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Spektakuläres Sci-Fi-Kino: Filmkritik zu "Dune: Part Two"

Paul Atreidis (Timothee Chalamet), nun Herzog von Arrakis, ist gemeinsam mit seiner Mutter Lady Jessica (Rebecca Ferguson) bei den Fremen untergekommen. Dort glaubt einer ihrer Anführer, der gläubige Stilgar (Javier Bardem), in Paul's Ankunft die Erfüllung einer alten Prophezeiung zu sehen, die den jungen Mann als ihren Befreier ansieht und sie zum Sieg über die Harkonnen führen kann, die den Planeten unterjochen. Andere Fremen haben jedoch durchaus Zweifel - so auch Chani (Zendaya), die noch nicht recht glauben will, dass ausgerechnet ein Fremder die Rettung für ihr Volk sein soll. Paul möchte die Gepflogenheiten der Fremen kennenlernen und studieren, um sich ihnen nach besten Denken anschließen zu können, verweigert sich jedoch einer Machtposition, die manche ihm geben möchten. Unterdessen plant seine Mutter ihre eigenen Ränkespiele, um seinen Sohn in einer dankbaren Position unterzubringen und die finsteren Harkannen unter der Führung des Barons Wladimir (Stellan Skarsgard) wollen einen letzten Schlag gegen das Wüstenvolk austeilen...

