Direkt zum Hauptbereich

Longing (2024)

Als der erfolgreiche Geschäftsmann Daniel Bloch (Richard Gere) nach mehr als zwanzig Jahren seine Ex-Freundin Rachel (Suzanne Clement) wiedertrifft, muss er aus dem Nichts eine schockierende Information verarbeiten. Er erfährt an diesem Tag, dass er einen Sohn hat... und dass dieser vor zwei Wochen während eines Unfalls ums Leben gekommen ist. Für Daniel lässt sich sein reguläres Leben so nicht mehr weiterführen, weswegen er sich bei Freunden und Bekannten seines Sohnes umhört, um so mehr von ihm und seinem Leben zu erfahren. Dabei bringt er jedoch nicht nur positive Seiten seines verstorbenen Kindes ans Tageslicht, wie unter anderem die Obsession zu seiner Lehrerin Alice (Diane Kruger) deutlich aufzeigt...

Dieser Film ist das englischsprachige Remake des israelischen Werkes "Ga'agua" aus dem Jahr 2017. Dafür kehrte der damalige Regisseur Savi Gavison zurück und beaufsichtigte die Aadaption seines Werks selbst auf dem Regiestuhl und auch als Drehbuchautor. Über die Notwendigkeit solcher Neuverfilmungen wird immer noch emotional gestritten und generell stehe ich diesen auch skeptisch gegenüber - besonders bei noch jungen, dramatischen Stoffen, die von einem solchen Remake eigentlich keine wirklichen Verbesserungen erwarten können. Doch die amerikanischen Zuschauer sehen Filme nicht nur lieber in ihrer eigenen Sprache, sondern gucken auch lieber den ihnen bekannten Stars dabei zu, wie sie diese mit Leben füllen. Da ich das israelische Original nicht gesehen habe, kann ich hier keinen Vergleich zwischen den beiden Werken ziehen und "Longing" ausschließlich als für sich stehenden Film bewerten. Und als dieser bietet der Film zwar eine packende Ausgangssituation, aus der gerade in Details letztendlich aber zu wenig gemacht wird.
Das spannende an der Situation ist nämlich, dass ein jeder die Verwirrung und die Trauer des plötzlichen Vaters nachvollziehen kann, sein Sohn aber wahrlich kein Engel war. Das sorgt für einige Konflikte zwischen den durchweg interessant geschriebenen Figuren, wobei diese sich auf intensive Art und Weise aneinander reiben können. Auch die Figur des Daniel Bloch ist dabei kein unbeschriebenes Blatt und seine Art, mit den neuen Informationen bezüglich seines Sohnes umzugehen, ist psychisch ambivalent dargestellt und entbehrt nicht einer gewissen Spannung. Leider wird aus den einzelnen Konflikten und vor allem manch einem heißen Eisen, welches man hier anfasst, zu wenig gemacht. So wird der Plot rund um eine Lehrerin von Daniels Sohn zwar bis auf eine gewisse, emotionale Spitze getrieben, dann jedoch wieder achtlos fallengelassen. Auch andere Nebenfiguren sorgen zwar immer wiede für neuen Schwung, werden anschließend aber vergessen oder zumindest so lange aus dem Film entfernt, bis sich der emotionale Höhepunkt um sie später nicht mehr richtig entladen mag.
"Longing" stellt unbequeme Fragen und setzt uns auch allerlei unbequeme oder zumindest diskussionswürdige Figuren vor, die mit einer absoluten Ausnahmesituation um sie herum (die sich zudem für alle äußerst unterschiedlich anfühlt) umgehen müssen. Schade, dass daraus am Ende kein Drama geworden ist, welches das Publikum noch mehr fordert, denn vieles wird uns doch noch viel zu arg die Kehle hinuntergedrückt. An den schauspielerischen Leistungen lässt sich hingegen nichts aussetzen: Richard Gere gibt eine angenehm-nuancierte Performance, welche seinen ohnehin sehr komplexen Charakter als unruhigen Pol herumwandern lässt. Auch "Aus dem Nichts"-Star Diane Kruger überzeugt als gejagte Lehrerin, die gleich mehrere, höchst unterschiedliche Gefühle zu dem Todesfall ihres Schülers aufbringt. Regisseur Savi Gavison hat sich zudem für eine unaufgeregte, meist leise und somit passende Inszenierung entschieden: Mit einer unaufdringlichen Musikuntermalung und klaren, unspektakulären Bildern erschafft er eine ebenso freudlose wie niederschlagende Atmosphäre. Leider kann der Inhalt, vor allem manch ein viel zu prätentios klingender Dialog, mit dieser feinen Regie nie so ganz mithalten.

Fazit: Inhaltlich fasst "Longing" zwar mehrere heiße Eisen an, führt diese aber nicht immer so fordernd aus, wie es möglich gewesen wäre. Warum ein Regisseur zudem ein Remake seines eigenen, erst acht Jahre alten Films macht, erschließt sich hier nicht wirklich.

Note: 4+ 



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Wieder keine neuen Ideen: Filmkritik zu "Der Exorzist: Bekenntnis"

Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) zieht seine Tochter Angela (Lidya Jewett) seit dem Tod seiner Frau Sorenne (Tracey Graves) vor dreizehn Jahren alleine auf und ist aufgrund seiner einschneidenden Vergangenheit dauerhaft besorgt um sein Kind. Als diese eines Tages gemeinsam mit ihrer Freundin Katherine (Olivia Marcum) im Wald verschwindet, ist Victor in tiefster Panik und malt sich bereits die schlimmsten Dinge aus, die seiner Tochter zugestoßen sein könnten. Drei Tage später tauchen Angela und Katherine jedoch wieder auf... und verhalten sich höchst sonderbar. Schon im Krankenhaus legt Angela äußerst merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag, die ihre Mitmenschen in Angst versetzen. Dass die beiden Mädchen von einem Dämon besessen sein könnten, daran will Victor jedoch nicht glauben... bis er jemanden trifft, die vor rund fünfzig Jahren etwas sehr ähnliches erlebt hat. Natürlich habe ich mir als Vorbereitung für diesen Film erneut den Kult-Klassiker "Der Exorzist" angesehen ...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...