Im Jahr 2017 wird Reality Winner (Emilia Jones) verhaftet, da sie innerhalb ihrer Arbeit für die NSA Regierungsdokumente, die sich mit einem möglichen russischen Hackerangriff auf die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahl 2016 befassten, ausgedruckt und geleakt haben soll. Zuvor war Reality eine junge Frau mit starken Überzeugungen: Nach den Anschlägen auf die Zwillingstürme des World Trade Centers wetterte sie gegen den Irakkrieg. Sie trat der Airforce bei, um Menschen zu beschützen, bis sie bemerkte, dass sie durch ihre Arbeit aber vor allem Menschen in Gefahr brachte und sogar ihr Leben nahm. Doch die wahren Ziele, die sie hatte, scheinen irgendwann unerreichbar, sodass ihr Lebensweg sie zu dieser schwerwiegenden Tat führen musste...
Dies ist nicht die erste Verfilmung, die sich mit der Person Reality Winner auseinandersetzt. Schon im Jahr 2023 verkörperte Shooting-Star Sydney Sweeney die Whisteblowerin, wobei sich der Film "Reality" aber im Grunde ausschließlich mit ihrer (in dieser Form minutiös inszenierten) Verhaftung beschäftigte - ein hochgradig packendes Stück Spannungskino. "Winner" versucht die berühmt gewordene Hauptfigur nun wesentlich besser aufzudröseln, weswegen dieser Film ganz klar ihre Lebensgeschichte auf Zelluloid bannt und dabei zu erzählen versucht, wie aus der jungen Frau überhaupt die Person werden konnte, die eine der schwersten, letztendlich aber auch wichtigsten Straftaten beging. Dabei begeht der Film nicht den Fehler, Reality Winner als unkaputtbare Heldin zu inszenieren: Ihre Überzeugungen sind mehr als ehrenwert, ihr Moralkodex beeindruckend, doch hinter der Fassade einer politischen Aktivistin gibt es immer wieder auch soziale Ausfälle zu bewundern, die aufzeigen, dass diese Reality alles andere als ein einfacher Mensch gewesen ist.
Emilia Jones, die hierzulande vor allem durch ihre Beteiligung an der Netflix-Serie "Locke & Key" sowie dem oscarprämierten Drama "Coda" bekannt wurde, verleiht Reality Jones ein mehr als überzeugendes Gesicht. Die Mischung aus latenter Egomanie und Überheblichkeit sowie einer echten Überzeugung, Menschen zu helfen und das Richtige zu tun, werden von Jones mehr als passend übertragen, sodass es einfach ist, ihr durch den Film zu folgen. Auch ihre bisweilen sarkastischen und aufrüttelnden Off-Kommentare dienen dazu, angesichts dieser unglaublichen Geschichte nicht nur zu staunen und schockiert zu sein, sondern auch mal zu lachen... auch wenn einem das Lachen mehr als einmal im Halse stecken bleibt. Auch der Rest des Casts ist gut gewählt, wobei sich bekannte Gesichter wie Zach Galifianakis und Connie Britton als Reality's Eltern sowie Kathryn Newton als ihre Schwester die Klinke in die Hand geben. Gerade Newton bekommt im Gegensatz aber deutlich weniger zu tun, was den etwas unbeteiligt im Raum schwebenden Nebenplot um sie und ihren neuen Ehemann zu einem der Schwachpunkte eines ansonsten sehr flott und stilsicher erzählten Dramas werden lässt.
Wobei man natürlich auch die letzte halbe Stunde erwähnen muss, denn da der vorhergehende Film "Reality" zwei Jahre früher da war, sind einem diese Entwicklungen zu Großteilen nun schon bekannt. "Winner" ist also wesentlich interessanter, emotionaler und packender, wenn er die (zumindest für mich) bislang unbekannte Lebensgeschichte der jungen Frau erzählen darf, bevor sie quasi über Nacht ins Rampenlicht trat. Hier kann man tatsächlich noch einiges lernen über eine beeindruckende Person, die sich durchs Leben kämpfen musste und sowohl mit sich selbst als auch mit der Gesellschaft einige herbe Kriege ausgefochten hat. Ob es sich dabei um Beziehungen, die Arbeit und die eigenen Träume handelt - "Winner" verpackt all diese Handlungen, die sich um das Leben der späteren Whisteblowerin drehen, zu einem stimmigen Gesamtpaket. Gegen Ende verfliegt diese Begeisterung natürlich ein wenig, da wir dort angesichts der bekannten Geschichte kaum noch überrascht werden können und man manch einen Deja-Vu-Moment erlebt. Wer "Reality" aber beispielsweise aber noch nicht gesehen hat und durch diesen Film vielleicht sogar zum allerersten Mal wirklich in Kontakt mit der Geschichte von Reality Winner kommt, dürfte auch bis zum Ende noch ordentlich mitzittern.
Fazit: Packendes Biopic, welches gleichermaßen leichtfüßig wie eindringlich die Geschichte der berühmten Whisteblowerin Reality Winner auf den Punkt bringt. Selbst wer die Geschichte bereits kennt, dürfte angesichts der starken Leistung von Hauptdarstellerin Emilia Jones durchweg unterhalten sein.
Note: 3+
Kommentare
Kommentar veröffentlichen