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Kitschiges Weihnachts-Strippen: Filmkritik zu Netflix' "The Merry Gentlemen"

Aus völlig überzogenen Altersgründen hat die Tänzerin Ashley Davis (Britt Robertson) gerade ihren Job in einer Weihnachtsshow in New York verloren. Um auf andere Gedanken zu kommen entschließt sie sich, ihre Eltern Lily (Beth Broderick) und Stan (Michael Gross) in Sycamore Creek zu besuchen. Dort muss sie jedoch erfahren, dass das Ehepaar Davis kurz davor ist, ihre ehemals beliebte Bar, den "Rythym Room", aufgrund ständig steigender Miet- und Instandhaltungskosten und dem Ausbleiben von Gästen zu verlieren. Das möchte Ashley jedoch nicht wahrhaben und stellt kurzerhand eine neue Show auf die Beine, die bis zum Heiligabend genügend Gäste anziehen soll, um die Kosten zu decken und die Bar zu retten. Die Show soll dabei drei knackige Männer auf die Bühne bringen, die für die weibliche Kundschaft einige ordentliche Strips hinlegen... und mit dem charmanten Handwerker Luke (Chad Michael Murray), in welchen sich Ashley ziemlich schnell verguckt, hat sie auch gleich das erste, wenn auch unfreiwillige Aushängeschild parat.

Netflix und seine Weihnachtsfilme - kaum ist der November angebrochen, erstickt uns der Streaming-Gigant in wöchentlicher Abfolge mit einer reinen Masse an neuen Produkten, die irgendwie zum Thema Weihnachten passen sollen und dabei in den meisten Fällen eine Liebesgeschichte zu erzählen haben. Mit mir macht das im Normalfall nichts und ich erinnere mich nur noch mit Schaudern an den letztjährigen "Best. Christmas. Ever.", der so schlecht war, dass er an Körperverletzung grenzte. Ein solcher Totalausfall ist "The Merry Gentlemen" nun zwar nicht, reiht sich ansonsten aber deutlich in die Fließband-Produkte von Netflix ein, die ohne jede Mühe und Qualitätskontrolle auf den Markt geworfen werden, um möglichst viel Content und Klickzahlen zu generieren. Natürlich erwartete ich dementsprechend auch keinen guten Film, hoffte aber zumindest auf kurzweilige Unterhaltung mit ein paar netten Witzchen und einer gut aufgelegten Hauptdarstellerin, denn Britt Robertson halte ich in der Tat für absolut unterschätzt und sehe ihr eigentlich immer gern zu, sofern sie einen Film mit ihrer Mitwirkung zu adeln versucht.
Der Cast ist hier aber nur ein Ärgernis von vielen, die zu erwarten waren. Denn offensichtlich wird von Regie-Seite in diesen Netflix-Weihnachts-Filmchen immer wieder entschieden, die eigentlich talentierten Schauspieler und Schauspielerinnen jenseits von Gut und Böse vor die Kameras treten zu lassen, um auch jede Natürlichkeit (immerhin eine Stärke von Robertson) abzutöten. Dementsprechend müssen alle Beteiligten hier völlig weltfremde Dialoge aufsagen, müssen wild grimassieren und jede kleine Geste so unnatürlich wie möglich darbieten. Das muss halt so sein in der Welt der absoluten Oberflächlichkeiten, in denen Filme wie dieser spielen - deswegen wundert es auch nicht, dass sich die schusselige Ashley im Grunde nur in den schnuckeligen Luke verliebt, weil dieser ein stählernes Sixpack und muskulöse Ärme hat. Darüber hinaus findet zwischen beiden nämlich nichts statt, was irgendwie Funken sprühen würde, weswegen die im Fokus stehende Liebesgeschichte erwartungsgemäß nicht nur völlig unglaubwürdig, sondern auch ohne jeden Charme versickert.
Über die üblichen Scharaden eines schnell abgewickelten Films wie diesem mag man sich prinzipiell auch gar nicht mehr aufregen: Eine durchsichtige, vorhersehbare und mit sämtlichen Klischees des Genres behaftete Handlung gehören praktisch per ungeschriebenem Gesetz in einen solchen Film. Aber ein wenig mehr Mühe hätte man zumindest abseits der Formelhaftigkeit der Liebesgeschichte noch einbringen können, wenn den Machern doch schon einiges an Potenzial vor die Füße fällt. Denn warum eine Männer-Stripshow als Handlungselement einführen, wenn den Tanzszenen jegliche Originalität und Dynamik in der Inszenierung abgeht und es nur darauf hinausläuft, dass die gut gebauten Herren alle paar Sekunden ihre Shirts lüften und über die Bühne springen? Verkauft man diese Idee wirklich für so billig? Auch die Nebenfiguren bieten zumindest den Ansatz, schillernden Humor nutzen zu können, doch auch diesen Weg wollte man nicht gehen - sie alle bleiben höchstens oberflächlich, oftmals versteht man sogar nicht, warum man sie noch in den Film quetschen musste. Hätte man die ohnehin völlig banale Liebesgeschichte gestrichen und sich mehr auf andere Figuren und die titelgebende Show konzentriert, wäre so sicher ebenfalls kein guter Film herausgekommen, aber zumindest einer, der ein paar seiner hier nur vorgetäuschten Stärken auch innerhalb eines geringen, undynamischen Radius hätte ausspielen können.

Fazit: Der typische Netflix-Weihnachtsfilm - eine banale Lovestory, ein seltsam aufspielender Cast, kein Charme, keine Dynamik, kein gewitzter Humor. Also mal wieder die erwartete Nullnummer, die einfach nur als Fließband-Produkt auf dem Streamingdienst erschienen und schnell wieder vergessen ist, sobald der nächste austauschbare Christmas-Schmachtfetzen rauskommt.

Note: 4-



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