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Firebrand

Zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts führt Catherine Parr (Alicia Vikander) ein Leben in Angst. Als Ehefrau des grausamen des Despoten König Heinrich VII (Jude Law) schwebt sie förmlich dauerhaft in Gefahr, nachdem seine letzten Gemahlinnen alle nacheinander ein furchtbares Ende fanden - zwei gar geköpft, eine im Kindbett verstorben. Trotzdem gibt Catherine nicht auf und verfolgt ihr Ziel, den König und sein Gefolge dem Protestantismus zuzukehren, mit eiserner Faust. Eine bezeichnende Gelegenheit ergibt sich, als der König in den Krieg zieht und den Thron seiner Frau überlässt. Doch auch hier sieht sich Catherine vordergründig mit alten Männern konfrontiert, die ihren Wünschen kein Gehör schenken wollen. Als Heinrich zurückkehrt, beginnen Catherines Taten und Ansichten schnell, sie einzuholen...

In "Firebrand" schlummert ein Film, der voller Tatendrang steckt. Immer wieder zeigt er auf, wie eine (fast) alleinstehende Frau sich gegen das Patriarchat am Hof zu wehren versucht, dabei allerdings nicht viele Möglichkeiten hat, wenn sie nicht letztendlich sinnlos ihren Kopf verlieren oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden möchte, wie es damals für freidenkende Frauen üblich war, denen man deswegen sogleich Ketzerei nachrief. Allerdings bleibt dieser Kampf lange Zeit eher der Hintergrund - er schwelt zwar immer irgendwie mit, muss sich alsbald aber der reichlich typischen Inszenierung eines solchen Kostümdramas unterordnen. Will heißen: Wir müssen uns durch einige recht bieder inszenierte und trocken geschriebene, so auch schon oft gesehene Spitzelspiele am königlichen Hofe kämpfen, die leider zu selten spannend sind und bei der Laufzeit von gut zwei Stunden durchaus die ein oder andere Länge verursachen.
Mit durchaus schön komponierten Bildern und den vom Genre bekannten, prunkvollen Kostümen und detailreichen Sets übertüncht Regisseur Karim Ainouz diese Langeweile zwar recht geschickt. Doch wird man das Gefühl nicht los, dass gerade die Geschichte einer so für den frühen Feminismus einstehenden Frau wie Catherine Parr noch deutlich mehr Feuer vertragen hätte. Und das Argument, dass er sich dabei immerhin an den historischen Gegebenheiten entlanghangeln muss, greift hierbei auch nicht so richtig - gerade im Finale weicht er von diesen nämlich ziemlich eindeutig ab. Trotzdem gereicht gerade der durchaus gefährliche Hintergrund immer wieder für einige spannende Momente, wenn Catherine und ihre Freundinnen aus heiterem Himmel gewisse Gegenstände loswerden müssen, die in irgendeiner Form ein schlechtes Licht auf sie werfen könnten. Das ständige Zwietrachtsäen unter den zahlreichen Nebenfiguren fällt im direkten Vergleich aber eher ab und sorgt nur selten für ein paar größere Überraschungen. 
Jude Law gibt dem Affen als mächtiger, unausstehlicher König zwar bisweilen ein wenig zu viel Zucker, sorgt aber aufgrund seiner uneitlen Performance auch für einiges an Prunk. So hat er sich nicht nur einen ordentlichen Leib angefuttert, sondern weiß durch sein brüllendes, zeterndes und oftmals nah am Rande des Wahnsinns gelegenes Auftreten nachhaltig zu beeindrucken. An seiner Seite agiert "Euphoria"-Star Alicia Vikander naturgemäß deutlich leiser - ihre Konflikte spielen sich zu großen Teilen in ihrem Inneren ab, hinter den aufgezogenen Mauern, die sie halten muss, um sich am Hofe nicht selbst zu verraten und den König noch mehr gegen sich aufzubringen. Vikander ist dabei gut wie eh und je, hat aber natürlich deutlich weniger Raum zu verfügen, um sich so richtig ins Gedächtnis zu spielen. In tragenden Nebenrollen sind zudem noch bekannte Gesichter wie Eddie Marsan oder (besonders intrigant) der aus "Maria Stuart, Königin von Schottland" bekannte Simon Russell Beale zu sehen, die allenfalls hochsolide Leistungen darbieten, in der Masse an verschiedenen Figuren aber auch hin und wieder unterzugehen drohen.

Fazit: Aus der so brisanten und hochaktuellen Geschichte hätte man mehr machen können - so verkommt der zentrale Konflikt immer wieder zum Hintergrund von recht bieder inszenierten Hof-Spitzeleien. Schöne Bilder und ein tosender Jude Law helfen über manch eine Länge aber solide hinweg.

Note: 4+



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