Ich hatte irgendwie gehofft, dass eine Zweitsichtung des ersten "Dune"-Films meine Einstellung zu diesem ein wenig verändern würde. Dem war aber nicht so und ich muss offensichtlich damit leben, dass ich vielleicht der einzige Mensch auf dem Planeten bin, der mit dem ersten Teil von Denis Villeneuve's Sci-Fi-Epos, welches mittlerweile gern in einem Atemzug mit "Der Herr der Ringe" oder "Krieg der Sterne" genannt wird, deutlich weniger anfangen kann. Der zweite Teil, der direkt an das offene Ende des ersten anschließt, hat da für mich durchaus Vorteile: Denn wo das schwache Worldbuilding im Vorgänger scheiterte und arg viel Zeit darauf verwendet wurde, gewisse Ränkespiele unter verschiedenen Häusern und Völkern auszutarieren, ohne dass diese noch zu großer Bedeutung verkamen, kann sich die Fortsetzung einen solchen Aufbau sparen. Das macht den Zugang etwas leichter und man kommt zu der Erkenntnis, dass die Geschichte von "Dune" im Kern gar nicht mal so komplex ist. Und das möchte ich gleich als einen ersten, gar nicht so unbedeutenden Kritikpunkt anführen, denn nachdem ich mich angestrengt und mit Argusaugen durch all die Figuren, Subplots und Verrätereien des ersten Films gekämpft habe, um das komplexe Epos bis zum äußersten Rand zu verstehen, ist es eine Enttäuschung, dass die Fortsetzung nach diesen Mühen nun plötzlich einige Gänge zurückschaltet und die Geschichte urplötzlich auf einen wesentlich simpleren Fokuspunkt zurechtrückt.
So sind die zahlreichen Bösewichter und die finsteren Männer und Frauen, die noch über ihnen stehen, plötzlich gar nicht mehr so ambivalent und undurchsichtig - am Ende wollen auch sie halt wieder Macht und Ressourcen und gehen dafür über Leichen. Den anfänglich noch so interessant, weil mysteriös eingeführten Charakteren von Stellan Skarsgard und Dave Bautista wohnt nun nur noch eine gewisse Formelhaftigkeit inne. Und das gilt auch für einen Teil der neu hinzugefügten Bösewichter, denn einige der neuen Feinde sind wahnsinnig schematisch geschrieben und gefallen nur deswegen, weil sie von bravourösen Leistungen seitens Ausnahme-Schauspielern wie Austin Butler oder Christopher Walken geadelt werden. Das große Ensemble zieht sich hier ohnehin erneut sehr achtbar aus der Affäre, Ausfälle sind keine zu vermelden. Man kann allenfalls enttäuscht darüber sein, dass die großartigen Florence Pugh und "Keine Zeit zu sterben"-Star Lea Seydoux hier kaum etwas zu tun bekommen, ihre wenigen Szenen aber auch nach Belieben beherrschen können. Neben einer wie immer grandiosen Zendaya ist das hier aber die Show von Timothee Chalamet, der hier eine bemerkenswerte Entwicklung durchläuft und noch stärker, präsenter auftritt als im ersten Film. Sobald seine Figur eine gewisse Schwelle überschritten hat, nimmt "Dune: Part Two" dann auch nicht nur innerhalb seiner fabelhaften, visuellen Reize Fahrt auf, sondern auch bezüglich der zuvor ein wenig vor sich hinmäandernden und wenig überraschenden Handlung.
Was genau es mit dieser Entwicklung auf sich hat, möchte ich hier natürlich nicht verraten, doch sorgt es im letzten Drittel für einige düstere und durchaus tragische Momente, die sich einem Mainstream-Finale angemessen verweigern und das Publikum, welches zuvor einige Emotionen in die Hauptfiguren investiert hat, fordert. Es sind diese Momente, die dann auch Herz haben und Nebenfiguren in neue Sphären heben, sodass diese sich entwickeln und vor echten moralischen Herausforderungen stehen können. Zuvor hat "Dune: Part Two" trotz seiner im Kern simplen Handlung, die nur deswegen immer noch so komplex wirkt, weil sich das Drehbuch stets sehr mysteriös und schwammig gibt, wenn es um die wahren Antriebe gewisser Nebenfiguren und Antagonisten geht, aber ebenfalls nicht gelangweilt. Es mag dem 165 Minuten langen Brocken hin und wieder ein kleines bisschen an Schwung fehlen, doch die Charaktere sind über weite Strecken charismatisch genug, um über etwaige, kleine Längen locker hinwegzutrösten. Zudem ist alles drin, was ein großes Sci-Fi-Epos in der Jetztzeit auch abseits großer Schlachten braucht, weswegen hier und da noch Zeit ist für eine berührende Liebesgeschichte, für überraschende, familiäre Enthüllungen und fiese Verrätereien. Nur auf Humor muss man hier (was dem Stil aber auch angemessen ist) weiterhin verzichten.
Und natürlich hat Denis Villeneuve auch den zweiten Teil seines großen Epos auf visueller Ebene zu einem absoluten Augenschmaus gemacht. Es gibt heute nur wenige Regisseure, die so akribisch, mit so viel Liebe zu jedem Detail arbeiten, dass sich die große Welt in Hülle und Fülle spürbar macht. Da sind die visuellen Effekte trotz und auch wegen ihrer enormen Wucht eben auch nur dann da, wenn man sie für den Fortgang der Geschichte wirklich braucht (ein paar matschige Computertricks, gerade hinsichtlich feurigen Explosionen, haben sich aber trotzdem zwischendurch eingeschlichen). Der Soundtrack von Hans Zimmer sorgt auch beim zweiten Mal noch für Gänsehaut, die malerischen Landschaftsgemälde der farbenprächtigen Wüstenstrecken sorgen für echtes Staunen und in Sachen Kostümdesign und Ausstattung ist das hier schlichtweg meisterhaft in seiner Detailfülle und inneren Glaubwürdigkeit. Da "Dune 2" nun auch nicht mehr zu Großteilen in düsteren Gemäuern, sondern vordergründig an Außenschauplätzen spielt, wirkt alles etwas größer und imposanter. Und auch die mittlerweile häufiger, aber niemals überfrequentiert eingesetzten Actionszenen haben im Zusammenspiel von Technik, Musik und emotionalem Punch so richtig Wucht. Auf einer visuellen Ebene ist "Dune 2" (wie auch schon der Vorgänger) also ein absoluter Genuss... ein Genuss, bei dem die emotionale Wirkung der Geschichte diesmal dann auch glücklicherweise etwas mehr trifft als zuvor, auch wenn es für mich immer noch nicht das ganz große, revolutionäre Epos sein möchte, welches so ziemlich alle anderen darin sehen. 

Fazit: Mehr visuelle Kraft, mehr Gefühl, mehr Wucht. Obwohl die zuvor so komplex angeschobene Geschichte hier überraschend simpel weitergestrickt wird, ist "Dune 2" emotional treffsicherer als der Vorgänger und wird zudem mit einem brillanten Ensemble und großartigen Bildern geadelt. Einige Längen bleiben angesichts der im Kern diesmal recht unambivalenten Geschichte aber nicht aus.

Note: 3+



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