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Eine ganz billige Nolan-Kopie: Filmkritik zu "Hypnotic"

Seit vor vier Jahren seine kleine Tochter Minnie (Hala Finley) auf einem Spielplatz verschwunden ist, ist Polizist Danny Rourke (Ben Affleck) am Ende seiner Kräfte. Zwar konnte ein Verdächtiger, der offensichtlich der Täter war, schnell gefasst werden, doch gab dieser an, sich weder an eine Entführung noch an einen bestimmten Ort, an welches er das Mädchen gebracht hat, erinnern zu können. Jahre später geht Rourke innerhalb seines Jobs noch immer gewissen Spuren nach... und stößt auf eine frische, die ihm sein Partner Nicks (JD Pardo) darlegt. Dabei soll ein spezielles Schließfach in einer Bank ausgeraubt werden. Als sich Nicks und Rourke auf die Lauer legen, um dem Hinweis nachzugehen, begegnen sie dem mysteriösen Verbrecher Dellrayne (William Fichtner), der offensichtlich in der Lage ist, Menschen in seiner direkten Umgebung zu manipulieren, um ihnen seinen Willen aufzuzwingen. Hat er womöglich etwas mit Minnies Verschwinden zu tun?

Ein Film kann uns selbst das merkwürdigste und absonderlichste Konstrukt verkaufen, wenn er nur gut genug geschrieben ist und seine innere Logik beachtet. Das ist etwas, worauf ein Christopher Nolan beispielsweise immer geachtet hat und somit in der Lage war, selbst größte Sci-Fi-Komplexe wie das Eindringen in Träume oder eine durch Liebe ermöglichte Zeitreise glaubhaft zu gestalten. Es ist mehr als deutlich, dass Nolan das große Vorbild für den neuesten Film von Robert Rodriguez war - der Mann, der in seiner früheren Karriere sicherlich ein paar Glanzstücke abgeliefert hat, bevor er sich mit der Total-Ausschlachtung seiner ohnehin nur sehr dürftigen "Spy Kids"-Reihe im mittelmäßigen bis schlechten Familienkino verrannte. Rodriguez kopiert nun von Mastermind Nolan, wo es nur geht und hat auch die zentralen Actionvehikel ansatzweise an diesen Stil angepasst, ohne aber dessen hochkonzentrierte Ader für richtig knackige und glaubwürdige Verfolgungsjagden geerbt zu haben. So macht "Hypnotic" schon optisch wenig her, da Rodriguez einfach der Hang zum kreativen Wahnsinn, welcher dennoch aufgrund seiner eigenen, deutlichen Regeln geerdet wird, fehlt.
Das wäre halb so schlimm, wenn dieses Minus an optischer Kreativität durch ein spannendes Drehbuch ausgeglichen werden würde. In den ersten Minuten legt Rodriguez recht clever einige stimmige Fährten, die zumindest neugierig auf das machen, was da in den folgenden anderthalb Stunden noch kommen wird. So richtig hat er den Überblick aber selbst nicht behalten können, da er ständige Wendungen und die Erklärungen seiner filmischen Welt immer wieder durch zähe Erklärbär-Szenen ausbremst, um dem Publikum nahezulegen, was hier eigentlich gerade passiert. Mit der von "Elysium"-Star Alice Braga gespielten Diana Cruz gibt es gar noch eine Rolle, die über lange Zeit so wirkt, als wäre sie nur deswegen im Film gelandet, um dem verwirrten Hauptcharakter immer wieder Anekdoten und Erklärungen mit auf den Weg zu geben. Stimmiges Kopf-Kino sieht natürlich anders aus, doch verheddert sich Rodriguez auch im weiteren Verlauf immer wieder in seiner Geschichte. Diese kommt als furchtbar mies geschriebene Trash-Variante eines Nolan-Mindfucks daher und will gleichzeitig noch "Inception", "Minority Report" und "Don't Worry Darling" in einer Person sein... ohne dass der Film den dramaturgischen Nährboden dafür hätte. Da passen dann auch die kaum vorhersehbaren Wendungen nicht, da das Drumherum so furchtbar unlogisch und wirr wirkt, dass man auch die wenigen Überraschungen nicht als solche akzeptieren will.
An den Kinokassen ging dieser Film dann auch richtig heftig baden. Das wird einen Ben Affleck, der wenige Monate zuvor mit dem mit Lob überhäuften "Air - Der große Wurf" schon einen veritablen Hit sicherstellen konnte, wenig gestört haben. Und exakt nach diesem Muster bewegt sich der "The Town"-Star dann auch durch diesen Film: Noch nie wirkte Affleck so müde, so gelangweilt und so antriebslos wie in diesem Werk. Mit nur einem milden Gesichtsausdruck, der sich kaum verändert, torkelt er durch die maue Handlung und bekommt auch von seinen Co-Stars wenige Bälle zugespielt. William Fichtner wirkt als Antagonist immerhin noch einigermaßen bedrohlich, hat aber auch zu wenig einprägsame Momente, um sich so richtig nach vorne zu spielen. Und der Auftritt von Alice Braga besteht bis zu einem prägnanten Moment im zweiten Drittel fast eh nur daraus, die wirre Welt der sogenannten "Hypnoctics" (deren Fähigkeiten sehr schwammig bleiben und deren Resultate bisweilen unfreiwillig komisch daherkommen) zu erklären. Letztendlich ist "Hypnoctic" dann eben doch nur ein sehr, sehr banaler und ziemlich trashiger Nolan-Klon, der viele Versatzstücke einbringt, aber niemals in der Lage ist, diese sinnig zu verbinden. In jeder Faser verzichtbar.

Fazit: Ben Affleck torkelt als müde Schlaftablette durch einen ebenso müden und mies geschriebenen Sci-Fi-Thriller, der seine wirre Handlung nie unter Kontrolle bekommt und stattdessen mit kopierten Versatzstücken besserer Filme jongliert.

Note: 5



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