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Reacher - Die erste Staffel

Als beim Militär ausgebildeter Einzelkämpfer weiß Jack Reacher (Alan Ritchson) sich durchaus zu verteidigen. Dennoch wird er kurz nach seiner Ankunft in dem verschlafenen Kleinstädtchen Margrave widerstandslos von der Polizei festgenommen, da diese ihn mit einem Mord in Verbindung bringt. Schnell wird jedoch klar, dass Reacher nicht der Täter ist - stattdessen erklärt er sich dazu bereit, bei der Aufklärung des Falles zu helfen, wobei ihm seiner Vergangenheit als nach kleinen Details versessener Ermittler ebenso hilft wie seine Erfahrungen mit verschiedenen Kampfkunst-Stilen. Dabei kann er vor allem auf die Unterstützung der engagierten Polizistin Roscoe Conklin (Willa Fitzgerald) zählen - gemeinsam kommen sie mit der Zeit einer großen Verschwörung in Margrave auf die Spur, die auch vor Reacher's persönlichem Leben keinen Halt macht.

"Reacher" hat zuvorderst einen sehr großen, hünenhaften Pluspunkt: Hauptdarsteller Alan Ritchson. Nun hatte zuvor ja bereits Tom Cruise in den beiden Kinofilmen rund um Jack Reacher der Rolle seinen Stempel aufgedrückt und seine Sache dabei wie gehabt ziemlich gut gemacht, doch war der "Mission: Impossible"-Star rein physisch eigentlich gar nicht die Idealbesetzung der in den Romanvorlagen als beinahe zwei Meter großer, muskelbepackter Hüne beschriebene Figur. Rein optisch ist Ritchson also ohnehin schon mal die Idealbesetzung, doch da hört es noch nicht auf. Der Schauspieler, der später auch im zehnten Teil der "Fast & Furious"-Reihe mitwirkte, setzt seinem wuchtigen Erscheinungsbild auch noch jede Menge Charme entgegen, wobei er mit trockenem Humor ebenso überzeugt wie mit einer überraschenden Überzeugungskraft, wenn es um seine persönlichen Erfahrungen geht. Passenderweise wird jede Episode dabei auch durch kurze Flashbacks begleitet, die bis in Reachers Kindheit zurückgehen und dem Charakter dabei noch mehr Tiefe verleihen.
Auch darüber hinaus ist die Serie gut besetzt: Willa Fitzgerald zeigt sich bisweilen als echte Scene Stealerin, während sich Serienfans freuen dürfen, die aus der Superman-Show "Smallville" bekannte Kristin Kreuk endlich wieder mal in einer tragenderen Rolle zu sehen. Allerdings sind nicht alle Charaktere wirklich gut ausgearbeitet, wobei sich zeigt, dass die Serie oft mit Klischees arbeitet. Gerade die zahlreichen Bösewichter wirken zwar bedrohlich, darüber hinaus aber wenig nachvollziehbar. Und sogar die typischen Klischees, in denen die Fieslinge in gestelzt wirkenden Dialogen ihren ganzen Plan offenlegen, bevor sie den (vergeblichen) Versuch unternehmen, den Helden niederzuschießen, sind hier mit dabei. Dabei wechseln sich durchaus schneidige Dialoge zwischen den zentralen Hauptfiguren mit einigem Geschreibsel ab, welches unangenehm steif daherkommt. Dafür ist die Inszenierung aber durchweg überzeugend und setzt vor allem die kernigen Actionszenen, in denen Reacher sich meist mit seinen Fäusten, manchmal aber auch mit Schusswaffen oder anderen, behelfsmäßigen Gegenständen gegen fiese Schläger zur Wehr setzt, richtig wuchtig um.
Die Geschichte überzeugt weniger: Über acht Folgen entsteht ein regelrechtes Verschwörungskonstrukt mit zahlreichen Namen, Parteien und Verrätern, welches bisweilen arg zerfasert und selten wirklich dynamisch daherkommt. Man hat es hier im Grunde mit einem recht schematischen Krimi zu tun, der über zahlreiche Steine stolpert, wenn die reichlich zähen Ermittlungen in diversen Richtungen erst spät wirklich zünden. Das liegt zum einen an den bereits erwähnten, holzschnittartigen Fieslingen, aber auch ein wenig an einem schieren Übermaß aus Ermittlungsrichtungen und Figuren, die hier ein Netz aus Intrigen spinnen, bei dem einem schwindelig werden kann. Aus dieser scheinbaren Komplexität wird letztendlich aber doch nur wenig mehr gemacht als die typische Crime-Geschichte, sodass echte Überraschungen leider Mangelware bleiben. Gerade im Mittelteil zieht sich das oft sehr ähnliche Hin und Her aus plötzlichen Entdeckungen und dem Austarieren von zahlreichen Sackgassen ziemlich hin. Für ein wenig Auflockerung sorgt dafür Reachers Umgang mit den charmanten Nebenfiguren, bei denen sich auch mal klassisch gebalgt werden darf.

Fazit: "Reacher" ist zuvorderst die beeindruckende Show des Alan Ritchson, der physisch zu Top-Form aufläuft, aber auch seinen ganz eigenen, lakonischen Charme mitbringt. Auf der Dramaturgie-Ebene ist angesichts des zerfaserten Krimi-Plots aber noch eine Menge Luft nach oben.

Note: 3-



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