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Ein schwacher Tarantino-Klon: Filmkritik zu "The Ministry of Ungentlemanly Warfare"

Im Jahr 1941 strebt Adolf Hitler die Herrschaft über den ganzen europäischen Kontinent an und nimmt dabei vor allem Großbrittanien aufs Korn. Deswegen ruft Premierminister Winston Churchill (Rory Kinnear) eine Spezialeinheit ins Leben, die geheime Missionen gegen die Nazis ausführen soll. Anführen tut diese der als abenteuerlich auftretend geltende Gus March-Phillips (Henry Cavill), der sogleich eine tatkräftige Truppe zusammentrommelt, um die Operation "Postmaster" ausführen zu können. Dabei soll der U-Boot-Nachschub der Deutschen eingestampft und ein Hafen von deren Präsenz befreit werden. Während sich Gus und seine Männer mit einem Segelboot in Richtung des Zielorts aufmachen, entsendet Churchill die Spezialagentin Marjorie Stewart (Eiza Gonzalez) und ihren Partner Richard Heron (Babs Olusanmokun) in den Golf von Guinea, wo sie die Herrschaft des des SS-Kommandanten Heinrich Luhr (Til Schweiger) durch ein gewieftes Ablenkungsmanöver untergraben sollen...

Es ist heutzutage keine sonderliche Neuigkeit mehr, wenn ein stargespickter, relativ teurer und von einem Mega-Regisseur wie Guy Ritchie angeleiteter Blockbuster nicht mehr ins Kino, sondern exklusiv zu einem Streaming-Anbieter kommt - immerhin muss in diesem Falle auch Amazon Prime immer wieder mit großen Exclusives locken, um die Konkurrenz rund um Netflix und Disney Plus auf Trab zu halten. Dass der Film in den USA, wo er noch in die Lichtspielhäuser kam, haltlos floppte, dürfte die Entscheidung, ihn in anderen Ländern nicht in die Kinos zu bringen, noch ein wenig leichter gemacht haben. Guy Ritchie eifert hier (nicht zum ersten Mal) seinem großen Idol Quentin Tarantino nach, wobei für die Geschichte einer (so wohl auch damals wirklich existierenden) geheimen Eingreiftruppe, die mit ziemlich viel Gewalt gegen die Nazis operiert, ganz offensichtlich der brillante "Inglourious Basterds" Pate stand. Daran erinnert nicht nur die grobe Ausgangskonstellation, der schnippische und augenzwinkernde Tonfall in Paarung mit einer ordentlichen Ladung Brutalität sowie der klar an Tarantinos Werke erinnernde Soundtrack. Im direkten Vergleich mit Tarantinos Meisterwerk hat Guy Richties neuer Film dann aber eindeutig das Nachsehen.
Das liegt vor allem am Drehbuch, welches den vielen Charakteren im Grunde keinerlei Eigenleben zugesteht und zudem auch lange Zeit nicht weiß, wohin die Reise wie genau gehen soll. Dabei ist immer wieder hochtrabend von großen Gefahren auf der Reise von Gus und seinen Männern die Rede... wirklich in Gefahr kommen sie aber erst während eines explosiven Showdowns, wohingegen deren eigene Seefahrt zuvor recht ereignislos vor sich hindümpelt. Auch der Plot rund um die Geheimagentin Marjorie Stewart nimmt nie so richtig an Fahrt auf, obwohl Eiza Gonzalez in der weiblichen Hauptrolle ordentlich Energie beweist. Das hilft aber ebenso wenig wie eine mal wieder oberlässige Performance des unwahrscheinlich cool auftretenden Henry Cavill - denn wenn die Figuren keinerlei Chemie zwischeneinander haben und über das Abfrühstücken von zumeist wenig aufregenden Reisestationen auch keinerlei Entwicklung durchmachen, dann mag man sich auch nicht wirklich für sie interessieren. Dementsprechend bleiben sogar die Hauptfiguren absolute Stichwortgeber, unterhalten sich fast ausschließlich in coolen Phrasen und bleiben darüber hinaus völlig austauschbar.
Es ist dementsprechend klar, was Guy Ritchie wollte: Diese Geschichte mit betonter Lässigkeit und ganz viel Spaß zu inszenieren. Und dagegen ist prinzipiell ja auch gar nichts einzuwenden, da Ritchies bekannter Stil hier immer wieder für einige sehr spaßige Momente sorgt. Das Große und Ganze ist dabei jedoch so simpel und blutleer, dass man zwischendurch gar vergisst, worum es überhaupt geht... und kommt zum Schluss, dass da nicht viel ist. Einige solide Actionszenen sind dabei, ein spielfreudiges, aber deutlich unterfordertes Ensemble und eine knackige Regie. Das ergibt aber kein wirklich stimmiges Ganzes, was man besonders im finalen Showdown, auf den ewig lange zugelaufen wird, merkt. Das große Spektakel wird quasi von der ersten Minute an angekündigt und kommt in seiner recht düsteren und ziellosen Machart dann aber nur noch wie ein laues Lüftchen daher. Den spaßigen Ton hat Ritchie auf dem Weg zu diesem enttäuschenden und unübersichtlichen Finale irgendwann auch verloren, doch das bierernste Setting wurde nicht genug vorbereitet, um wirklich zu zünden. So wie der ganze Film wirkt die letzte halbe Stunde tonal unentschlossen, zerfasert und schlichtweg wenig durchdacht.

Fazit: Leider bleibt Guy Ritchies neuer Film nur ein recht stumpfer, tonal arg schwankender und zäher Tarantino-Klon, der dessen bekannte Elemente nur verwässernd und ohne echten Mehrwert wiederzugeben vermag.

Note: 4



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