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Auf dem rechten (Hexen-)Weg: Serienkritik zu Marvel's "Agatha All Along"

Es ist alles ziemlich wild und wirr für die Hexe Agatha Harkness (Kathryn Hahn). Die Ereignisse rund um die Kleinstadt Westview sind mittlerweile drei Jahre her und der Bann der mächtigen Scarlet Witch hat Agatha ordentlich durch die Mangel gedreht. Nun möchte sie ihre Kraft jedoch wiedererlangen und begibt sich daher auf einen düsteren Pfad: Gemeinsam mit dem jungen "Teenie" (Joe Locke) möchte sie sich auf den Hexenweg begeben, um noch mehr Macht zu erlangen, nachdem durch die Zerstörung des Darkholds ihr richtiges Ich zurückgekehrt ist. Dafür muss das ungleiche Paar jedoch einen Zirkel aus weiteren Hexen zusammentrommeln. Zudem klopft auch die mysteriöse Rio Vidal (Aubrey Plaza) an Agathas Tür und diese scheint wenig Gutes im Sinn zu haben...

Vorab hat sich mir der Sinn dieser Serie nicht wirklich erschlossen - brauchte es nun wirklich noch neun Folgen in einer eigenen Mini-Serie, um den Charakter der Agatha Harkness in den Mittelpunkt zu rücken? Aber "WandaVision" war zum Beginn der Marvel-TV-Ära unter den Fans sehr beliebt (auch weil man damals noch nicht völlig taubgeschossen mit immer neuen Serien war) und der Charakter der intriganten Hexe zumindest nicht völlig frei von Potenzial. Angenehm und überraschend nun, dass sich "Agatha All Along" nicht bloß als reines SpinOff, sondern als klare Fortsetzung zu "WandaVision" versteht, auch wenn man sich in Sachen Stil durchaus unterscheidet. Für Fans ist es aber eine sehr nostalgische Rückkehr, bei der zahlreiche bekannte Gesichter vorbeischauen und die Ereignisse von Westview immer wieder zitiert und in die Handlung eingebunden werden. Zudem wirkt das Thema rund um den Hexenzirkel, welcher recht düsteren Humor mit flippigem, aber niemals albernem Humor verbindet, innerhalb des MCU noch angenehm frisch.
Über neun Folgen lässt sich die Serie dann auch niemals zu arg in die Karten schauen und wartet im weiteren Verlauf mit einigen mehr als überraschenden Wendungen und Querverweisen auf, die ordentlich Laune machen. Die Serie baut gegen Ende mit einem recht schwachen und enttäuschend-offenen Finale zwar ab, doch auch an diesem Zeitpunkt ist sie vielen aktuellen Marvel-Projekten durchaus überlegen. Das liegt an besseren Drehbüchern: Der Plot ist zwar nicht immer wahnsinnig rund und an vielen Stellen macht es sich das Skript auch etwas zu einfach, wenn gewisse Fähigkeiten unter den Charakteren munter verteilt werden, ohne diese näher zu erklären. Trotzdem wirkt die ganze Nummer einfach durchdachter und cleverer als die letzten Superhelden-Schaulauf-Nummern. Immer wieder teasen die Drehbücher schon früh einzelne Szenen an, um sie erst später wieder aufzunehmen. Sie eröffnen Geheimnisse und lüften sie mit der Zeit, geben jeder Szene somit einen Belang und haben das durchaus sympathische und mysteriöse Ensemble aus Hexen und Zauberern ziemlich gut im Griff. Gerade die Nebenfiguren, die allesamt noch eigene Bürden und Storylines erhalten, haben mir hier endlich wieder richtig gut gefallen.
Ob man die verschiedenen Etappen auf dem Hexenweg nun spannend oder doch ein wenig kitschig finden mag - das Tempo bleibt angenehm hoch, der Humor trifft dank der gut aufgelegten Schauspielerinnen meistens ihr Ziel und einige der dramatischen, auch mit dem restlichen MCU verzahnten Wendungen wissen zu gefallen und sorgen sogar für einige richtig heftige Überraschungen. So richtig begeistert bin ich am Ende aber dennoch nicht gewesen, was mit der bereits seit Jahren laufenden Zerfaserung dieses ehemals so brillant durchgetakteten Marvel-Universums zu tun hat. Gerade weil diese Serie immer wieder Bezug auf vorherige Ereignisse von anderen Serien nimmt, fällt umso stärker auf, dass sich im direkten Vergleich weniger bewegt. Am Ende bekommen wir wieder nur ein paar kleine Bausteine für eine ungewisse Zukunft und es bleibt mindestens schwammig, definitiv aber unklar, wohin sich die ganze Nummer denn nun weiterentwickelt und ob solch eine große Erzählung für diese Entwicklung wirklich nötig war. Wir sind zum Schluss nur ein bisschen schlauer und müssen zudem zugeben, dass vieles auf dem bisherigen Weg wohl doch nicht so wichtig war. Was irgendwie auch für das aktuelle MCU als Ganzes gilt, wobei sich die letzten Serien und Filme aber noch um einige Ecken schlechter aus der Affäre zogen. "Agatha All Along" hat hingegen endlich wieder Charme und gewitzte Charaktere, auch wenn der Show etwas zu früh die Puste ausgeht.

Fazit: Ich mochte die Charaktere, ich mochte den frischen Charme und die Handlung, die sich bis zu einem gewissen Punkt aus treffsicheren Überraschungen speist. Ein schwaches Finale zeigt aber auf, dass vieles davon auch einer etwas enttäuschenden und zu breit erzählten Luftblase gegolten hat.

Note: 3



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