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Ein unnötiges Spin-Off: Serienkritik zu Marvel's "Echo"

Sie hat blutige Rache genommen und befindet sich seitdem auf der Flucht: Die gehörlose Attentäterin Maya Lopez (Alaqua Cox) hat es sich nach der Ermordung des Kingpin (Vincent D'Onofrio) zur Aufgabe gemacht, nun auch dessen gesamten Betriebe zu sabotieren und letztendlich auszuschalten. Anschließend möchte Maya selbst zur neuen Königin der unter dem Kingpin versammelten, kriminellen Unterwelt werden. Dabei muss sich Maya jedoch nicht nur mit ihrer eigenen Vergangenheit, die eng mit dem Kingpin verwoben ist, auseinandersetzen, sondern auch Geheimnisse und Geschichten ihrer Vorfahren aufdecken. Zudem scheint der Kingpin nicht ganz so tot zu sein, wie Maya dies dachte... und dementsprechend eine Übernahme seiner Geschäfte noch deutlich schwieriger und gefährlicher zu sein als erhofft.

Diese Serie war die erste (und bisher einzige) im Marvel Cinematic Universe, welche unter dem neuen Label "Marvel Spotlight" aufgeführt wurde. Unter diesem Label sollen Serien veröffentlicht werden, die nicht mehr den Bezug zum restlichen MCU in sich tragen, sondern auch für sich allein stehen können. Dass dies nicht ganz hinhauen würde, war im Grunde klar, schließlich baut "Echo" intensiv auf der 2021 erschienenen und deutlich im MCU verzahnten Serie "Hawkeye" auf und erzählt die Geschichte der damaligen Antagonistin Maya Lopez nun in ihrer eigenen Show als Fortsetzung weiter. Zudem gibt es gegen Ende auch (wie immer) weitere Brotkrumen für eine bald noch folgende Serie, die ebenfalls im MCU spielen soll - für sich alleinstehen kann "Echo" also keinesfalls und man benötigt als Zuschauer dringendes Vorwissen aus gleich mehreren anderen Marvel-Produkten. Darüber hinaus unterscheidet sich die Serie trotzdem ein wenig in ihrem Stil von den anderen Filmen und Serien - da man sich hier wieder mehr dem Stil der damaligen Netflix-Shows rund um "Daredevil" annähern wollte, fallen die wenigen Actionszenen deutlich brutaler aus, es gibt nur noch wenig auflockernden Humor und die Geschichte an sich ist bodenständiger, was erstmal eine wohltuende Abwechslung zu den völlig überzeichneten Multiversums-Geschichten von "Loki" und "What If...?" darstellt.
Doch obwohl die Actionszenen gerade zu Beginn sehr dynamisch gefilmt sind und man sich dabei auch mal längere Einstellungen ohne Schnitte, dafür aber mit ausgefeilten und ziemlich brutalen Kampfchoreos zutraut... am Ende taugt die Geschichte, die diesen Stil einfangen soll, leider zu wenig. Ich war von Anfang an skeptisch, ob ausgerechnet Maya Lopez genügend Gravitas mit sich bringt, um eine eigene Serie zu tragen. Auch wenn sie eine durchaus interessante Antagonistin in der "Hawkeye"-Serie bot, glaubte ich kaum, dass ihre Hintergründe in gewissen, kriminellen Organisationen nun auch noch für eine ganz eigene Show reichen sollten. Und obwohl diese Serie mit nur fünf Folgen, von denen alleine drei nicht einmal die 40-Minuten-Marke knacken, aufwartet, spürt man, dass hier eine sehr simple und an Überraschungen reichlich arme Geschichte unnötig aufgeplustert wurde. Das liegt auch an der Antiheldin selbst, die wenig sympathisch daherkommt und über die man nur wenig Neues erfährt: Alaqua Cox ist dabei auch mit zu wenig schauspielerischer Präsenz gesegnet, um diesem ohnehin reichlich unbeschriebenen Charakter noch mehr Gravitas zu verleihen. Diese muss dann schon der Bösewicht aufbringen, denn der bekannte Charakter des Kingpin hat durch seine erneute Verkörperung von "Jurassic World"-Star Vincent D'Onofrio eine beeindruckende Gestalt vorzuweisen. Allerdings macht das Drehbuch auch aus seiner Rückkehr wenig mehr als das erneute Abklappern von im MCU bereits mehr als einmal gesehenen Bösewicht-Variationen.
Die Nebenfiguren, die rund um Maya Lopez und den Kingpin aufgefahren werden, können die betuliche Langeweile einer recht ziellos und schleppend vor sich hinlaufenden Unterwelt-Geschichte ebenfalls nicht auffangen - auch sie bleiben konturlos und ohne Charme. Da wirkt sogar der große Graham Greene in der Rolle als Mayas Großvater wahnsinnig müde. Und selbst aus der auf dem Papier durchaus nicht uninteressanten Geschichte rund um Mayas Vorfahren, die ein neues Licht auf die Fähigkeiten dieses ansonsten sehr bodenständigen Charakters werfen, wird nicht viel gemacht. Stattdessen versinkt ausgerechnet dieser Plot zuletzt in ziemlich schwach geschriebenem Superhelden-Kitsch und eröffnet dabei eine neue Seite innerhalb des Marvel Cinematic Universe, die jedoch bemerkenswert schwammig bleibt und daher eher verwirrt als beeindruckt. So richtig weiß man also nicht, womit die Macher rund um MCU-Mastermind Kevin Feige mit dieser Serie hinsteuern wollten - weder als (ohnehin kaum) für sich stehendes Produkt noch als Teil der großen Saga. Angesichts der enormen Produktionsprobleme, welche die Serie vor ihrem Erscheinen hatte, war das aber auch irgendwie zu erwarten.

Fazit: "Echo" scheint in Sachen des brutalen Stils erst einmal recht frisch zu sein. Angesichts der erstaunlich flach geschriebenen Figuren und Dialoge und einer reichlich banalen Handlung ohne Herz oder Überraschungen bleibt sich das aktuelle MCU jedoch auch hier wieder treu - nämlich mit Hilfe einer weiteren Serien-Enttäuschung.

Note: 4



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