohl es löblich ist, dass Attenborough zumindest versucht, allen wichtigen Menschen aus Gandhis Leben einen prägnanten Auftritt zu geben, so zeigt das Medium Film, dass es hierbei auch Grenzen gibt. So wirkt "Gandhi" niemals so sprunghaft wie viele heutige Biopics, da sich der Film deutlich auf zentrale Kernbotschaften konzentriert. Trotzdem bleibt selbst bei wuchtigen 191 Minuten nicht immer genug Zeit.
Und diese 191 Minuten spürt man bisweilen natürlich auch. Um "Gandhi" vollumfänglich zu genießen, muss man durchaus Sitzfleisch bereithalten und wer sich mit der betont ruhigen und sehr detailreichen Erzählung generell schwertut, der dürfte mit dem Film seine Probleme haben. Trotzdem funktioniert der emotionale Kern der Geschichte, der auch aus heutiger Sicht noch sehr aktuell ist - Fremdenhass, Rassismus, Gerechtigkeit und Revolution sind Themen, die uns in unserer heutigen Geschichte weiterhin begleiten, weswegen "Gandhi" auch über seine filmische Größe hinaus weiterhin ein sehr wichtiger Film ist. Dabei kann man, da sich Attenborough sehr akribisch an die wahren Geschehnisse aus dem Leben Gandhis hält, auch noch einiges lernen - so habe ich bestimmte Einzelheiten aus seinem Werdegang bisher so nicht gekannt. Dass der Film bei den Oscars letztendlich einen solchen Lauf hinlegte und dabei sogar heutige Klassiker wie "E.T. - Der Außerirdische" oder den damals ohnehin schändlich übergangenen "Blade Runner" ausstach, ist kein Wunder: "Gandhi" ist opulentes Kino, welches bewegt und packt, auch heute noch.
Fazit: "Gandhi" ist großartiges Historienkino, getragen von einem fabelhaften Hauptdarsteller und mit einer Regie, der man das Herz an diesem Großprojekt jederzeit anmerkt. Einer beachtlichen Lauflänge zum Trotz weiß die Geschichte durchweg zu bewegen und ist auch heute noch sehr aktuell und wichtig.
Note: 2-
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