Im 19. Jahrhundert arbeitet der elfjährige George Washington Black (Ernest Kingsley Jr.) auf einer Zuckerplantage in Barbados. Die Möglichkeit, diesem tristen Leben in Gefangenschaft zu entkommen, ergibt sich durch seine Begegnung mit dem weißen Erfinder Christopher Wilde (Tom Ellis), der in dem kleinen Jungen ein Talent für seine Techniken zu erkennen glaubt und ihn unter seine Fittiche nimmt. Acht Jahre später ist Washington Black ein gestandener Mann, der jedoch auf der Flucht ist - aufgrund eines einschneidenen Ereignisses in seiner Jugend sind ihm Kopfgeld- und Sklavenjäger beharrlich auf den Fersen. Unter falschem Namen versucht der junge Erfinder, sich ein neues Leben aufzubauen und verliebt sich dabei in die gleichaltrige Tanna Goff (Iola Evans), die jedoch aus bestem Hause stammt und für die ein ganz anderes Leben und vor allem ein gänzlich anderer Ehepartner vorgeschrieben scheint...
Es ist ein etwas seltsamer Ansatz, für den man sich bei der Verfilmung der erfolgreichen, zugrunde liegenden Romanvorlage entschieden hat - weniger ein markerschütterndes Sklaven-Drama als viel mehr ein großzügig bebilderter Abenteuer-Blockbuster. Das verwirrt immer wieder, wenn die eigentlich sehr düsteren Geschichten und Charaktere hier zumeist in arg bunten Bildern gezeigt werden und sich Abenteuer auf einem Flugschiff oder auf hoher See an der Seite von grimmigen Seeräubern mit doch reichlich finsteren Storys über Sklaventreiberei, Rassismus und Frauenfeindlichkeit abwechseln. Die Serie findet dabei zwar ihren eigenen Ton, wirkt gerade in diesen Themen aber etwas fahrig. Sie werden nicht an die Seite gedrängt oder unwirsch abgenickt, was angesichts dieser Vorlage auch ein echter Fauxpas gewesen wäre, aber man geht nie so arg in die Tiefe, dass es richtig gewesen wäre. Bisweilen hat man das Gefühl, die Macher wollten ein gewisses Feel-Good-Kino inszenieren, um die Mainstream-Zuschauerschaft nicht zu arg zu traumatisieren - am Ende wirkt die achtteilige Serie dann aber ziemlich mutlos.
An und für sich muss das natürlich nichts Schlechtes sein. Ein schier märchenhafter Ansatz, in welchem Kinder sich vom Boden der Gesellschaft hin zu echten Abenteurern und Rittern der Gerechtigkeit aufschwingen, hat zwar nicht viel mit der brutalen Realität zu tun, doch es ist auch mal schön, eben jener entfliehen zu können und sich dafür an wunderschön komponierten Bildern und einigen spannenden Abenteuern zu ergötzen. Wobei man natürlich auch noch dazu sagen muss, dass all diese großen, dramatischen Themen weiterhin eine wichtige Rolle spielen und in jeder Folge im Fokus stehen... selbst, wenn es dann doch mal mehr in Richtung Abenteuerlust oder, einer ausladenden Liebesgeschichte in bester "Titanic"-Manier sei Dank, rührseliger Schmalzigkeit geht. Man hat eben nur den Eindruck, dass diese Themen sich mit dem ansonsten reichlich farbenfrohen und zu sauber inszenierten Abenteuer-Kram beißen, sodass kein wirklich runder Eindruck entsteht. Die Dialoge, die bemerkenswert oberflächlich und pathetisch verbleiben, können das Thema jedenfalls nicht ausreizen und viele Nebenfiguren, ob auf Seiten der Helden oder der Bösewichte, bleiben in Klischees stecken. Der pompöse und extrem aufdringliche Soundtrack versprüht zudem auch kein Drama-Feeling, sondern hört sich in den meisten Momenten so an, als würden hunderte kleine Kinderfüße zum ersten Mal durch die Hallen von Hogwarts stapfen.
Das klingt im Endeffekt nun jedoch alles negativer, als es eigentlich ist, denn trotz einiger Längen und einer etwas sprunghaften Erzählung, die bisweilen sehr willkürlich zwischen Washingtons Kindheit und jungem Erwachsenenleben hin- und herspringt, habe ich mich durchweg gut unterhalten gefühlt. Es gibt eine Menge bewegender Momente zu beobachten und die Schauwerte sind in vielerlei Hinsicht erstklassig, sowohl was die malerischen Landschaftsaufnahmen als auch die überzeugenden Spezialeffekte angeht. Rein inszenatorisch und über feine Details in Sachen Set-Design und Kostüme ist das alles sehr prachtvoll, der Cast macht seine Sache durchweg gut und sogar die etwas einfallslose Liebesgeschichte weiß durch das bezaubernde Spiel der beiden Hauptdarsteller zu überzeugen. Als echter Scene Stealer erweist sich zudem "Lucifer"-Star Tom Ellis, der dabei als einzige Figur bis zum Schluss so wirklich auserzählt wirkt und dabei auch noch angenehm ambivalent sein darf. Das ist dann schon ein Novum in einer sonst sehr geradlinigen und bisweilen etwas zu märchenhaften Geschichte, die aber in vielen Momenten trotzdem unter die Haut zu gehen vermag, spannend ist und das Herz absolut am rechten Fleck hat.
Fazit: Für ein Sklaverei-Drama nicht tiefgründig genug, für einen Abenteuerfilm im direkten Vergleich etwas zu wenig Substanz. Obwohl beide Teile nicht wirklich miteinander harmonieren, ist "Washington Black" über acht Episoden dennoch packend, spannend und bewegend genug, um immer wieder abzuholen. Man spürt jedoch, dass hier nicht mit vollem Mut vorgegangen wurde und man die eigentlich sehr dramatische Geschichte lieber als großes, prunkvolles Kostüm- und Abenteuerkino inszenieren wollte, was dem Stoff nicht ganz gerecht wird.
Note: 3
Hört sich gut an ist eine Empfehlung
AntwortenLöschen