Direkt zum Hauptbereich

Nur noch ein kleiner Gefallen

Stephanie Smothers (Anna Kendrick) hat ihren eigenen, aufgelösten Kriminalfall rund um die Betrügerin und Mörderin Emily Nelson (Blake Lively) erfolgreich ausschlachten können - ein Buchvertrag und der Durchbruch mit ihrem Vlog waren die Folge. Nun taucht Emily jedoch plötzlich wieder auf und lädt Stephanie zu ihrer Hochzeit nach Capri ein. Stephanie riecht natürlich eine Falle, lässt sich aufgrund offensichtlicher Persönlichkeitsrecht-Drohungen jedoch darauf ein, nach Italien zu reisen... auch mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass dabei womöglich sogar eine Fortsetzung ihres Buches herausspringen könnte. Unter der Hochzeitsgesellschaft herrscht dann eine ziemlich angespannte Stimmung, als herauskommt, dass Emily in eine gefährliche Mafiosi-Familie einheiraten wird. Und als einer der Gäste tot aufgefunden wird, ist der Wirbel perfekt...

Für die Fortsetzung des im Jahr 2018 ziemlich erfolgreichen "Nur ein kleiner Gefallen" hat sich im Grunde das gesamte Team des Erstlings wieder versammelt. So kehrte nicht nur praktisch das komplette Ensemble (inklusive zahlreicher Nebendarsteller) wieder zurück, sondern auch Regisseur Paul Feig. Und auch wenn im Grunde niemand auf das Sequel zu einem Film, der ausgerechnet auf der Zielgeraden mit seinen banalen Auflösungen völlig überdrehte und somit einen zuvor recht spannenden Krimi torpedierte, gewartet hat, fängt das Ganze gar nicht mal so übel an. Mit einem angenehm langsamen Tempo, bei dem sich die einzelnen Mysterien dieses neuen Plots in aller Ruhe entfalten können, werden wir hineingeschubst in diese neue Sause, bei der zwar schon früh eine gewisse (und bekannte) Überkonstruierung diverser Tatsachen auffällt, die aber zumindest bei der Stange hält. Denn gerade das große Geheimnis um das neue Ziel der fiesen Emily weiß hier durchweg zu packen... und dann sind da auch noch zahlreiche neue Nebenfiguren, die alle irgendwie ihre eigene dunkle Seite mit sich herumschleppen. Dass das Ganze dann noch in einem Mord gipfelt, bei dem niemand weiß, wer das nun wieso getan hat, ist da fast schon zu klischeehaft.
Spaß macht die ganze Nummer aber durchaus, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Regisseur Paul Feig nutzt die feine, bisweilen gemeine Atmosphäre klug aus, um die Figuren biestig aufeinander loszulassen und bietet dabei einige richtig starke Wortgefechte aus, die nur manchmal humoristisch etwas fehlgeleitet und überkandidelt daherkommen. Doch nach rund einer Stunde und einer schockierenden Wendung ist die Luft dann leider sehr schnell raus: Plötzlich wandelt sich auch "Nur noch ein kleiner Gefallen" in einen Krimi, der angesichts seiner diffusen Wendungen und Wirrungen nur noch marginal mit der Glaubwürdigkeit kokettiert und deutlich mehr in den Komödienbereich driftet als es noch der Vorgänger tat. Plötzlich laufen die bösen Buben mit Wahrheitsserum auf, es werden ständig Pistolen gezückt und vermeintlich Tote stehen aus ihren Gräbern wieder auf - solcherlei Blödsinn hätte man in einem albernen "Rush Hour"-Film noch abgenickt, doch hier kommt diese überzeichnete Krimi-Geschichte dann doch arg dumm daher. Einige Kritiker sprechen dabei wie gehabt davon, dass das Drehbuch eben viel zu konstruiert sei, doch das greift nicht tief genug: Der Plot des Films ist nämlich einfach nur kompletter Schwachsinn und leistet sich innerhalb seiner zahlreichen Auflösung auch noch ungemein viele Löcher, die selbst beim geringsten Nachdenken offensichtlich werden. Und das ist für einen Krimi (selbst für einen der albernen Sorte) ein schlechtes Zeichen.
Den Cast hat dieses lasche Drehbuchgepinsel, zu welchem "Nur noch ein kleiner Gefallen" nach einer stimmigen ersten Stunde verkommt, aber offensichtlich nicht abgeschreckt. Anna Kendrick und "Cafe Society"-Star Blake Lively haben wieder jede Menge Spaß und zeigen auch dann noch eine sehr stimmige Chemie miteinander, wenn das Drehbuch ihnen eigentlich nur noch Unsinn gibt, mit welchem sie arbeiten sollen. Kendrick's Charakter ist zwar im Grunde nur noch für alberne Oneliner gut und besitzt daher nicht mehr den Ansatz von Tiefe wie im ersten Film, aber immerhin landen ihre Sprüche zumeist. Noch besser zieht sich aber mit "Last Christmas"-Star Henry Golding ein weiterer Rückkehrer aus der Affäre, der mit seinen zotigen Wutreden den Vogel abschießt und dies im genau richtigen Rahmen tut. Neben den namhaften Schauspieler*innen gibt es aber noch einen weiteren Star und dieser hört auf den Namen Italien. Tatsächlich wurde der Film an den echten, europäischen Schauplätzen gedreht und die fantastischen Bilder der malerischen Inseln versprühen echtes Urlaubsfeeling. Paul Feig wälzt sich förmlich in den ebenso kitschigen wie atemberaubenden Bildern des Urlaubs-Grüns und des klaren Meereswassers. Das kann dann schon mal über das arg zerfaserte Drehbuch hinweghelfen.

Fazit: Nicht mehr nur noch konstruierter, sondern ein ganzes Stück alberner und hirnrissiger kommt diese verzichtbare Fortsetzung daher. Obwohl der Film in der ersten Hälfte einige spannende Mysterien aufbaut und die wunderschönen Urlaubsbilder eine schöne Atmosphäre versprühen, bricht das Drehbuch später so extrem ein, dass ständiges Kopfschütteln angesichts dieses Plots vorprogrammiert ist.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...