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One Life

Im Jahr 1988 wird der Senior Nicholas Winton (Anthony Hopkins) von Erinnerungen aus seiner Vergangenheit verfolgt - diese umtreibt ihn so sehr, dass sein Büro völlig zugestellt ist von alten Kisten und Dokumenten aus der damaligen Zeit, von denen er sich einfach nicht trennen möchte. Im Jahr 1938 besuchte Winton (Johnny Flynn) das europäische Prag und fand dort tausende Familien vor, die vor dem nahenden Krieg aus den umliegenden Ländern geflüchtet waren. Gemeinsam mit einigen Verbündeten beschließt Winton, dass besonders die geflüchteten Kinder nun Schutz benötigen und macht sich daran, diese nicht nur aus den gefährdeten Gebieten ausreisen zu lassen, sondern auch Familien für sie zu finden, die sich während des Krieges um sie kümmern können. Als Hitlers Armeen jedoch immer näherrücken, geraten sie alle in Gefahr - nicht nur die geflüchteten Familien, sondern auch Winton und seine Freunde, die ihnen helfen möchten.

Der Zweite Weltkrieg hat unzählige, dramatische Geschichten hervorgebracht, weswegen es nicht wundert, dass weiterhin Filme und Serien zu dieser historischen Zeit entstehen, die dabei Geschichten erzählen, von denen wir vielleicht noch nie gehört haben. Und gerade zu unserer heutigen Zeit ist es wichtig, eben diese auch zu erzählen: Die Bilder von geflüchteten Familien, die in engen Lagern zusammengepfercht werden müssen, Hunger leiden und frieren, sind fast deckungsgleich zu den grausamen Ereignissen unserer heutigen Zeit. Hier zeigt sich auch das Können des Regisseurs James Hawes, der bisweilen zwar stark auf die Tränendrüse drückt und einige vorhersehbare, emotionale Knöpfe drückt, den Schrecken des Krieges aber immer wieder packend einzufangen vermag. Dabei wagt er keine Blicke auf Schlachtfelder, sondern bleibt bei den Familien, die zurückgeblieben sind: Die Bilder, in denen weinende Mütter ihre Kinder in einen Zug setzen, um sie in Sicherheit zu bringen, sich aber auch der Gefahr dieser Reise bewusst sind, gehören zu den erschütterndsten und bewegendsten in einem Film, der gleich mehrfach ins Herz trifft.
Das passiert natürlich bewusst und man spürt praktisch immer, welche Knöpfe Hawes nun bei uns drücken möchte - so auch gegen Ende, wenn die Macht der Medien zwar äußerst vorbildlich und rührend zur Schau gestellt wird, dies aber gleich mehrfach hintereinander passiert, während sich der Film in diesen tränendrückenden Momenten förmlich suhlt. Aber man mag diese Manipulation des Publikums, natürlich auch getragen von einem nicht gerade subtilen Soundtrack, nicht wirklich kritisieren, wenn sie denn am Ende funktioniert und tatsächlich einige Tränen entlockt angesichts des sehr bewegenden Spiels auf dem Bildschirm. Und da es sich hierbei auch um eine wahre Geschichte handelt und es diesen unglaublichen, selbstlosen Helden namens Nicholas Winter wirklich gab, mag man sich dieser echten Rührung ohnehin nicht schämen. Am Ende kann man nicht anders, als vor diesem mutigen Mann und seinen ebenso tapferen Freunden und Freundinnen, den Hut zu ziehen und angesichts ihrer Taten absolut sprachlos zu sein.
Dabei übernimmt Anthony Hopkins, anders als es das Poster suggeriert, welches sein Gesicht sehr groß zur Schau stellt, nicht zwingend die Hauptrolle, sondern teilt sich diese mindestens mit Johnny Flynn - beide spielen hier die selbe historische Person, einmal während des Zweiten Weltkriegs und einmal fünfzig Jahre später. Hopkins agiert dabei wie gewohnt brillant und ist vor allem dann unglaublich gut, wenn er ohne Worte, dafür aber mit umso treffsichereren Blicken die ganze Tragik der Vergangenheit seiner Figur transportiert... und sei es nur deswegen, weil er sich von keinem einzigen Foto der damaligen Zeit, obwohl seine Wohnung von ihnen förmlich vollgestopft ist, mehr trennen mag. Auch darüber hinaus macht der gesamte Cast seine Sache sehr gut, von namhaften Nebendarsteller*innen wie "The King's Speech"-Star Helena Bonham Carter, bis hin zu den oftmals nur in wenigen Szenen auftretenden, aber dennoch sehr prägnanten Kinderdarstellern. Definitiv ein durchweg packend inszeniertes, historisches Drama, welches vor allem durch seine wahre und viel zu unbekannte Geschichte gewinnt.

Fazit: Die wahre Geschichte einiger heute viel zu unbekannter Helden, die abseits des Schlachtfeldes im Zweiten Weltkrieg für die verlorenen Kinder kämpften, berührt zutiefst. Das ist bisweilen manipulativ und bisweilen gar märchenhaft überhöht, doch der tiefe Kern der Wahrheit trifft genau ins Ziel - auch dank eines tollen Casts.

Note: 3+ 



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