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Trocken wie die Wüste: Filmkritik zu "Kandahar"

Tom Harris (Gerard Butler) ist als Spion nach Afghanistan eingeschleust worden, um die feindlichen Truppen der arabischen Welt mit einigen Angriffen auf nukleare Anlagen empfindlich zu treffen. Harris befindet sich praktisch schon, nach getaner Arbeit, auf dem Heimweg, als seine Identität aufgrund eines Lecks im Pentagon enthüllt wird und das ganze Land nach ihm zu suchen beginnt. Gemeinsam mit seinem Gefährten Mo (Navid Negahban), der aber eigentlich ganz andere, persönliche Ziele auf dieser Reise verfolgt, versucht Harris aus dem Land zu fliehen. Dabei werden den beiden jedoch die gefährlichsten Männer der feindlichen Truppen nachgesendet...

Gerard Butlers Filme garantieren zumindest in den meisten Fällen solide Unterhaltung, meist in Verbindung mit knackiger Action. Das kann mal ein ziemliches Trash-Niveau annehmen, wie im ziemlich dämlichen "Chase", oder auch mal richtig positiv überraschen, wie der letztjährige Actioner "Plane" trotz eines arg stumpfen Drehbuchs bewiesen hat. Leider gehört Butlers neuester Film "Kandahar" nicht zu den Highlights in seiner Filmografie - tatsächlich muss man länger überlegen, um herauszufinden, wann man sich zuletzt bei einem Werk mit dem typischen Haudrauf-Schauspieler Hollywoods, so sehr gelangweilt hat. Das liegt zum einen an Butler selbst, der seine ungemein oberflächlich gehaltene Hauptfigur nur mit dem Minimum an nötiger Präsenz darbietet. Es liegt aber auch an "Angel Has Fallen"-Regisseur Ric Roman Waugh, der zwar sonst immer ziemlich genau wusste, wie man knackige Action inszenierte, dieses Talent nun aber ungenutzt lässt. Tatsächlich bieten die zentralen Actionszenen weder in Sachen Spannungsaufbau noch in Sachen Optik auch nur ansatzweise irgendetwas von Größe.
Waugh scheint sich lieber darauf zu besinnen, dass die Geschichte selbst schon für genügend Adrenalin sorgen wird, weswegen er keine richtig herausragenden Action-Momente mehr braucht, um das Publikum zu fesseln. Ein ehrenwerter Ansatz, der angesichts der hier dargebotenen, sehr mauen Story aber vollkommen steckenbleibt. Sämtliche Charaktere sind dabei reine Klischees und selbst die Verbündung zwischen Tom Harris und dem eigentlich nach einem Familienmitglied suchenden und für einen solchen Einsatz nicht ausgebildeten Staatsmann Mo hält zu nicht mehr hin als einigen fahrigen, freundschaftlichen Annäherungen. Überall sieht man hier, dass die Geschichte an sich deutliches Potenzial gehabt hätte, doch gerade die aktuellen Seitenhiebe auf die US-Politik bleiben vollkommen wahllos. Zudem schmeißt das Drehbuch etliche Figuren in den Ring, von denen viele im Verlauf der Handlung schlichtweg vergessen werden. Die Story dieses Films entwickelt sich ausnehmend wirr und kann daher keine echte Spannung erzeugen... mal ganz davon abgesehen, dass man bei einer solch durchsichtigen Dramaturgie ohnehin schnell weiß, wie das ganze Ding wohl enden wird.
Wo sich Waugh also gleich doppelt übernimmt, indem er weder eine spannende Geschichte noch eine knackige Inszenierung vorweisen kann, da lässt er ab und an zumindest erkennen, dass er in den Fahrwassern des Action-Thrillers nicht unerfahren ist. Doch auch hier lässt er offensichtliches Potenzial immer wieder im Wüstensand versickern: Eine spannende Figur, die immer wieder nach eigenem Gutdünken die Seiten wechselt und deswegen schwer zu durchschauen ist, hält die Spannung bisweilen aufrecht, wird jedoch auch immer wieder unangenehm an den Rand gedrängt, um später gar für einige richtig banale Klischees herhalten zu müssen. Immerhin kann Waugh einige atmosphärische Bilder kreieren (auch wenn eine zentrale Actionszene in vollkommener Finsternis eher das Gefühl von kompletter Verwirrung als echter Spannung hervorruft) und zumindest die erste halbe Stunde ist recht clever aufgebaut, um tatsächlich Interesse zu entfachen. Das führt dann aber doch nur noch zu einem aufgeblasenen, schematischen Actioner, der immer wieder versucht, in die Tiefe zu gehen, dafür aber nicht die nötige Finesse hat, um abseits seiner Knalleffekte wirklich zu überzeugen.

Fazit: Die dünne Geschichte, die unbedingt mehr sein will als ein bloßes Alibi, plustert sich zu einer arg oberflächlichen, politischen Botschaft auf. Mittendrin enttäuschen sogar die Actionszenen und ein nach Autopilot agierender Gerard Butler.

Note: 4-



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