USA, 1920: Die auf dem Gebiet der Osage Nation lebenden, indigenen Völker sind auf Öl gestoßen und gelangen so rasch zu enormem Reichtum. Überall versuchen weiße Männer, die Gunst der indigenen Frauen zu gewinnen, um sich finanziell abzusichern. Der einflussreiche Rancher William Hale (Robert De Niro) versucht, seinen Neffen Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio) mit der bislang noch alleinstehenden Osage Mollie (Lily Gladstone) zu vereinen. Mit der Zeit beginnen mehrere indigene Frauen überraschend früh zu sterben, scheinbar durch Krankheiten, Suizide oder Unfälle. Erst glaubt man an Zufälle, durch die sich die weißen Witwer einiges an Geld in die Taschen stecken können. Doch alsbald ermittelt auch das FBI bei den merkwürdigen Todesfällen und es wird festgestellt, dass einige Todesfälle sicherlich nicht so harmlos waren, wie zuvor vermutet...
Martin Scorsese ist einer der letzten großen Regisseure in Hollywood, die aufgrund ihres Namens, ihres Rangs und ihrer schier unkaputtbaren Vita eine Card Blanche besitzen. So konnte es sich ein Scorsese sogar leisten, seinen "The Irishman" vor fünf Jahren dreieinhalb Stunden laufen zu lassen, obwohl sich mehrere Studios davor gesträubt hatten - Netflix sei Dank, denn die nahmen das damals neueste Werk des Regie-Veteranen natürlich mit Kusshand in ihr Portfolio auf. Und diese Spur fuhr Scorsese danach noch deutlich krasser weiter, indem er sich mit dem Streamingdienst von Apple vereinigte, erneut ein dreieinhalbstündiges Mammutwerk ablieferte und dieses rein thematisch noch deutlich weniger am Publikumsmainstream anbiedern ließ. Der Erfolg war weiterhin groß, es hagelte etliche Oscarnominierungen (wenn auch letztendlich keine Gewinne) und die Kritiker waren erneut mehr als begeistert. Ich jedoch nicht mehr, denn sein Epos "Killers of the Flower Moon" mag wie gehabt brillant inszeniert, gespielt und musikalisch untermalt sein, leistet sich darüber hinaus aber dramaturgisch ganz erhebliche Schnitzer.
Der eine ist die Lauflänge, die bei einer ohnehin reichlich trocken und faktisch erzählten Geschichte viel zu viel des Guten ist. Man hat das Gefühl, dass der Film erst nach ungefähr zwei Stunden überhaupt ein wenig in Schwung kommt, während man vorher fast durchweg unsympathischen und unnahbaren Figuren dabei zusehen musste, wie sie ihre reichlich düsteren Pläne schmieden. Dass man über drei Stunden hinweg einer Hauptfigur folgen muss, die in höchstem Maße antimoralisch und richtiggehend widerlich daherkommt, ohne diese Negativität durch irgendeinen fiesen Charme auszugleichen, kommt fast einem Todesurteil gleich. Noch dazu spielt "Aviator"-Star Leonardo DiCaprio in diesem Werk völlig am Verstand vorbei, lässt seinen Ernest Burkhart wild grimassieren und grölen - keine wirklich glaubwürdige Vorstellung. Die einzige echte Sympathieträgerin darf hier Lily Gladstone darstellen, die aber über einen Großteil der Laufzeit nur sehr passiv agiert und deswegen auch nicht so recht als Heldin der Geschichte taugen mag.
Man kann Scorsese aber natürlich dahingehend loben, dass er sich hier einer bislang kaum erzählten und auf dem Papier durchaus packenden, wahren Geschichte angenommen hat - und ohne die Macht der Streamingdienste hätte er diese in solch einer ausladenden Form wahrscheinlich gar nicht erzählen dürfen. Es ist dennoch so viel, dass sich "Killers of the Flower Moon" in Serienform, um die verschiedenen Figuren besser auszuarbeiten und historische Hintergründe packender auszuarbeiten, stärker geschlagen hätte. Denn so ist der Film zwar vollgepackt, aber dennoch langatmig - entschleunigt erzählt und hat dennoch nicht genug Zeit, um allem und jedem gerecht zu werden. Dementsprechend verpufft auch das Finale recht wirkungslos und sogar die einzelnen, brutalen Ausschläge (ein Markenzeichen von Scorsese) wirken arg bemüht. So bleibt festzuhalten, dass Scorsese offensichtlich mit dem ganzen Herzen an dieser Geschichte hing, dabei aber vergessen hat, sie auch seinem Publikum angemessen greifbar zu machen. Bis zu diesem Punkt ist "Killers of the Flower Moon" jedenfalls sein schwächstes, weil viel zu vollgepacktes Werk.
Fazit: Trotz inszenatorischer und darstellerischer Klasse erreicht "Killers of the Flower Moon" aufgrund seiner trägen Erzählweise, den unnahbaren Figuren und der überbordenden Lauflänge bei einer trocken vorgetragenen Geschichte nie die Klasse vorheriger Scorsese-Meisterwerke.
Note: 4
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