Er versucht das Unmögliche und die Hürden, die sich vor ihm auftürmen, scheinen unüberwindlich: Carmy (Jeremy Allen White) hat "The Beef" geschlossen und möchte in einigen Wochen sein neues Restaurant "The Bear" eröffnen - eine Finanzhilfe hat ihm sein verstorbener Bruder quasi nach seinem Tod noch mitgegeben. Das reicht jedoch hinten und vorne nicht, weswegen er seinen Onkel James (Oliver Platt), dem er bereits runde 300.000 Dollar schuldet, erneut um Geld bitten muss. Zudem muss er mehrere Servicekräfte anstellen und etliche Genehmigungen einholen, wobei besonders der Brandschutz ein Dorn im Auge ist. Zu alldem kommt hinzu, dass der Laden noch nicht geöffnet hat und dementsprechend noch keinen Gewinn machen kann... alles hängt also davon ab, dass "The Bear" nicht nur seine Türen öffnen darf, sondern anschließend auch genügend Gäste kommen. Sein Kumpel Richie (Ebon Moss-Bachrach) und die trotz aller Konflikte zurückgekehrte Sydney (Ayo Edebiri) stehen ihm mit Rat und Tat zur Seite, doch auch sie können kaum verhindern, dass die Schwierigkeiten rund um das neue Restaurant kaum zu bewältigen sind.
"The Bear" bleibt sich in der zweiten Staffel treu und liefert im Grunde alles, was Fans schon an der ersten Season liebten. So sind alle bekannten Figuren wieder mit dabei, damit man sich erneut an den schauspielerischen Glanzleistungen von Jeremy Allen White, Ayo Edebiri und Co. ergötzen kann. Die meistens durch extrem nahe Close Ups höchst geforderten Schauspieler machen ihre Sache auch in der zweiten Runde durchweg hervorragend und einzelne Episoden, die sich diversen Figuren besonders nähern, verleihen eben jenen noch mehr Tiefe. Das Ensemble wird zudem von einigen prominenten Gesichtern aufgestockt, die nach den hervorragenden Kritiken zur ersten Staffel angelockt werden konnten. Neben den ebenfalls wieder auftauchenden Oliver Platt und "Daredevil"-Star Jon Bernthal sind so zudem gleich zwei hochdekorierte Oscarpreisträgerinnen in Neben- und Gastauftritten mit von der Partie. Das Herzstück bleiben jedoch die bekannten Figuren, die hier allesamt wieder echte Ecken und Kanten offenbaren und niemals dazu gezwungen werden, supersympathisch sein zu müssen. Stattdessen dürfen sie auch fluchen, sich vertun, Fehler machen und großkotzig werden, was sie nur noch nahbarer und menschlicher macht.
Die dramaturgische Fallhöhe ist in dieser zweiten Staffel zudem noch höher, geht es bei den meisten Figuren diesmal doch um alles: Eine Verhinderung der Öffnung des Restaurants würde für die meisten Figuren den Ruin bedeuten. Dementsprechend fiebert man mit der generellen Ausgangssituation noch mehr mit. Zudem halten auch die befürchteten Liebesgeschichten ein, die jedoch (passend zum restlichen Ton der Serie) sehr glaubhaft und ohne Kitschmomente erzählt werden, stattdessen eher noch für einige spannende, menschliche Konflikte sorgen. Erst gegen Ende fährt man dabei in einem Finale, welches zwar durchweg packend, aber auch nicht so emotional herausragend ist, wie man es hätte erwarten dürfen, ein paar etwas halbgare Klischees auf, um doch noch ein paar größere Konflikte auf den Tisch zu bringen, die in der kommenden dritten Staffel dann Relevanz haben dürften. Das sind aber nur kleinere Schönheitsfehler in einer ansonsten mal wieder makellosen Inszenierung, bei der neben dem großartigen Schnitt und der flügellosen Kamera vor allem auf die Punkt gedachte Song- und Musikauswahl begeistert.
Einige etwas herbere Schnitzer leistet sich die zweite Staffel dann aber doch, sodass sie, obwohl sie in vielen Bereichen der ersten Season überlegen ist, letztendlich doch gleichrangig betrachtet werden kann und deswegen von mir mit der gleichen Note bedacht wird. So sind die Folgen im Schnitt etwas länger ausgefallen, was man der manchmal nicht mehr ganz so smoothen Dynamik in einigen Momenten anmerkt - das führt gerade im Mittelteil der Staffel doch zu ein paar Längen. Zudem hat man es mit einer sehr speziellen Episode in der Staffelmitte doch etwas zu gut gemeint, denn eine sehr ausladende Folge, die sich einzig und allein auf einen Rückblick von Carmys Familie fokussiert, ist auf Dauer doch zu anstrengend und zu breit erzählt. Da helfen dann auch viele prominente Gaststars nicht, die diese wilde, die generelle Dynamik aber völlig zertretende Episode auffangen sollten. Dass die Staffel insgesamt auch zwei Folgen mehr bekommen hat, spürt man ein bisschen - sie führt sich nicht mehr ganz so kurzweilig und auf den Punkt durchgetaktet an. Dafür gibt es daneben aber immer wieder einige ganz großartige Highlights, die schon jetzt zu den besten und intensivsten, auch bewegendsten Momenten der gesamten Serie gehören dürften.
Fazit: In seinen besten Momenten ist die zweite Staffel der ersten dank knackiger Charakterszenen und enormer Fallhöhen deutlich überlegen. Dazwischen gibt es jedoch immer wieder Leerlauf und einige etwas zu gewagte Ausfälle, weswegen am Ende beide Seasons ungefähr gleichauf rangieren... was natürlich nichts Schlechtes, sondern immer noch sehr lecker ist.
Note: 3+
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