Die beiden jungen Missionarsschwestern Barnes (Sophie Thatcher) und Paxton (Chloe East) reisen mit ihren Fahrrädern von Tür zu Tür, um die dortigen Einwohner zu einem Gespräch über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu überreden. Von viel Erfolg ist ihr Vorhaben normalerweise nicht geprägt, die meisten Menschen weisen sie ab. Doch dann klopfen sie an die Tür des ungemein höflichen Mr. Reed (Hugh Grant), der sogleich sehr interessiert auf das Gesprächsangebot reagiert und die beiden jungen Frauen herein bittet. Schon früh merken die beiden Frauen jedoch, dass hier etwas nicht stimmen kann und dass es Reed weniger um das Erlangen von Informationen als viel mehr um eine schier aggressive Diskussion geht. Womöglich möchte Reed sie sogar gar nicht mehr gehen lassen, bevor sie sich nicht dazu bekannt haben, seinen ganz eigenen Meinungen und Theorien beizupflichten...
Hugh Grant scheint mehr als froh darüber zu sein, dass er mittlerweile längst nicht mehr (oder gar überhaupt nicht mehr) in seinen typischen Romantic Comedy's zuhause ist. Nun spielt er hier natürlich nicht zum ersten Mal einen Bösewicht, aber zumindest erstmalig einen wirklichen Tyrannen. So war er in dem kunterbunten Fantasy-Spaß "Dungeons & Dragons - Ehre unter Dieben" zwar auch schon als Antagonist unterwegs, doch war sein schleimiger Fiesling darin eher drollig als furchterregend. Hier darf man vor Grant aber erstmalig richtig Angst haben... was Grant einen Heidenspaß zu machen scheint. Immer wieder fällt seine freundliche Maske plötzlich in ein finsteres, wortloses Starren herab, zeigen sich seltsame Brüche in seiner vorgeschobenen Höflichkeit. Sein Mr. Reed ist ein hochintelligenter, manipulativer Bösewicht, wie es im Buche steht und damit eine ebenso faszinierende wie spannende Figur. Ihm gegenüber stehen mit Sophie Thatcher und Chloe East zudem zwei Sympathieträgerinnen, die ihre Sache ebenfalls ganz hervorragend machen und dafür sorgen, dass das hier im Fokus stehende Psycho-Duell niemals zu einseitig ausfällt.
Und gerade in seiner ersten Hälfte ist "Heretic" genau das: Ein Psycho-Duell mit drei teilnehmenden Personen, welches sich erst einmal weitestgehend über Dialoge abspielt. Dialoge, die ziemlich gewitzt geschrieben sind und dabei auch nicht einer gewissen Nachdenklichkeit entbehren, wenn es um Themen wie verschiedene Religionen und was der Glaube denn aus Menschen macht, geht. Hugh Grant's lange Monologe, in denen er diesen Themen dann auch gerne mal musische Kunst oder sogar Brettspiele entgegenstellt, sind launig und interessant, neigen jedoch gerade im Mittelteil auch zu einer gewissen Ermüdung, wenn sie sich etwas arg im Kreise drehen. Der komprimierte Handlungsspielort ist gut gewählt, doch wird sich bisweilen etwas zu lange in den gleichen Räumlichkeiten aufgehalten, ohne dass diesen im Nachhinein noch wirklich spannende, inszenatorische Reize entlockt werden können. Hier spielt "Heretic" zwar mit seinem provokativen Äußerungen, wird aber auch ein Opfer seiner etwas zu gut gemeinten Länge.
Später unternimmt der Film dann, natürlich passend zu seinem Thriller-Genre, noch einige Wendungen, die man so wirklich nicht mal ansatzweise kommen sieht. An denen werden sich die Geister dann auch scheiden, denn wo manch ein Hakenschlag noch clever und wahnsinnig überraschend daherkommt, wirken andere eher plump. "Heretic" droht dabei, in eine gewisse Polemik zu verfallen und besonders die allerletzte Szene liefert da noch einiges an Diskussionsbedarf - die innere Logik hält in mehreren Bereichen der Story einfach nicht ganz stand. Das ist dann schon ein bisschen enttäuschend und angesichts des sonst so tiefgründig erforschten Themas, dem man sich mit viel Diabolik nähert, auch nicht mutig und radikal genug. Die Spannungskurve können die Macher dabei aber trotzdem ziemlich gut am Laufen halten, wenn sich in regelmäßigen Abständen neue Informationen und Blickwinkel auf das gesamte Treiben des mysteriösen Mr. Reed ergeben oder einzelne Suspense-Szenen das Adrenalin antreiben. Hin und wieder wird es dann nur leider zu absurd und auch mal etwas klischeehaft - solcherlei Brimborium hätte der ansonsten sehr ruhig und deswegen so atmosphärisch dicht inszenierte Schauer-Thriller nicht unbedingt nötig gehabt.
Fazit: "Heretic" ist vor allem eine herrlich-fiese One-Man-Show von Hugh Grant, der sich hier mit den ebenfalls sehr überzeugenden Thatcher und East ein packendes Psycho-Duell liefert. Später rutscht der Film aber in seiner leicht floskelhaften Polemik und einigen absurden Ideen, welche die innere Logik des Plots stören, immer mehr in langwierige Horror-Klischees ab.
Note: 3-
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