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The Residence

Ausgerechnet während eines wichtigen Staatsbanketts mit den Australiern wird im Weißen Haus eine Leiche gefunden - der für die wichtigen Abläufe unter den Angestellten verantwortliche "Chief Usher", A.B. Wynter (Giancarlo Esposito), ist tot. Kurz nach der Ankunft der ermittelnden Detektivin Cordelia Cupp (Uzo Aduba) und des ihr zur Seite stehenden FBI-Agenten Edwin Park (Randall Park) deutet alles auf einen recht herkömmlichen Suizid hin. Doch Cupp möchte sich mit dieser Theorie nicht zufriedengeben - sie glaubt an einen Mord. Um den Täter ausfindig zu machen, nimmt sie keine Rücksicht auf hunderte prominente Gäste und wichtige Politiker, die gerade im Weißen Haus residieren: Alle sind nun Verdächtige... und die meisten von ihnen hätten sogar ein ziemlich eindeutiges Motiv, aus welchem sie Wynter zur Strecke hätten bringen wollen.

"The Residence" ist ein ganz klassischer Who-Dunit-Krimi. Und wer würde denn nicht mit den Ohren schlackern, wenn der sich mit Krimis außerordentlich gut auskennende Streamingdienst Netflix plötzlich eine vom Tonfall an den meisterhaften "Knives Out" erinnernde Who-Dunit-Geschichte in Serienform auf den Markt bringt, die dann auch noch gleich im Weißen Haus spielt? Dabei liefert Netflix alle Zutaten, die man sich von einer solchen Serie erhofft: Zahlreiche Verdächtige, von denen man keinen wirklich ausschließen möchte; etliche Wendungen, die das bis dato Gesehene zum genau richtigen Zeitpunkt wieder auf den Kopf stellen; ein hervorragend agierender Cast, der die bissigen Dialoge wunderbar auf den Punkt bringt; und eine Geschichte, die durchweg bei der Stange hält, bis im Finale dann endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Krux einer solchen Geschichte, den Fall eben erst ganz zum Schluss allumfassend auflösen zu können und daher sechs Folgen füllen zu müssen, in denen die Akteure anderen Spuren nachgehen, weiß die Show gut zu verwandeln: Die Drehbücher sind clever genug, um zwar falsche Fährten zu legen, die bis zum Schluss aber immer wieder wichtige Infos bereithalten, die für den am Ende stehenden, klaren Abschluss der Detektivarbeit wichtig sind. 
Trotzdem gibt es natürlich auch hier Schwächen, die dieses Serienformat mit sich bringt und die man meist erst dann so richtig merkt, wenn man die Auflösung kennt - deswegen halte ich mich hier natürlich sehr vage. Es wird allerdings nicht richtig klar, warum manche Figuren nicht gleich von Anfang an ein wenig mehr erzählen, um den prekären Fall etwas schneller voranzubringen... die einzige Erklärung ist da natürlich, dass die Drehbücher Zeit brauchen, um auf die prädestinierten acht Folgen zu kommen und man sich daher bisweilen etwas strecken muss, um nicht gleich mit einigen Antworten herauszurücken. Zudem ist die Serie mit ihren acht Episoden doch etwas zu lang geraten - da war "Knives Out" auf Spielfilmlänge einfach knackiger und hatte trotzdem nicht weniger Wendungen parat. Einige Nebenfiguren sind zudem so schrill gestaltet, dass es mit der Glaubwürdigkeit ein wenig her ist. Eine realistische Geschichte über die Politik im Weißen Haus darf man hier nicht erwarten, dafür ist das alles doch zu überdreht und die letztendliche Auflösung des Falls mit ihren hunderten Haken auch zu absurd... obwohl es letztendlich durchaus rund ist. In einer Zeit der Trump-Regierung sind die schlussendlichen Hurra-Rufe für Amerika zudem mehr als unpassend - da "The Residence" jedoch zu einer Zeit produziert wurde, in welcher Trump noch nicht (wieder) im Oval Office saß, kann man diese Plattitüden mit einem zugedrückten Auge jedoch noch mal goutieren.
"Orange is the New Black"-Star Uzo Aduba macht als Privatdetektivin, die vor Politikern, Promis und all den strengen Abläufen im Weißen Haus nicht einknickt, eine erwartungsgemäß fantastische Figur - ihr bei den oftmals sehr komplexen Gedankenverläufen, die sie in jeder Episode trifft, zuzusehen, ist eine große Freude. Zudem gefällt der Ansatz, stets von einer großen Unwahrscheinlichkeit auszugehen - das macht die Geschichte absurder, aber auch unvorhersehbarer und gibt ihrer Cordelia Cupp stets etwas Unberechenbares. Ein wahrer Scene Stealer ist (wie eigentlich immer) zudem "Ant-Man and the Wasp"-Star Randall Park, der als ebenso cleverer wie bisweilen von den Geschehnissen um sich herum überforderter FBI-Agent für etliche Lacher sorgt. Und dann sei auch Giancarlo Esposito zu erwähnen, dessen Rolle nicht so klein ausfällt, wie man es anfangs vermuten würde, da die Serie über alle acht Folgen ausführliche Rückblicke streut, welche auch seine ermordete Figur noch deutlich tiefer zeichnen... und Esposito gibt dieser mal wieder sehr viel Gravitas. Unter den zahlreichen Nebenfiguren finden sich dabei wie bereits erwähnt einige, die bis zur Schmerzgrenze chargieren müssen, aber auch manch ein interessanter Aufhänger, wie eine zarte Liebesgeschichte, die man in dieser Form auch noch nicht gesehen hat.

Fazit: Trotz deutlich zu langen acht Episoden, welche die absurde Auflösung des Kriminalfalles bisweilen etwas zu deutlich strecken, macht dieser Who-Dunit ziemlich viel Spaß... vor allem aufgrund des aufgeweckten Casts, der hier gepfefferte Dialoge verwandeln darf und damit neben der Spannung auch für viel Witz sorgt.

Note: 3



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