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Severance - Die zweite Staffel

Als "Innies" ist es drei Mitarbeitern von Lumon Industries tatsächlich gelungen, das Bürogebäude zu verlassen und in die Außenwelt vorzudringen. Dabei konnte vor allem Helly (Britt Lower) direkt ins Herz der Firma eindringen und eine packende Rede halten, während Mark (Adam Scott) erfuhr, dass seine Ehefrau noch lebt. Doch nachdem die Verbindung gekappt wurde, ist plötzlich alles anders. Mark ist wieder im Büro und von seinen Verbündeten fehlt auf einmal jede Spur. Er entschließt sich zu einem weiteren Aufstand, um Helly, Irving (John Turturro) und Dylan (Zach Cherry) vor ihrem Schicksal zu bewahren. Doch hat dieser erneute Aufschrei überhaupt einen Sinn oder bringt sich Mark damit nur wieder in große Gefahr? Und was das Eindringen der drei Kollegen in die Außenwelt letztendlich für Folgen nach sich gezogen?

Die erste Staffel von "Severance" endete auf einem solch ekstatischen Höhepunkt, dass man sich kaum vorstellen konnte, dass die drei Jahre später erschienene zweite Season von nun an nicht durchgehend Vollgas geben würde. Es war zudem auch schwer vorstellbar, was denn da noch kommen sollte: Die Hauptfiguren hatten ihr größtes Ziel erreicht. Umso erstaunlicher und auch frustrierender ist, dass die zweite Season in der Tat nicht nur mehrere Gänge zurückschaltet, sondern den Cliffhanger der letzten Staffel in der Form verwandelt, dass erstmal vieles auf Null gesetzt wird. Was genau die Taten der Hauptfiguren ausgelöst haben und warum das immer noch nichts Gutes ist, erschließt sich erst nach und nach in den folgenden zehn Episoden. Und diese sind in der Summe noch ein wenig langwieriger erzählt. Dabei ist es zwar löblich, dass man den einzelnen Figuren viel Zeit opfert und dabei auch tiefer in die Geheimnisse rund um Marks Ehefrau Ms. Casey oder die finstere, ehemalige Abteilungsleiterin eintaucht. Das geht jedoch in dieser Summe auf Kosten der Dynamik - bisweilen hat man das Gefühl, dass die Geschichte sich enorm im Kreis dreht.
Und das ist schon ein bisschen schade, wenn man bedenkt, dass die erste Staffel auf einem perfekten Höhepunkt endete, den man danach richtig gut hätte verwandeln können. Mit einem zumindest zu Beginn noch recht dreist wirkenden "Geht jetzt trotzdem wieder von vorne los"-Ansatz zieht man sich hier aber noch recht billig aus der Affäre und findet zudem keine zufriedenstellenden Lösungen für das erneute Antreten aller Hauptfiguren. Hier rutscht den Machern ihre packende Grundidee zum ersten Mal aus den Fingern, denn neben den bekannten Plotholes kommen hier noch schwerwiegendere Probleme mit der Glaubwürdigkeit zu tun, wenn sich die Charaktere stets so verhalten, wie es das Drehbuch gerade braucht, um eine größere Eskalation zu verhindern. Dieses Herummäandern unserer Figuren, die deswegen nur sehr langsam auf einen weiteren Klimax zulaufen, füllt mühelos einen Großteil der Staffel und die geklärten Fragezeichen zu gewissen Handlungssträngen überzeugen oft auch nur bedingt... auch, weil damit gleich viele neue Fragen aufgemacht werden.
Diese Unzufriedenheit ist jedoch kein Dauerzustand, denn zum Finale hin gibt die Serie plötzlich doch wieder Gas - man muss trotzdem hoffen, dass die bereits angekündigte, dritte Staffel die letzte ist, um sich nicht zu arg zu verzetteln. Die Produktionsstandards von "The Severance" sind ebenfalls weiterhin auf sehr hohem Niveau angesiedelt und stellen gar noch eine Verbesserung zur ersten Staffel dar. Die zweite Season ist noch ein Stückchen schicker gefilmt, noch etwas hübscher gegradet (Wahnsinn: Dieses Apple-Original besitzt sogar endlich richtig satte Schwarzwerte anstatt eines dauerhaften Grau), musikalisch noch ein wenig enthusiastischer. Und natürlich macht auch der Cast seine Sache weiterhin richtig gut. Neben den mal wieder wahnsinnig stark aufspielenden Adam Scott und Britt Lower gibt es aber mittlerweile einen zwar altbekannten, aber hier zu ganz neuer Form auflaufenden Scene Stealer: Tramell Tillman verwandelt als mysteriöser und ziemlich kaltblütiger Abteilungsleiter Milchick seine Szenen mit so viel unangenehmer Bravour, dass ich ihm noch stundenlang hätte zusehen können. Rein vom Drehbuch her vielleicht nicht der interessanteste Charakter der Serie, aber einer, der allein aufgrund Tillman's zügelloser Performance wahnsinnig faszinierend und hassenswert daherkommt.

Fazit: "Severance" büßt mit der zweiten Staffel an Faszination ein - die Geschichte kommt nur sporadisch zwischen langen Episoden voran und dreht sich trotz vieler Veränderungen im Kreis. Die Produktionswerte und der Cast sind jedoch weiterhin auf sehr hohem Niveau bei der Sache.

Note: 4+



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