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Riff Raff - Verbrechen ist Familiensache

Einst ein Krimineller, nun jedoch ein aus dem Gangster-Milieu entflohener Familienmensch lebt Vincent (Ed Harris) mit seiner zweiten Ehefrau Sandy (Gabrielle Union) und Sohn DJ (Miles J. Harvey) zurückgezogen in einem feinen Häuschen im Nirgendwo. Dieses Familienleben könnte so schön sein, wenn nicht eines Nachts sein aus erster Ehe stammender Sohn Rocco (Lewis Pullman) samt seiner hochschwangeren Freundin Marina (Emanuela Postacchini) und seiner Mutter sowie Vincents Ex-Frau Ruth (Jennifer Coolidge) auftauchen würde. Rocco hat nämlich ziemlichen Mist gebaut, weswegen ihm nun Vincents alter Kumpel Lefty (Bill Murray) auf den Fersen ist. Warum, wie und wieso es sich Rocco mit dem finsteren Gangster verzockt hat, das muss dann aber innerhalb der Familie erst einmal ganz genau dezidiert und diskutiert werden...

Und diese Diskussionen nehmen dann ordentlichen Raum ein. Man eifert hier ganz eindeutig dem großen Vorbild Quentin Tarantino nach, dessen Filme ja ebenfalls stets in düsteren Milieus angesiedelt sind und in denen es immer um ziemlich finstere und brutale Machenschaften geht, die dann aber vor allem aufgrund ausladender und fetziger Dialoge eine ganz eigene Art der Komik mitbringen. Der Unterschied: Wo Tarantino seine Dialoge mit ganz viel Feinschliff anlegt und dabei sogar die Diskussion rund um einen Burger in "Pulp Fiction" zum herrlichen, aber niemals albernen Kult hochstilisiert, geht es in "Riff Raff" eigentlich nur noch um Obzönitäten. Minutenlang wird hier ausgetüftelt, wer nun eigentlich aus welchen Gründen keine Erektion mehr bekommen kann, wer mit wem vögeln möchte oder auch schon gevögelt hat und wessen Sperma warum nicht mehr zündet. In den besten Momenten kommt da mal ein kleiner Schmunzler herum, in den meisten Szenen ist das aber nur hochnotgedrungen peinlich.
Eine Familienkomödie, in welcher zahlreiche Liebschaften und Beziehungen vor dem Hintergrund eines sich langsam nähernden, bedrohlichen Feindes neu ausdiskutiert werden müssen, klingt an und für sich nach einer spaßigen Idee. Doch die Mischung aus rotziger Komödie und brutalem Gangster-Thriller ergibt hier niemals eine Einheit. Rund eine Stunde lang ergötzt sich Regisseur Dito Montiel in seinen meist albernen Eskapaden, wo besonders "American Pie"-Star Jennifer Cooldige mal wieder für die ganz pubertären Einschübe notwendig ist. Alles ist irgendwie auf witzig angelegt, soll nicht zu ernst genommen werden und ist, obwohl die einzelnen Gags nur arg selten ihr Ziel treffen, nur auf pure Unterhaltung und den daraus gewonnenen Selbstzweck angelegt. Im letzten Drittel verschieben sich diese Ziele jedoch und plötzlich wird aus der Gaga-Comedy ein ultrabrutales Stand-Off, in welchem wir nun plötzlich mit diesen zuvor so lapidar eingeführten Figuren mitfiebern sollen und in welchem Regisseur Montiel immer wieder ganz harte Kaliber anführt. Das fügt sich hinten und vorne nicht zusammen und wird zusätzlich dadurch entwertet, dass in den letzten Minuten noch ein paar völlig hirnrissige Wendungen aus dem Hut gezaubert werden, die dem ohnehin überfüllten Skript noch einmal die banale Krone aufsetzen.
Es lassen sich innerhalb dieser zotigen und tonal absolut unentschlossenen Marotte durchaus ein paar feine Momente finden. Die meisten von ihnen gehen auf die Konten von "Monuments Men"-Star Bill Murray und Pete Davidson, die als psychopathisches Doppel aus Ober-Killer und tollpatschigem Helferlein ein paar schöne Szenen kreieren. Der Rest ist aber völlig aus den Angeln gehoben, öffnet etliche Fässer, um sie in ungezielt wirkenden Dialogen zu verpulvern und anschließend einfach nicht mehr anzurühren. So wird zu Beginn ein riesiges Gewese um Vincents Sohn DJ gemacht und der Teenager als möglicher Fixpunkt und Sympathieträger in Stellung gebracht, nur um ausgerechnet diesen dann doch ausschließlich passiv agieren zu lassen. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung winkt mit der Geschichte rund um Lewis Pullman's Charakter, doch auch hier: Chance gehabt, Chance nicht genutzt, denn dessen eigenes Martyrium ist höchstens ein kurzes Aufrütteln in einem ansonsten absolut blöde geschriebenen und nur auf die reine Effekthascherei gezielten Thriller.

Fazit: Als uneigenständiger Tarantino-Klon verlässt sich diese müde Mixtur auf banale Gaga-Dialoge und völlig unpassende, tonale Entgleisungen im Thriller-Milieu. Der ansprechende Cast kann dabei nicht viel mehr tun als die überzeichneten Jonglier-Akte des Skripts irgendwie mit einem Augenzwinkern zu übertragen, was jedoch auch nur selten Früchte trägt.

Note: 4



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