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Diesmal als Serie: Serienkritik zu Tom Clancy's "Jack Ryan"

Jack Ryan (John Krasinski) arbeitet als Analyst für die CIA und ist einem verdächtigen Banktransfer in Syrien auf der Spur. Er hegt den Verdacht, dass es sich bei dem in merkwürdigen Nachrichten stets "Suleiman" genannten, unbekannten Mann um einen mächtigen Drahtzieher eines baldigen Terroranschlags handeln könnte, für welchen er seine Finanzen sammelt - Ryan rechnet sogar mit einem zweiten 9/11. Sein neuer Vorgesetzter James Greer (Wendell Pierce) hält von dieser Information zuerst nichts und möchte warten, bis Ryan mehr herausgefunden hat - da er gerade auf diesen Posten degradiert wurde, agiert Greer mehr als vorsichtig. Ryan jedoch umgeht die Regeln, um neue Spuren zu Suleiman zu erhalten... und soll schließlich mit seinen Vermutungen Recht behalten. Schon bald steckt der eigentlich nur hinter dem Schreibtisch sitzende Ryan tief in dem Kampf gegen einen Terroristen, der den gesamten Westen als Feind ansieht...

Staffel 1: Nach mehreren Auftritten im Kino, bei denen unter anderem Harrison Ford und Chris Pine den mittlerweile sehr bekannten CIA-Agenten Jack Ryan verkörperten, schaffte es Tom Clancy's Vision schließlich auch als Serie - als Prime-Original auf Amazon's Streamingdienst. Die erste Staffel unterhält dabei mit einem spannenden Thriller-Plot, der eine enorme Fallhöhe aufweist. Wenn Ryan von der Bedrohung eines zweiten 11. September's redet, sind die Wege klar und "Jack Ryan" erzählt seinen Kampf gegen den Terror dabei so nah am Zeitgeist, wie es eine solche Geschichte heute tun muss. Das kann dann bisweilen schon ängstigen, verkommt aber auch nicht zu einer Schwarz-Weiß-Angelegenheit. Gerade die feindliche Seite wird dabei überraschend tief gezeichnet, Klischees werden so gut es geht ausgelassen. Da müssen die Hauptfiguren, mit denen wir hier eigentlich mitfiebern sollen, schon zurückstecken, denn gerade der Titelheld kommt hier doch merkwürdig glattgebügelt daher... von einem klischeehaften Kriegstrauma und einer zähen Liebesgeschichte als emotionaler Antrieb mal abgesehen. An der Leistung von John Krasinski gibt es nichts auszusetzen, doch Haupt- und Nebenfiguren bekommen nur selten einen richtigen, menschlichen Touch ab und bleiben zumeist auf ihre Funktionen bei der CIA beschränkt. Da fehlt dann das entscheidende Salz in der Suppe, welches nicht nur beim eigentlichen Plot, sondern auch bei den Figuren mitfiebern lässt, weswegen diese Serie in der ersten Staffel noch recht deutlich hinter wesentlich energetischeren Shows wie "Homeland" zurücksteckt. Spannend genug ist es dennoch, ist sehr fein inszeniert, gut gespielt und hat immer wieder einige solide Spannungsspitzen im Gepäck... aber nichts, was einen auf dem heutigen Serienmarkt so wirklich vom Hocker hauen würde. Note: 3
Staffel 2: Dieses zumindest solide Niveau kann die nachfolgende Season keineswegs halten und leistet sich einen gehörigen Abfall. Das liegt zum einen daran, dass die hier skizzierte Bedrohungssituation nicht nur arg forciert daherkommt, sondern die Location in Venezuela auch nicht so spannend und realitätsnah brodelnd ist wie die Ereignisse in Syrien. Auch darüber hinaus verrennt sich die Serie immer mehr in simplen Thriller-Klischees. Besonders der Hurra-Patriotismus stört diesmal gewaltig, werden die US-Soldaten doch als kernige Helden dargestellt, die einem ärmlichen Land aushelfen, welches ansonsten wohl vollkommen auseinanderbrechen würde. Dabei ist besonders der Titelheld diesmal zu einem unkaputtbaren und wahnsinnig langweiligen Superhelden ohne Ecken und Kanten verkommen, was ihn nicht nur austauschbar, sondern regelrecht unsympathisch macht - da bleibt dann sogar der sonst so souveräne John Krasinski sehr blass. Alle anderen Figuren werden aus den üblichen Klischees zusammengesetzt und obwohl die zweite Staffel noch einmal deutlich prominenter besetzt ist (diesmal treten unter anderem Noomi Rapace, "Game of Thrones"-Star Tom Wlaschiha