Jonas (Louis Hoffmann) hat sein Schicksal herausgefordert und den Sprung gewagt. Nun sieht er sich selbst in einer düsteren Zukunft, in der nichts ist, wie es scheint und Zeiten durcheinandergewürfelt zu sein scheinen. Eine Apokalypse hat die Welt heimgesucht und alles existiert nur noch an Existenzabgründen. Für Jonas ist klar, dass er diese Zukunft verhindern muss, weswegen er einen Weg sucht, das Ende von allem Bekannten zu verhindern. Doch wird er dieses durch seine Taten vielleicht überhaupt erst auslösen, weil alles so passiert, wie es passieren muss? Und kann er den Menschen, die ihn auf seinem Weg leiten, trauen? Wollen sie die Apokalypse verhindern oder auslösen? Und rettet er die Menschen, die er zu retten versucht, durch seine Taten wirklich... falls er dies in einem Geflecht aus Zeit und Raum, Vergangenheit und Zukunft, überhaupt kann?
Es war schon in der ersten Staffel schwer genug, die Handlung von "Dark" herunterzubrechen und mit der zweiten Season ist es ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Nicht, weil es schlichtweg nicht mehr schaffbar ist, alle Fäden zusammenzuspinnen, sondern weil sich in jeder Andeutung ein potenzieller Spoiler verbergen kann... und diese will man den mitfiebernden Zuschauern, die seit jeher jede kleine Szene, jede Figur, jeden Satz auseinandernehmen, nun nicht mit auf den Weg geben. Fakt ist: "Dark" ist in seiner zweiten Staffel noch viel komplexer, undurchsichtiger und größer geworden. Das geschieht nicht immer zum Vorteil, denn wo die erste Season zumindest ansatzweise ein klares Ziel hat, ist dieses angesichts der etlichen Plotpoints, doppelten Figuren, Zeitebenen und Aufträgen nun nicht mehr ganz so einfach auszumachen. Das kostet die Serie wenig von seiner enormen Faszination, macht die Sichtung dieser acht Folgen aber auch zu einer noch größeren Herausforderung.
Angesichts des enormen Figurenensembles, indem nun wirklich jedem noch ein Geheimnis und eine schicksalsträchtige Position in der Geschichte zugewiesen werden muss, droht die zweite Staffel schon recht früh, ein wenig zu zerfasern. Immer wieder springt der Plot durch die verschiedenen Zeiten hin und her und ihnen allen drohen, warum auch immer, ein Ende. Da den Überblick zu behalten, ist schwer, vor allem, da man sich die Figuren nun nicht mehr ausschließlich durch ihr Leben in der einen Zeit merken kann - mittlerweile springen die meisten von ihnen dreiunddreißig Jahre vor oder zurück und man muss schon verflixt aufmerksam sein, um da nicht irgendwie den Faden zu verlieren. Wer ist nun das ältere oder jüngere Ich von wem? Wer zwangsläufig mit wem verwandt? Wer gehört in welche Zeit, auch wenn er sich gerade nicht in dieser befindet? Und wenn man all diese Fragen zu all diesen Figuren beantworten kann, muss man sich trotzdem noch durch ein enormes Geäst aus weiteren Fragen kämpfen. Wer ermittelt gegen wen? Wer löst was aus? Wer hat vielleicht schon was ausgelöst?
Klingt anstrengend? Ist es auch, aber in durchweg positiver Hinsicht. Natürlich ist es etwas schade, dass für privatere Geplänkel von zwischenmenschlichen Bindungen kaum mehr Platz bleibt - "Dark" kommt nicht mehr zur Ruhe, muss Plotwendungen in Rekordgeschwindigkeit auflösen. Dies ist jedoch erneut so dermaßen packend inszeniert, liefert immer neue Ebenen und Sichtweisen, sodass man nie wirklich sicher sein kann, was einen in der nächsten Szene erwartet. Der Zwang, jede handelnde Figur dabei in das düstere Mysterium hineinzuziehen, wirkt anfangs etwas zu gewollt, ergibt jedoch nach und nach immer mehr Sinn und hält zudem einige emotionale Kracher bereit, die es in sich haben. Durch die Ausgangssituation einer sich nahenden Apokalypse steigert sich eine unheimliche Dringlichkeit, welche "Dark" eine neue Atmosphäre gibt. Die Serie bleibt düster, ist vielleicht weniger gruselig, dafür aber deutlich kräftiger. Es ist ein etwas neuer Tonfall, auf den man sich erst einmal einlassen muss, der dann aber für etwaige Schwächen entschädigt.
Geblieben ist auch die Fähigkeit aller Beteiligten, diesem großen Projekt gerecht zu werden. Die Regie ist schnörkellos und einfallsreich, die Kameraarbeit großartig, der Soundtrack und die gewählten Songs, um diverse Szenenzusammenführungen zu unterstreichen, schlichtweg meisterhaft. Unter dem Ensemble ist es erneut unmöglich, einzelne Schauspieler hervorzuheben - sie alle bieten solch fabulöse Leistungen, dass man niemanden einzeln auf ein Podest stellen will. Dafür spielen sie auch viel zu gut Hand in Hand, auch wenn einige von ihnen aufgrund des wesentlich weiter geblickten Plots nun weniger Zeit erhalten als zuvor. Und auch die visuellen Effekte haben sich mehr als nur verbessert und können nun mit großen Hollywood-Produktionen locker mithalten. Es ist ersichtlich, dass das Vertrauen der Produzenten in diesen Testballon nach der erfolgreichen ersten Season gestiegen ist. Schade, dass es da nach der dritten Staffel bereits vorbei sein wird - dafür freue ich mich auf ein sicherlich enorm emotionales und herausforderndes Finale.
Fazit: "Dark" unterstreicht auch in der zweiten Staffel seine Wirkung in der deutschen Seriengeschichte. Wenn auch insgesamt nicht ganz so stark wie die erste Season entsteht hier ein mysteriöses und atsmosphärisches Geflecht, enorm komplex und herausfordernd. Beste Serienunterhaltung für alle, die ihr Gehirn genug anstrengen.
Note: 2
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