und Arnold Vosloo in Nebenrollen auf), können die Stars den holzschnittartigen Figuren keine Tiefe verleihen. Der Action-Quotient wurde in die Höhe geschraubt, doch obwohl es an allen Ecken und Enden knallt, wird das Geschehen umso langweiliger, verbirgt sich in der zähen Aneinanderreihung von oberflächlichen Dialogen mit Fremdschäm-Charakter doch eigentlich nur eine Mücke von einer Geschichte. Immerhin ist die ganze Nummer weiterhin gut inszeniert und hat ein paar nette Spannungsspitzen in petto, doch kann dies nicht etliche Längen und eine hemdsärmelige Geschichte wettmachen. Hoffentlich werden die beiden nachfolgenden Staffeln wieder besser. Note: 4
Staffel 3: Die Serie hat mittlerweile ihren Ton gefunden - und der liegt mir nicht so ganz. Es wäre nicht so wild, wenn "Jack Ryan" nicht ständig so tun würde, als wäre sie wahnsinnig clever... doch das ist sie nicht. Die schwachen Drehbücher, die aufgrund etlicher holzschnittartiger Figuren auf Nebenschauplätzen arg zerfasern, lassen diese ohnehin sehr klischeehafte Geschichte noch zäher und durchsichtiger erscheinen. Diesmal geht es mit den Russen als großes Feindbild noch mehr in die Bereiche des absoluten Klischees und der Plot, der sich um eine Verschwörung in diesem Land entwickelt, hat nicht nur einen langen Bart, sondern nimmt niemals richtig Fahrt auf. Lobenswert ist, dass der Actionquotient diesmal etwas heruntergeschraubt wurde und die Actionszenen sind auch noch ein Stückchen besser inszeniert. Das bringt aber wenig, wenn die titelgebende Hauptfigur weiterhin ein selbstgefälliger Klugscheißer ohne jede Tiefe ist und deswegen wahnsinnig langweilt. Das gilt darüber hinaus auch für den Großteil der restlichen Figuren - die deutsche Nina Hoss als Neuzugang im Main Cast bleibt sogar vollends blass, während James Cosmo immerhin noch ein wenig schauspielerische Größe durchscheinen lässt. Hätte die vierte, abschließende Season nun nicht nur sechs Folgen, würde an dieser Stelle wahrscheinlich der Abbruch folgen, doch möchte ich die Nummer jetzt auch zum Ende bringen... auch da die Kritiken für die finale Season gemeinhin etwas freundlicher ausfallen als die der Staffeln 2 und 3, die wohl nicht nur ich als öde und reißerisch empfand. Trotz marginaler Verbesserungen gegenüber der zweiten Season kann es für diese vorhersehbare und uninspirierte Agentengeschichte keine bessere Wertung geben. Note: 4
Staffel 4: Nein, auch in der finalen Season konnte mich diese Serie nicht mehr bekehren. Letzten Endes habe ich die letzte Staffel nach drei Folgen abgebrochen, da ich sie (zumindest für mich) für Zeitverschwendung hielt, die mich mehr frustrierte als wirklich erhellte. Obwohl die Geschichte diesmal etwas konzentrierter erzählt ist, steckt sie weiterhin voller Klischees, langweiliger Charaktere und unnötiger Abzweigungen, die den im Kern simplen Plot immer wieder aufplustern. Das größte Problem hatte ich weiterhin mit Ryan persönlich - John Krasinski gibt diesen so unsympathisch und besserwisserisch, dass ich bisweilen völlig genervt von dem kühlen "Helden" dieser Geschichte war. Bei einer Nebenfigur wird zumindest noch versucht, diesen abseits seiner Funktion als Sidekick zu zeichnen, doch ist dessen Familiengeschichte so dröge und einseitig erzählt, dass man sie bereits als langweilig beschreiben darf. Die Wertung für die finale Staffel entfällt hier natürlich, da ich diese nicht zu Ende gesehen habe - ich habe jedoch auch nicht das Gefühl angesichts meiner vorherigen Erfahrungen mit der Serie noch wirklich viel verpasst zu haben. 

Fazit: Wer auf wirkliche leichte Thriller-Kost steht, bei denen Charaktere nur funktional agieren und zudem auf typische Klischees keinen Groll hegt, der könnte bei "Jack Ryan" vielleicht bisweilen Freude haben. Alle anderen bekommen auf dem Serienmarkt gerade in diesem Genre aber wesentlich bessere, intelligentere und spannendere Alternativen, die nicht bloß vorgeben, clever zu sein, sondern es auch wirklich sind.



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